Mit einem Knüppel soll der Syrer die Frau in ihrem Haus schwer verletzt haben. „Wir müssen diese Leute stärker in den Blick nehmen“, sagt Innenminister Reul.
Innenminister äußert sichAsylbewerber nach Attacke auf Frau in Sankt Augustin in Psychiatrie
![Der 42 Jahre alte Syrer, der im November in Sankt Augustin eine Frau angegriffen und schwer verletzt hatte, ist inzwischen in der Bonner LVR-Klinik untergebracht worden.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/970ab744-e12e-4e0e-b18b-c06674666678.jpeg?q=75&q=70&rect=138,0,1692,952&w=2000&h=968&fm=jpeg&s=b3541dc1742d38d971e8ad515812d4b2)
Der 42 Jahre alte Syrer, der im November in Sankt Augustin eine Frau angegriffen und schwer verletzt hatte, ist inzwischen in der Bonner LVR-Klinik untergebracht worden. (Symbolbild)
Copyright: Dominik Bund/Imago
Ein Asylbewerber aus Syrien klingelt nach Polizeiangaben an einem Morgen im November 2024 an der Haustür einer Frau in Sankt Augustin. Als sie öffnet, stürmt der Mann ins Haus, wirft die Frau zu Boden und verletzt sie schwer durch Schläge mit einem Knüppel. Nachbarn überwältigen den 42-Jährigen und halten ihn fest, bis die Polizei kommt, die den Mann festnimmt.
Weil die Beamten nicht ausschließen können, dass der Mann psychisch krank ist, wird er in die Bonner LVR-Klinik gebracht. Drei Wochen bleibt der Syrer dort zur Beobachtung und muss dann wieder entlassen werden. Warum dies so geschah, beantwortete die LVR-Klinik auf Anfrage zunächst nicht.
Polizei des Rhein-Sieg-Kreises hatte mit dem Syrer ein Gespräch vereinbart
Der unprovozierte Angriff durch einen offenbar psychisch Kranken mit Migrationshintergrund wurde erst jetzt bekannt und hat kurz nach dem Messerangriff von Aschaffenburg und dem Attentat in Magdeburg für ein großes mediales Echo gesorgt. Von einem zweiten Vorfall kurz nach der Entlassung aus der Landesklinik ist in den Medienberichten die Rede.
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Tatsächlich aber steckte laut Polizeisprecher Stefan Birk hinter diesem „Vorfall“ aber eine schwere Erkrankung des Mannes. Die Kreispolizeibehörde Rhein-Sieg habe verschiedene Partner aus dem Projekt „Periskop“ kontaktiert. Dieses ist inzwischen in allen 47 nordrhein-westfälischen Kreispolizeibehörden aktiv und erarbeitet Konzepte zur Früherkennung von Personen mit Risikopotenzial und zum Umgang mit diesen Personen.
„Nach dem Zwischenfall Ende November in Sankt Augustin haben wir unter anderem Kontakt mit dem Sozialpsychiatrischen Zentrum (SPZ) aufgenommen, um zu klären, was in diesem Fall getan werden kann“, teilt Birk mit. In der Folge habe man mit dem SPZ des Rhein-Sieg-Kreises einen Termin mit dem Syrer vereinbart, um über Hilfsangebote zu sprechen.
Polizei fand den 42-Jährigen in einem lebensbedrohlichen Zustand
Als der Asylbewerber am Tag des vereinbarten Termins den Polizisten nicht öffnete, habe man seine Wohnungstür geöffnet und den 42-Jährigen in einem lebensbedrohlichen Zustand angetroffen. „Es handelte sich nicht um einen Suizidversuch“, stellt Birk klar. Der Syrer kam deshalb zunächst ins Krankenhaus, wo er auf der Intensivstation betreut wurde. Nachdem keine Lebensgefahr mehr bestanden habe, sei er in die LVR-Landesklinik verlegt worden, schildert der Polizeisprecher.
Die Bonner Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den 42-Jährigen aufgenommen. Der Mann lebt im Rhein-Sieg-Kreis, nicht jedoch in Sankt Augustin. Ein Richter hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft inzwischen die Unterbringung des Mannes in der LVR-Klinik angeordnet, weil dringende Gründe dafür sprechen, dass er den Angriff auf die Sankt Augustinerin im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat.
„Das ist vergleichbar mit einem Haftbefehl“, erläutert Jonas Stallkamp, der stellvertretende Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bonn. Ob gegen den 42-Jährigen nach Abschluss der Ermittlungen Anklage erhoben wird oder er gegebenenfalls dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden muss, stehe noch nicht fest, so Stallkamp. „Dazu bedarf es noch entsprechender Gutachten.“
NRW-Ministerin Josefine Paul räumt ein, dass Behörden und Institutionen gezielter zusammenarbeiten müssen
„Sie können Menschen nicht einfach so dauerhaft einsperren – weder als Klinik, noch als Polizei“, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Das stellt uns vor die Herausforderung: wie mit psychisch auffälligen Menschen, die potenziell gefährlich sind oder werden könnten, umgehen?“ Klar sei: „Wir müssen diese Leute stärker in den Blick nehmen, aber 24/7 kann niemand bewacht werden.“ Die Polizei sei für Straftäter zuständig, nicht für psychisch auffällige Menschen. Wichtig sei vor allem, „dass alle Beteiligten ihren Job machen und besser Risiken abschätzen“, so Reul: „Nur dann haben wir die Chance, Gefahren frühzeitig zu erkennen.“ Die Garantie, dass das immer funktioniert, gebe es allerdings nicht.
![ARCHIV - 24.09.2024, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Herbert Reul (CDU), nordrhein-westfälischer Innenminister, gibt ein Statement. Der Minister erwartet eine Welle an Falschmeldungen vor der Bundestagswahl. (zu dpa: «Reul rechnet mit Welle an Falschmeldungen vor Bundestagswahl») Foto: Federico Gambarini/dpa +++ dpa-Bildfunk +++](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/9e6afd99-53be-49b4-9940-1669dd45afa6.jpeg?q=75&q=70&rect=0,0,4000,2250&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=a2974313c45c69651c6ac1dde8e05a79)
Innenminister Herbert Reul will psychisch auffällige Asylbewerber stärker in den Blick nehmen. (Archivbild)
Copyright: dpa
„Die Betreuung und Beratung von auffälligen und teils traumatisierten Geflüchteten ist uns ein besonderes Anliegen“, sagte die nordrhein-westfälische Fluchtministerin Josefine Paul dem Kölner Stadt-Anzeiger. Deswegen würden „Betroffene in den Landesunterkünften und außerhalb gezielt mit der psychosozialen Erstberatung und den psychosozialen Zentren“ unterstützt. Die Ministerin räumte jedoch ein, dass die Behörden „noch gezielter mit den unterschiedlichen befassten Stellen zusammenarbeiten“ müssten. „Das dient der Betreuung und Behandlung psychisch auffälliger Personen, aber im Fall von gewalttätigem Verhalten vor allem dem Fremd- und Eigenschutz“, so Paul.
Flüchtlingshilfe Lohmar-Siegburg fordert Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Geflüchtete
Genügend Behandlungsmöglichkeiten für traumatisierte Geflüchtete – auch die Flüchtlingsinitiative Lohmar-Siegburg habe das immer wieder gefordert, sagt Christa Feld: „Die Problematik ist die, dass wir meistens niemanden finden, der in ihrer Muttersprache therapieren kann. Man bräuchte dann einen Dolmetscher, und dann ist die Vertraulichkeit der Therapie ja gar nicht mehr gegeben.“
Ihrer Ansicht nach seien die Fälle, in denen Geflüchtete durch psychische Erkrankungen auffällig werden, nicht gestiegen. „Natürlich sind die Menschen jetzt sehr verzweifelt, weil sie Angst haben, dass sie zurückmüssen – dann wird natürlich die ein- oder andere Traumatisierung wieder virulent“, so Feld. Verschärfend wirke die Kürzung der sogenannten „Komm-an-Mittel“ durch das Land Nordrhein-Westfalen. Ehrenamtliche Sprachkurse, gemeinsame Freizeitaktivitäten et cetera werden somit nicht mehr monetär unterstützt. Laut Feld ein „völlig falsches Signal von der Landesregierung“.
Ehrenamtliche Alltagsunterstützung von Geflüchteten sei zentral, um beispielsweise auf Verschlechterungen von deren psychischer Gesundheit aufmerksam zu werden. Christa Feld: „Wenn man einen Geflüchteten durch Sozial- und Ehrenämter engmaschig betreut, kann man vieles frühzeitig erkennen und auffangen. Man muss für jeden ein Netz schaffen.“