Rhein-Sieg-Kreis – Nach der Flutkatastrophe vom 14. Juli fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Kommunen in der Region auf, ihre Bauleitplanungen grundlegend zu ändern, wenn diese einem wirksamen Gewässerschutz im Wege stehen. So müsse die Stadt Troisdorf Pläne für das Baugebiet „Auf dem Grend“ dringend aufheben, weil sich dieses „vollflächig im Risikobereich des Sieghochwassers befindet“, argumentiert Achim Baumgartner, der Sprecher des BUND Rhein-Sieg.
Ebenso sei es „nicht mehr denkbar, das geplante Gewerbegebiet Zange II in der Überschwemmungsaue der Sieg noch verantwortungsvoll umzusetzen“. Keine Zulassung dürfe es zudem für die geplante Seniorensiedlung am Pleisbach in Königswinter-Oberpleis geben.
BUND fordert auch vorhandene Bebauung wieder zu beseitigen
Nach dem Willen der Umweltschützer sollen die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden nicht nur auf geplante Bauvorhaben verzichten. Der BUND will beim Hochwasserschutz deutlich weiter gehen und auch vorhandene Bebauung beseitigen lassen, um Gewässern mehr Raum zu geben.
„Der nächste Schritt, die Auen von störenden Baulasten zu befreien, die einer naturnahen und hochwassermindernden Entwicklung der Siegaue im Wege stehen, steht aus“, sagt Baumgartner. „Betroffen sind oft Sportanlagen, da diese durch einen bauplanerischen Trick zu Lasten der Gewässerschutzziele auch außerhalb der Ortslagen errichtet werden dürfen.“ Als Beispiele führt der BUND den Meindorfer Sportplatz in Sankt Augustin sowie die Sportplätze in den Windecker Ortsteilen Herchen und Lindenpütz an.
Gefahr im Neubaugebiet „Auf dem Grend“
Hochwasserrisiko-Karte zeigt Gefahr
Hochwasser und Starkregen gefährdeten das Neubaugebiet „Auf dem Grend“ in Troisdorf, warnte im August 2021 der BUND an die Adresse von Bürgermeister Alexander Biber unter Berufung auf die Hochwasserrisiko-Karte der Bezirksregierung. „Im Extremfall droht ein Einstau des Wohngebietes in Höhe von zwei bis vier Meter“, teilt der BUND mit. Dass das Gebiet in einer Mulde liege, verschärfe die Situation.
Mehrfach habe der Verband in Bebauungsplanverfahren seine Bedenken vorgetragen, diese seien aber nicht berücksichtigt worden. Nach Einschätzung des BUND hat der Stadtrat „sein Planungsrecht überzogen und die vom Gesetzgeber gesetzten rechtlichen Schranken übertreten“.
Weitere Mängel sieht der BUND-Vorsitzende Achim Baumgartner in der Aufstellung des Planes: Unter anderem seien mögliche Einschränkungen der Trinkwassergewinnung ebenso wenig berücksichtigt wie die Verträglichkeit mit den angrenzenden Flora-Fauna-Habitat-Flächen.
Gerügt wird überdies auch die Tatsache, dass mit Grund und Boden „in keiner Weise sparsam umgangen“ werde. (dk)
Unabdingbar ist es nach Auffassung des BUND auch, in den Siegauen weitere Retentionsräume zu schaffen, in denen sich der Fluss bei Hochwasser ungehindert ausbreiten kann. Das Siegauenkonzept aus den Jahren 2006/2007 habe 14 potenzielle Flächen für zurückgewinnbare Retentionsräume an der Sieg lokalisiert, so Baumgartner.
„Alle bisherigen Versuche, solche Räume zu öffnen oder Deiche ins Landesinnere zurück zu verlegen, scheiterten am Widerstand der Kommunen.“ Als Beispiele nennt der BUND-Kreissprecher die Deiche in Troisdorf, Siegburg-Kaldauen, Sankt Augustin-Buisdorf und Hennef. „Die oft nur fiktive Sorge um möglicherweise feuchte Kellerwände bei angrenzenden Gebäuden hat stets dafür gesorgt, dass eine Katastrophenvorsorge gegen Extremhochwässer unterblieb.“
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Stattdessen seien bereits zahlreiche Deiche mit extrem hohem Aufwand und hohen Kosten auf der alten Deichlinie saniert worden. Auch in vorhandenen Siedlungen sollten nach Auffassung des BUND zum Schutz vor Hochwasser sogenannte Rückstauflächen geschaffen werden. Dafür müssten die Kommunen darauf verzichten, systematisch verbliebene Baulücken mit neuen Wohnhäusern zu bebauen.
Niederschlagswasser wollen die organisierten Umweltschützer als Brauchwasser speichern, Versiegelungen zurücknehmen, Rückstauräume in den Siedlungen in Parks, auf Plätzen und in Sportanlagen erschließen und Niederschlagswasser nicht mehr vorrangig und aktiv in Fließgewässer ableiten. Der Bau von Kellern als Standardbauweise sollte ebenfalls hinterfragt werden.