Nicht zu retten war der denkmalgeschützte frühere Amtssitz des Lohmarer Bürgermeisters. Der Guttenhof bekommt aber ein zweites Leben: digital.
Stadtgeschichte digitalLohmarer Guttenhof bleibt nach Abriss für die Nachwelt erhalten
Zum Denkmal kam Schornsteinfeger Dirk Ohmann quasi wie die Jungfrau zum Kind. Er wollte einer älteren Dame finanziell helfen und erwarb im Gegenzug ihr baufälliges Fachwerkhaus samt kleinem Grundstück im Ortszentrum. „Es war leider nicht zu retten, jetzt reiße ich es eigenhändig ab“, erzählt der Besitzer. Doch für die Nachwelt bleibt der frühere Bürgermeisteramtssitz von 1790 dennoch erhalten.
Wie funktioniert das? Die digitale Technik macht es möglich. Ein Fachmann aus Köln, Restaurator und Zimmermann Sascha Nitsche, hat den Bau am Eisenmarkt 4 Stück für Stück auf Video gebannt. Mit Hilfe von Markierungen bastelt ein Computerprogramm aus den Filmsequenzen einen virtuellen Zwilling.
Vom Kriechkeller bis zum Dach kann der historische Lohmarer Bau virtuell erkundet werden
Per QR-Code können die Besucher dann auf ihren Handy-Displays den Guttenhof nicht nur von außen von allen Seiten betrachten, auch ein Rundgang im Inneren ist möglich, vom niedrigen, nur drei Meter breiten Kriechkeller bis zum Dach. Und das ohne Leib und Leben zu gefährden, denn der Fachwerkbau auf dem Nachbargrundstück der Villa Friedlinde war zuletzt nach 20 Jahren Leerstand akut einsturzgefährdet.
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Die Vergangenheit wieder auferstehen zu lassen, daran hat auch der Heimatverein Lohmar Interesse, der den virtuellen Rundgang auf seiner Homepage zeigen möchte, so Vorstandsmitglied Wolfgang Röger. Das Denkmalamt des Landschaftsverbandes Rheinland hat neben den Digitaldateien auch eine umfangreiche Akte erhalten, in der jeder Raum, jede Treppen, jeder Balken verzeichnet ist. „Das war die Bedingung für die Abrissgenehmigung“, erzählt der Besitzer.
Bis dahin war es ein langer Weg. Ohmann hatte viele Gespräche mit der städtischen Denkmalbeauftragten Marion Verlage und dem beim Landschaftverband angesiedelten Rheinischen Amt für Denkmalpflege geführt. Die Fachleute haben mehr als ein Wörtchen mitzureden bei einer etwaigen Sanierung.
Dass diese teuer werden würde, damit hatte der 51-Jährige schon gerechnet. Waren doch sämtliche Gefache, die Lehmfüllungen im Gebälk, beschädigt. Kurz nach dem Kauf 2021 schätzte er die Investition im Gespräch mit unserer Redaktion auf rund 300.000 Euro.
Jeder Eichenbalken des Lohmarer Guttenhofs hätte ersetzt werden müssen
Doch das Gutachten, das Sascha Nitsche danach für ihn anfertigte, sei niederschmetternd gewesen, schildert Ohmann: In allen Eichenbalken steckte der Schwamm, die Holzwürmer tummelten sich. Mit Ausbesserungen allein wäre es nicht getan gewesen, „ich hätte jeden Balken erneuern müssen, dann aber wäre es ein komplett neues Haus geworden“. Nicht nur unerschwinglich, sondern auch mit dem Denkmalschutz unvereinbar.
So wird der einst repräsentative Amts- und Wohnsitz des damaligen Bürgermeisters Balthasar Schwaben (von 1814 bis 1826), gelegen am Ende des Saugässchens, dem Erdboden gleichgemacht. Dass das stadthistorisch bedeutsame Gebäude auch nach seinem Verschwinden aus dem Stadtbild nicht in Vergessenheit gerät, sei eine gute Sache, meint der selbständige Bezirksschornsteinfegermeister.
Damit würde man der Öffentlichkeit etwas zurückgeben. Denn die Denkmalbesitzer erhielten ja Steuervergünstigungen, die die Allgemeinheit letztlich finanziere. Wie auch die Arbeit der Denkmalschutzbehörde.
Was geschieht mit dem 370 Quadratmeter großen Grundstück? „Ich habe noch keinen Plan“, sagt der Lohmarer, der mit seiner Frau ein Einfamilienhaus in einer kleinen, abgelegenen, zum Stadtteil Wahlscheid gehörenden Ortschaft bewohnt. Dem Heimat- und Geschichtsverein sei daran gelegen, den gesamten Bereich zwischen Villa Friedlinde, Villa There und dem Saugässchen aufzuwerten, sagte Röger. Es sei bedauerlich genug, dass wieder ein Teil der Stadtgeschichte verloren gehe.
Für Dirk Ohmann sind in dieser zentralen, aber ruhigen Lage auch Seniorenwohnungen denkbar, wie auf dem Grundstück nebenan zur Hauptstraße hin geplant. Dann würden sich seine Investitionen, Geld und Zeit, sicher auszahlen. Vielleicht aber werde er auch selbst bauen, fürs Alter und nach seinen eigenen Vorstellungen: „Ich habe viele Ideen, und sowas kriegt man nicht wieder.“
Balken aus dem Jahr 1533
Die Geschichte des Guttenhofs geht auf das Jahr 1653 zurück, als er zum ertsen Mal in einem Steuerregister Erwähnung findet, so vermerkt es der Heimat- und Geschichtsverein auf seiner Homepage. In einem Beitrag für die Lohmarer Heimatblätter hat Heinz Müller über Personen und Familien, die mit dem Hof in Verbindung standen, berichtet.
Horst Hohn hat den Hof in seiner Publikation Baudenkmäler der Stadt Lohmar beschrieben. Der Guttenhof, dessen Bauzeit mit 1790/1791 angegeben wird, wurde als Denkmal Nr. 67 auf die Liste genommen. Das Kerngebäude ist vermutlich wesentlich älter, es wurde ein Balken aus dem Jahr 1533 gefunden.