Ingo SchmollSiegburger wurde vom MTV-Moderator zum Musik-Produzenten
Lesezeit 4 Minuten
Am Produktionstisch: Für den WDR produziert Ingo Schmoll die Reihe „Rockpalast Backstage“.
Copyright: Bröhl
ANZEIGE
ANZEIGE
Siegburg – Er hatte noch nie eine Festanstellung, erzählt Ingo Schmoll. Der gebürtige Siegburger war früher bekannt als Moderator des Musikfernsehsenders MTV.
Ingo Schmoll sitzt in einem Café in der Kölner Innenstadt. Er kommt gerade von einem Termin, muss gleich zum nächsten: So ist das in der Medienbranche. Eigentlich wohnt Ingo Schmoll bei Königswinter, er ist aber selten daheim.
Die meiste Zeit ist der 47-Jährige unterwegs, oft in Köln, manchmal in anderen deutschen Städten, seltener im Ausland – je nachdem, an welchen Projekten er gerade arbeitet. Im Vergleich zu dem Lebensstil, den er als junger Mann geführt hat, ist das alles geradezu bodenständig.
In den 90ern hatte Ingo Schmoll als MTV-Moderator seine eigene Autogrammkarte. Heute begleitet er Musiker hinter den Kulissen, zum Beispiel Noel Gallagher.
Copyright: privat
Die Jugend der 90er Jahre kennt ihn als zweiten deutschen Moderator von MTV Europe. Der Musiksender mit Sitz in London war damals das populärste Programm für junge Leute. Schmoll war mittendrin. Er lebte in London, machte sich mit seiner lässigen, nie verklemmten Art einen Namen. Sein Markenzeichen: die hippe Bomberjacke. Dass er zum Fernsehen wollte, war dem gebürtigen Siegburger schon mit elf Jahren klar.
Sein Vater arbeitete am Köln-Bonner Flughafen. Dort fanden oft Staatsempfänge statt, Fernsehsender waren mit ihren Übertragungswagen dort, erinnert sich Schmoll. „Ich hab’ das immer mit Faszination beobachtet und wollte wissen, wie Fernsehen gemacht wird.“
Dieser Wunsch erfüllte sich, als Schmoll 18 Jahre alt war. Damals ergatterte er ein Volontariat beim WDR. Kaum ein Jahr später wurde Schmoll erster Aufnahmeleiter beim Privatsender RTL plus.
In den 90ern hatte Ingo Schmoll als MTV-Moderator seine eigene Autogrammkarte. Heute begleitet er Musiker hinter den Kulissen, zum Beispiel Noel Gallagher.
Copyright: privat
Als Teil seiner Arbeit sprang er ab und zu als Lichtdouble ein und probte Gespräche mit Casting-Teilnehmern. „Der Produktionsleiter hat mich gesehen und dann gefragt, ob ich nicht gerne meine eigene Sendung hätte“, erinnert sich Schmoll.
So kam es, dass er mit gerade einmal 19 Jahren die Musikshow „Ragazzi“ moderierte. Die Arbeit vor der Kamera machte ihm Spaß. 1993 kam von MTV Europe das Angebot, das Programm zu moderieren. Doch Schmoll passte nicht so richtig ins MTV-Team. Jedes Wochenende eine andere Party zu feiern, wie es viele im Sender taten, empfand er als „befremdlich“. Aber er habe auch viel gelernt. Als MTV sich 1997 in mehrere Landessender aufspaltete, kehrte Schmoll nach Deutschland zurück. Er arbeitete frei zunächst für die Deutsche Welle und später für 1Live.
Dann fasste er einen Entschluss. „Zur Jahrtausendwende habe ich mir rückblickend gesagt: Nie wieder Trash.“ Das sind für ihn Produktionen, in die er vor allem vor seiner Zeit bei MTV reingerutscht war – Programme ohne Anspruch.
Wenn er heute durch das Fernsehprogramm zappt, sagt Schmoll – bei dem Thema kommt er richtig in Fahrt –, fühle er sich nicht unterhalten, sondern „größtenteils verarscht“. 2009 kehrte er zum Fernsehen zurück und produziert seitdem als freier Mitarbeiter, was er gut findet. Etwa die Reihe „Backstage“ für die Sendung WDR-Rockpalast.
Dafür begleitet er Musiker einen Tag lang hinter den Kulissen. „Ich will die Künstler als Person zeigen und nicht als die Marke, zu der sie gemacht wurden.“ Zudem produziert Schmoll als selbstständiger Regisseur Dokumentationen, meistens über Bands, manchmal über Fernsehproduktionen: 2015 hat er die Dreharbeiten der Krimi-Reihe „Soko Köln“ begleitet.
Dass er nicht fest angestellt ist, bereitet ihm keine Sorgen. Als selbstständiger Reporter und Regisseur hat er genug zu tun. „Ich verlasse mich generell ungern auf andere“, merkt Schmoll an. „Wenn ich jetzt meine freie Mitarbeit beim WDR nicht mehr hätte, würde ich eben selbst etwas auf die Beine stellen.“
Unabhängigkeit ist ihm wichtig. „Eigentlich ist es doch schade, dass sich so viele Leute an Vorschriften klammern, nur um sich sicher zu fühlen.“ Das sei nichts für ihn. Er vertraut auf die Qualität seiner Arbeit und auf das Glück, die ihn bisher begleitet haben. Wie es in Zukunft in seinem Leben aussehen wird, kann und will Schmoll nicht sagen. Aber er ist sicher: Für ihn geht es bestimmt irgendwie gut.