Rhein-Sieg-Kreis – Auch die kommende Session wird ohne Sitzungen und Partys über die Bühne gehen – nach der komplett ausgefallenen Session im vergangenen Jahr. Das hat Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nach einem Spitzengespräch zwischen Vertretern der Landesregierung und den Vertretern der großen Karnevalsverbände bekanntgegeben. Wie reagieren Vereine in der Region?
Siegburg
„Es ist definitiv schade“, sagt Klaus Stock, Sprecher der Siegburger Karnevalsgesellschaft Funken Blau-Weiß. „Es wäre wichtig gewesen, wieder ein Stück Normalität zu erleben.“ Aus Pandemiesicht sei die Entscheidung aber nachvollziehbar. Wie im Vorjahr denke man bei den Funken über mögliche Alternativen zu den fünf ausverkauften Veranstaltungen nach: Damals gab es eine Online-Sitzung am Karnevalssamstag. Verträge mit Künstlern wurden aufgrund „höherer Gewalt“ aufgelöst.
Troisdorf
„Das muss ich erst verdauen“, zeigt sich Jens Himmelreich schockiert, der Vorsitzende des Karnevalsausschusses Spich. Über Alternativen hätten die Verantwortlichen des Vereins schon länger nachgedacht. Allerdings bislang nur für den Rosenmontagszug, denn einen Zug hält der Vorsitzende Jens Himmelreich für „schwieriger als eine Saalveranstaltung mit 2G plus“ und entsprechend kontrolliertem Zugang.
„Letzter Strohhalm“ für Himmelreich bleibt der Zug trotz Halbierung der üblichen Anmeldungen, denkbar sei ein „stehender Zug“, an dem die – kontrollierten – Besucher entlang gehen könnten. „Es gibt ja Kinder, die haben noch nie einen Zug gesehen.“
Bei einem Treffen des Festausschusses Troisdorfer Karneval sollte am Dienstagabend auch über die Ausrichtung von Karnevalszügen beraten werden.
2000 Karten für zwei Sitzungen hatten die Fidelen Sandhasen Oberlar bereits verkauft; noch einmal so viele Tickets hofften sie für die „Jeck Friday“-Party abzusetzen, sagt Eva Rott, die Sprecherin der Sandhasen. Der KG als Veranstalter komme die nun herbeigeführte Klarheit entgegen, „weil es die Abwicklung einfacher macht“, wo sonst finanzielle Risiken geblieben wären. „In der Rückabwicklung liegt viel Arbeit“, so Rott. Doch seien sich alle einig, dass derart große Veranstaltungen „nicht tragbar wären“.
Das könnte Sie auch interessieren:
Die Karnevalsgesellschaft „Eischeme Knallköpp“ hat bereits am Freitag alle Veranstaltungen der laufenden Session abgesagt. „Die Corona-Lage lässt nichts anderes zu“, erklärt Pressewart Ralf Blümel nach einer Vorstandssitzung der KG. Einstimmig habe die Vereinsspitze entschieden, dass die Proklamationsparty, das Prinzentreffen und der Rosenmontagszug in Eschmar 2022 nicht stattfinden werden. Die Gesundheit aller Jecken liege den Eischeme Knallköpp am Herzen, zudem habe das designierte Prinzenpaar, Prinz Achim I. (Schmitz) und seine Prinzessin Sonja (Steckel), „eine unbeschwerte Proklamation und Session mehr als verdient“. Karten für die Proklamationsparty werden zurückgenommen, zugleich wirbt die KG für die Impfung: „Jeder Piks in eueren jecken Oberarm lässt 2023 wieder die Kamelle-Züge fahr’n!“
Hennef
„Ich bin nicht überrascht“, sagt Michael Marx, Erster Vorsitzender der Ersten Hennefer Karnevalsgesellschaft, „wir haben uns schon beim Förderfonds eingetragen.“ Der Unterschied zum Vorjahr sei, dass nicht per Gesetz abgesagt werde. Die Vereine und Gesellschaften müssten nach der Kündigung die Rechnung zahlen und holten sich anschließend das Geld zurück.
„Das wird uns nicht in den Ruin treiben“, ist sich Marx sicher, „wir sind gut aufgestellt“. Was tatsächlich zurückkomme, wisse noch niemand. „Da müssen wir volles Verständnis haben“, sagt er, „ich will nicht, dass irgendjemand schwer krank wird“.
Die 1. Hennefer hat am Mittwoch eine außerordentliche Vorstandssitzung, am Donnerstag wird das Festkomitee Hennefer Karneval beraten. Marx geht davon aus, dass eine einheitliche Regelung für alle Sitzungen gefunden wird. „Jetzt ist das klar, da kommt Ruhe rein. Letztlich werden viele sagen: gut so.“
Die Frage, ob Veranstaltungen durchgeführt werden oder nicht und wenn ja und wie, habe die Karnevalsfamilie gespalten. Nicht alle Lieferanten oder Helfer seien geimpft. Bei den Mitgliedern habe es schon Aussagen gegeben, dass sie keine Arbeitseinsätze in vollen Hallen machen wollten. Eines aber sei klar: „Das ist böse und bitter für das Dreigestirn.“ Bei einem Blick in die Zukunft glaubt er noch nicht, dass am Karnevalswochenende die Züge gehen werden.
Sankt Augustin
Die KG Blau-Wieße Essele aus Sankt Augustin-Menden habe „treue Sitzungsfans“, berichtet Pressesprecher Tom Pieper. Die Karten der drei großen ausgefallenen Veranstaltungen der vorigen Session seien zu 90 Prozent auf diese Session umgeschrieben worden. „Damit werden Stammplätze an den Tischen gesichert.“
Nun seien die Karten wieder für die nächste Session gültig. Wer allerdings sein Geld zurückhaben wolle, bekomme es selbstverständlich erstattet.
Sorgen machen sich die Essele um ihren Festzeltanbieter. Rund 1000 Gäste können im Zelt feiern. „Wenn nun schon wieder die Sitzungen ausfallen, dann sollte er auch Geld aus dem Förderfonds bekommen“, fordert Pieper. „Wir brauchen das große Zelt dringend, wenn wieder gefeiert werden kann. Sonst bekommen wir ein Problem.“