Der Steinmetz aus Eischeid aus der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid erlebte eine einmalige Audienz auf dem Petersplatz in Rom.
Mühlstein mit Bibel-ZitatWie ein Bildhauer aus Neunkirchen-Seelscheid Papst Franziskus traf

Der Steinmetz Bruno Harich (rechts) aus Eischeid überbrachte 2019 mit Johannes Heibel dem Papst einen Mühlstein und hatte 22 Minuten lang Zeit, mit ihm sich auszutauschen.
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Bruno Harich wird diese 22 Minuten mit dem Papst am 26. November 2019 nie mehr wieder vergessen. Und nach dem Tod von Franziskus an Ostermontag ist ihm in den vergangenen Tagen jede dieser Minuten wieder vor Augen gekommen.
„Es war ein unglaublich bewegendes Ereignis“, sagt der selbstständige Steinmetz und Steinbildhauer aus Eischeid. „Ich wusste schon in den Tagen zuvor, dass diese nun kommenden Begegnung in meinem Leben einzigartig sein würde.“
Papst Franziskus antwortete kurz und knapp
Nach einigen Augenblicken des Smalltalks mit Franziskus habe er all seinen Mut zusammen genommen und mit ihm über die Sinnhaftigkeit des Zölibates gesprochen. „Warum können Frauen nicht auch gute Priesterinnen sein?“ Die Antwort des Papstes kann er noch heute Wort für Wort zitieren: „Es ist sehr schwer, bete für mich“, habe der Papst ihm auf Deutsch geantwortet. Das zeige den oft beschriebenen bescheidenen Charakter des Heiligen Vaters.
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Dass Harich überhaupt vor mehr als fünfeinhalb Jahren Zeit mit dem Papst verbringen konnte, war einem Mühlstein geschuldet. Diesen hatte Johannes Heibel 2008 angeschafft, der auf der Suche nach einem Steinmetz auf Harich aufmerksam geworden war.
Mühlstein als mahnender Appell gegen Kindesmissbrauch
Der aus Siershahn im Westerwaldkreis stammende Johannes Heibel hatte 1992 die Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen gegründet.
Mit dem Mühlstein und dem von Harich eingemeißelten Bibelzitat aus dem Matthäus-Evangelium reisten die beiden fast elf Jahre lang über 31 deutsche Marktplätze, wo der 1,4 Tonnen schwere Mühlstein jeweils vier bis zwölf Wochen auf öffentlichen Plätzen ausgestellt wurde, um an die große Verantwortung zu erinnern, welche „wir für unsere Kinder haben und so als mahnendes Appell gegen Kindesmissbrauch darstellte“, sagt Harich.

Der Mühlstein ist 1,4 Tonnen schwer und 1,40 Meter groß.
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Die Aufmerksamkeit wuchs. Heibel organisierte prominente Laudatoren, wie in Berlin den ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. Nachdem der Stein 2019 in Leipzig beschmiert worden war, kehrte er zur Reinigung in Harichs Steinmetzwerkstatt zurück.
„Wir hatten im Mai 2019 einen Tag der offenen Tür, und dann haben wir zusammengesessen und überlegt, was wir mit dem Stein machen“, erinnert sich der 57-Jährige. Heibel habe dann die Idee gehabt: „Wir schenken den Stein dem Papst.“ Eine Anfrage lehnte der Vatikan zunächst ab, doch Heibel blieb hartnäckig und kontaktierte die vatikanische Botschaft in Berlin.
Papst Franziskus zeigte sich bewegt über Geschenk aus dem Rheinland
So sei er sicher gewesen, dass der Papst persönlich die Anfrage erhalte. Drei Wochen später kam die Antwort, dass der Papst den Stein annehmen werde. „Wir sind dann im November gemeinsam in einem alten Ford Transit mit dem Stein vier Tage als unsere Art Pilgerreise nach Rom gereist“, erzählt Bruno Harich. Ihren beiden Frauen wollten sie die Strapaze nicht zumuten, diese kamen mit dem Flugzeug nach. „Wir haben dann drei Tage und drei Nächte in einem Kloster im Vatikan gelebt“, berichtet Harich.

Auch die Ehefrauen der beiden Männer dürften bei der Audienz mit dem Papst Franziskus teilnehmen.
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Auch die Vorfahrt mit dem Transit vor der Audienz sei abenteuerlich gewesen. „Plötzlich kam wie aus dem Nichts ein Gabelstapler, hob den Stein von unserem Anhänger ab und legte ihn auf die erste Stufe der Treppe vor dem Petersdom“, erinnert sich Harich. Heibel und er hätten dann in einem spartanisch eingerichteten Raum den Ablauf der Audienz mit einem Sekretär des Papstes besprochen.
Dann sei der große Moment gekommen, als sich Papst Franziskus dem Mühlstein und der Delegation aus dem Rheinland näherte und sich sichtlich bewegt zeigte über das tonnenschwere Geschenk. Eingraviert sind die Worte „Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, dem wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde“ aus dem Matthäus-Evangelium.
„Er hat mir nach unserem kurzen Gespräch tief in die Augen geschaut und dreimal meine Hand gedrückt“, erinnert sich Harich. Er habe wie ein normaler Mensch gewirkt, ohne Allüren und absolut auf Augenhöhe. „Als ich von seinem Tod erfahren habe, war ich sehr traurig“, sagt Harich.
Er hätte im Übrigen Johannes Heibel im Herbst 2019 aus beruflichen Gründen fast abgesagt. „Lass uns das doch nächstes Jahr im Frühjahr machen“, habe er gesagt. Dann hätte allerdings Corona der Aktion vermutlich einen Strich durch die Rechnung gemacht – und Papst Franziskus hätte den Mühlstein wohl nicht mehr erhalten.