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Traditionsverein vor dem EndeSo hart würde das Aus des TV Hangelar Sankt Augustin treffen

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Ein Kind beim Turnen in der Halle.

Victoria Stammel ist erst zwei und bereits Mitglied im TV Hangelar. Begleitet wird sie beim Kinderturnen von ihrer Mutter.

Die verzweifelte Suche nach einem neuen Vorsitzenden treibt den TV Hangelar an den Abgrund. Die Folgen sind schon jetzt deutlich spürbar.

Viele Vereine wurden mit Wucht von der Corona-Pandemie getroffen: Mitglieder zogen sich zurück, neuer Nachwuchs war kaum zu verzeichnen, weil das Vereinsleben lange Zeit auf Null gesetzt war. Deutlich besser sah das beim Turnverein (TV) Hangelar aus. Nur eine Handvoll Abgänge hatte der zweitgrößte Sportverein in Sankt Augustin zu beklagen. Dem entgegen stehen allein in diesem Jahr bisher 84 Neuanmeldungen.

„Wir registrieren einen riesigen Boom“, sagt Otto Deibler, der bei der Jahreshauptversammlung am Mittwochabend sein Amt als Erster Vorsitzender niedergelegt hat. Genau dort beginnt die Misere des Sportvereins mit seinen gut 1300 Mitgliedern, dem es eigentlich blendend geht – der aber nach 60 Jahren kurz vor dem Ende steht.

Geschäftsführerin: Aus des TV Hangelar ist „Horrorvorstellung“

Das Problem: Es findet sich kein Nachfolger für den 72-Jährigen, der dem TV seit 40 Jahren angehört – 30 davon als Vorstandsmitglied, zehn als Erster Vorsitzender. Seit März 2019 steht fest, dass Deibler das Amt nicht mehr weiterführen wird. Viele Gespräche wurden seitdem geführt, in zahlreichen Mails und Flyern auf die Problematik hingewiesen – „selbst angesprochen fühlte sich aber niemand“, sagt der 72-Jährige. Als die Pandemie kam, habe er den Verein „nicht im Stich lassen“ wollen und weitergemacht. Jetzt sei aber endgültig Schluss.

Alles zum Thema Corona

Eine Frau und ein Mann stehen in einer Sporthalle.

Der bisherige Vorsitzende Otto Deibler und Anna Hörstrup suchen einen neuen Vorsitzenden. Bei der Jahreshauptversammlung fand sich kein Interessent.

Ein Aus des Vereins, sei „eine Horrorvorstellung“, sagt TV-Geschäftsführerin Anna Hörstrup. Nicht nur für die Mitglieder, sondern für den ganzen Ort. Folgen der Nachwuchssorgen seien, so die 42-Jährige, bereits massiv zu spüren.

So wurde 2021 der Volkslauf „Rund um den Flugplatz“ nach 38-jähriger Geschichte beerdigt. Weitere Einschränkungen gibt es in diesem Jahr. Das Kinderfest in Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Anna: abgesagt. Der Kinderaktionstag: abgesagt. Die Betreuung Geflüchteter im Ort: Auch diese findet nicht mehr statt. Das Engagement in Verbänden: Es muss zurückgefahren werden.

Corona hatte massiven Auswirkungen auf Vereine und Ehrenamt

„Diese Entscheidungen treffen zu müssen, tut uns extrem weh – aber wir müssen uns jetzt einfach verschlanken“, sagt TV-Geschäftsführerin Anna Hörstrup. Nach dem Abgang Otto Deiblers lastet die rechtliche Verantwortung auf ihren Schultern. Eine Last, die sie als berufstätige Mutter von zwei Grundschulkindern nicht allein tragen will. „Mein Tag X ist die nächste Mitgliederversammlung im März 2024“, sagt die 42-Jährige. Wenn bis dahin kein Nachfolger gefunden sei, „ist der Verein endgültig am Ende“.

Läufer auf einer Wiese.

Das Laufevent „Rund um den Flugplatz“ des TV Hangelar findet nicht mehr statt.

Über die Gründe der gescheiterten Nachfolgersuche kann sie nur spekulieren. „Während Corona haben sich viele Menschen auf sich selbst konzentriert – die Vereine und damit auch das Ehrenamt sind aus dem Fokus geraten. Vielleicht spüren wir nun die Auswirkungen dieser Entwicklung.“

Schlaflose Nächte aus Kummer um den TV Hangelar

Zwar sei die Bereitschaft zu helfen bei den Vereinsmitgliedern ungebrochen hoch, es brauche aber „eine Klammer, die alles zusammenhält“. Statt der Bereitschaft, diesen Schritt so gehen, so Deibler, habe er oft gehört: „Habt ihr immer noch keinen gefunden?“

Das Ende ihres Vereins wollen die beiden noch nicht akzeptieren. Zu massiv wären die Auswirkungen. „Dann stehen die Pänz op d’r Stroß“, habe eines der Mitglieder bei der Versammlung am Mittwoch gesagt. Rund 600 Kinder und Jugendliche sind im Verein. Und auch für ältere Mitglieder wäre es ein großer Verlust. „Unser ältestes Mitglied ist 99 Jahre alt und macht immer noch Hocker-Gymnastik“, sagt Anna Hörstrup, der man die Verzweiflung anhört. „Ich hatte in den vergangenen Monaten viele schlaflose Nächte – aus Sorge vor der großen Verantwortung, die ich jetzt trage, und aus Kummer um meinen Verein.“