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In Alfter und Bornheim150 Demonstrierende waren für die Verkehrswende auf der Straße

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Auf dem Peter-Fryns-Platz trafen sich die Radfahrer, um nach Statements vor Ort nach Bonn zu fahren.

Bornheim – Zwei Drittel der Bürger könnten sich einer Umfrage zufolge vorstellen öfter mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, drei Viertel würden auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, wenn diese denn attraktiver und zuverlässiger wären. Diese Zahlen nannte Mia Hense, Sprecherin der Bornheimer „Fridays for Future“, bei der großen Fahrraddemo „Verkehrswende jetzt in Bonn und der Region“.

150 Demonstranten auf dem Peter-Fryns-Platz

Die Schülerin weiß genau, was es bedeutet, wenn sich Reisende nicht auf die „Öffis“ verlassen können: „Es kann nicht sein, dass ich drei Busse früher nehmen muss, damit ich pünktlich zu meinem Abitur erscheine.“ Gleich fünf Organisationen, die Ortsgruppe Bornheim des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Bonn/Rhein-Sieg, der Landschaftsschutzverein Vorgebirge (LSV), die Widdiger Bürgerinitiative „NEIN zur Rheinspange, JA zur Nulllösung“, die Parents for Future Bornheim/ Swisttal/ Weilerswist sowie die „Fridays for Future Bornheim“ hatten zu einer gemeinsamen Kundgebung für die Verkehrswende und gegen den Bau der neuen Autobahn „Rheinspange 553“ aufgerufen.

Angeschlossen hatten sich zudem der Verein „Wir für Wesseling“ und Aktivisten der Initiative „Critical Mass“ aus Alfter. Rund 150 Demonstrierende fanden sich laut „Parents“-Sprecherin Angela Austermann in der Bornheimer City auf dem Peter-Fryns-Platz ein.

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Von dort es aus ging es mit den Fahrrädern weiter zum Campus II der Alanus Hochschule, um die Alfterer Demonstranten einzusammeln. Auch rechtsrheinische Aktivisten sammelten sich um sich am Nachmittag mit einer Sternfahrt zu einer zentralen Kundgebung auf der Bonner Hofgartenwiese zu treffen.

„Einen Gang höher schalten“

Unisono sprechen sich alle Initiativen nicht dafür aus, den Autoverkehr abzuschaffen. Vielmehr sollen Grünflächen für den Natur- und Artenschutz, den Ackerbau und die Naherholung unterstützt werden, Geld sollte in die Sanierung der vorhandenen Infrastruktur und den Ausbau des Radverkehrsnetzes gesteckt werden statt in den Bau einer neuen Rheinquerung.

Natürlich gelte es auch der Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu stärken. So forderte Mia Hense „einen Gang höher zu schalten“ beim Ausbau der Rad-Infrastruktur: „Ins Schwitzen kommen, ja, aber höchstens vom Treten der Pedale und nicht, weil eine unübersichtliche Straßenkreuzung unseren Überlebenswillen testet.“

Kritik vom ADFC Alfter

Auch Stefan Wicht, Sprecher der Bornheimer ADFC-Gruppe, sieht noch jede Menge Handlungsbedarf, auch wenn bei Alfter ein 300 Meter langes Teilstück der Rad-Pendler-Route zwischen Brühl und Bonn entsteht (siehe Kasten). „Doch wann folgen die restlichen 2,5 Kilometer?“, wollte Wicht wissen und kritisierte weiter, dass trotz vorliegender Planungen Bornheim in den vergangenen zehn Jahren keinen einzigen Meter Radweg gebaut habe.

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Katharina Schneider von Parents for Future singt das 'Märchen von der Rheinbrücke'

Auf die Seite der Demonstranten stellte sich auch Bornheims Bürgermeister Christoph Becker (parteilos), der ebenso wie sein Alfterer Amtskollege Rolf Schumacher (CDU) an der Demo teilnahm. „Vielen geht Vieles zu langsam, ich habe Verständnis für Ihre Ungeduld angesichts der dramatischen Situation, manchmal kann man richtig verzweifeln, aber wir arbeiten nach Kräften und es ist schon einiges auf dem Weg“, betonte Becker und verwies unter anderem auf den Grundsatzbeschluss, 2045 in Bornheim die Klimaneutralität zu erreichen.

Mobilitätskonzept für Bornheim

Des Weiteren habe die Stadt gemeinsam mit Politik und Bürgern ein Integriertes Mobilitätskonzept auf den Weg gebracht, die E-Bike-Verleihangebote ausgebaut und einen Projektkoordinator für die Radverkehrsinfrastruktur eingestellt. Auch die Stadtbahn- und Buslinien werden weiter entwickelt, etwa durch Taktverdichtungen oder den zweigleisigen Ausbau der Linie 18 und den sukzessiven barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen. Und auch die Verwaltung gehe mit positivem Beispiel voran, in dem der Fuhrpark größtenteils auf Elektrodienstwagen umgerüstet und das Dienstradleasing eingeführt worden ist: „Mit diesen Beispielen will ich nicht sagen, dass alles gut ist. Wir stehen nicht bei null, aber wir sind noch lange nicht am Ziel“, so der Stadtchef weiter.

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Zum Rheinspangen-Projekt forderte er die zuständige Autobahn GmbH auf, den Gesamtprozess transparenter zu gestalten: „Wer ein Projekt dieses Ausmaßes plant, das die Menschen und die Natur in ganz Bornheim und die Region hoch belastet, der muss belegen können, dass eine zusätzliche Rheinquerung Bestandteil einer ökologisch, ökonomisch und sozial zukunftsfähigen Verkehrspolitik ist.“

Immer mehr Menschen seien bereit, Dinge zu verändern „für die Zukunft und die Gesundheit ihrer Kinder und Enkel“. Aber er erlebe auch, dass Einzelne sich nicht einmal von einem Streifen Brombeergestrüpp trennen und deshalb der Ausbau der Radpendlerroute stockt: „Und ich erlebe, dass Arten-, Landschafts- und Klimaschützer, Politik und Verwaltung einander das Leben schwer machen. Gehen wir konstruktiv miteinander um, fokussieren wir uns auf die Schnittmenge, die uns eint!“, appellierte Becker.

Contra Brücke, contra Tunnel

Norbert Kemmer, Sprecher der Bürgerinitiative „Nein zur Rheinspange! Ja zur Nulllösung“ sprach sich erneut generell gegen eine Brücke oder einen Tunnel über den Rhein aus. „Alle Parteien reden zwar von der Verkehrswende, aber die Maßnahmen sind halbherzig. Es muss endlich Schluss sein mit dem „Weiter so“. Das sind wir unseren Kindern und Enkeln, aber auch uns selbst schuldig.“