- Im Werbeflyer eines Symposiums gibt es gleich mehrere Formulierungen, die einigen Klimaktivisten sauer aufstoßen.
- Unter anderem stört die Gruppe „Friday for future“ die Bezeichnung „mitleiderregend“ im Zusammenhang der Rede Gretas in New York.
Bonn – Die Bonner Ortsgruppe von „Fridays for Future“ ist empört: In der Einladung zu einem interdisziplinären Symposium über Autismus-Spektrum-Störungen, das die Bonner Fördergesellschaft für Kindesentwicklung am 28. März in der Bad Godesberger Stadthalle veranstaltet, wird nach Ansicht von „Fridays for Future“ die Klimaaktivistin Greta Thunberg „entmündigt“.
Außerdem werden dort Aussagen zum CDU-Politiker Friedrich Merz getroffen. Beides ist nach Meinung der Bonner Ortsgruppe fehl am Platz. In einem offenen Brief an die Einladenden fordert sie eine Entschuldigung „für diese verurteilende und unangemessene Formulierung“. Die LVR-Klinik Bonn äußerte am Dienstag am späten Nachmittag ihr Bedauern.
LVR-Klinik Bonn bedauert die verwendeten Formulierungen
Um was es geht? Im Werbeflyer für das Symposium schreiben zwei Chefärzte der LVR-Klinik Bonn, nämlich Professor Dr. Judith Sinzig (Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie) und Dr. Helmut Hollmann (Kinderneurologisches Zentrum), sowie die Leiterin des Autismus-Therapie-Zentrums (ATZ) Bonn, Diplom-Psychologin Dr. Inés von der Linde: „32 Jahre nach ,Rain Man’ mit Dustin Hoffman ist es jetzt Greta Thunberg, die unterschiedlichste Reaktionen provoziert, unabhängig von ihrem ,Schulstreik für das Klima’.
An ihr als trotz aller Jugend bereits zeitgeschichtlicher Person sind viele Probleme ablesbar, die sich für andere Menschen unspektakulär, aber gleichfalls bedrängend stellen, die mit einer Störung aus dem Autismus-Spektrum leben. Es sind die Fragen der sozialen Verbundenheit, Eingliederung in ein vielschichtiges zwischenmenschliches System und Findung der angemessenen eigenen Position.“
Gretas „mitleiderregender Hilferuf“
Und weiter heißt es in dem Vorwort von LVR-Klinik und ATZ, die mit dem Veranstalter des Symposiums kooperieren: „Nahezu mitleiderregend kann der Hilferuf von Greta Thunberg Anfang November aus New York verstanden werden, wie sie denn nun nach Verlegung des Weltklimagipfels von Santiago de Chile nach Madrid dorthin zurück kommen solle. In dieser Hinsicht ist Friedrich Merz zuzustimmen, der einige Wochen zuvor im Interview ausgeführt hat, dass er seine Töchter in diesem Alter vor solchen Auftritten in der Öffentlichkeit schützen würde.“ Solche Aussagen, sagt Robert Müller-Uri von „Fridays for Future“ Bonn, dürften keinen Platz haben „in einer offiziellen Einladung zu einer so wichtigen Veranstaltung“.
Offener Brief: Jede Stimme hat ihren Platz
Jeder habe das Recht, sich politisch zu engagieren; Krankheiten, Beeinträchtigung oder Alter seien keine Gründe, jemanden zu diskreditieren oder vorzuverurteilen, heißt es in dem offenen Brief. Die jungen Klimaschützer: „Wir verstehen uns selbst als inklusive Bewegung und setzen uns dafür ein, dass jede Stimme ihren Platz hat.“ Im Übrigen bezweifelt „Fridays for Future“, dass „eine Art Ferndiagnose“ beziehungsweise „eine Handlungsempfehlung ohne persönlichen Kontakt“ richtig sein könnten. Nötig sei vielmehr, persönlich mit den Betroffenen zu sprechen.
LVR-Klinik Bonn zeigt Bedauern
Die LVR-Klinik Bonn bedauert die im Einladungstext verwendeten Formulierungen. Ihr Pressesprecher Tillmann Daub versicherte, es sei nicht Absicht der Klinik gewesen, Greta Thunberg zu diskreditieren oder ihre öffentlichen Auftritte zu beurteilen. „Im Gegenteil: Der LVR setzt sich dafür ein, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren. Handlungsleitend ist dabei das Menschenbild der UN-Behindertenrechtskonvention mit seinem Anspruch auf Chancengleichheit und Gleichberechtigung für alle Menschen.“
Vom ATZ war am Dienstag keine Stellungnahme zu bekommen.