Wermelskirchen/Düsseldorf – „Brennende Wälder, erschöpfte Feuerwehrleute im Dauereinsatz und verzweifelte Anwohner.“ Der nordrhein-westfälischer Innenminister Herbert Reul (CDU) klingt ernst, wenn er über die Waldbrände in seinem Bundesland spricht. Klar, das Feuer in Sachsen beispielsweise würde derzeit deutlich verheerender wüten: „Aber auch bei uns hätte der ein oder andere Brand in diesem Sommer böse enden können“, so Reul. Etwa der in Altena, wo zwischenzeitlich 150.000 Quadratmeter in Flammen standen. Bei dem die 400 Einsatzkräfte - viele davon Ehrenamtler - die Schläuche für das Löschwasser „viele Kilometer durch das bergige und steinige Gelände legen mussten“.
Auch die Polizei habe geholfen. Mit dem Hubschrauber von oben Wasser auf die Flammen geschüttet. „Alleine am ersten Tag waren es insgesamt 56 Tonnen“, sagt Reul. Er steht mit Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) auf einem Parkplatz im Wald bei Wermelskirchen, umringt von haushohen sattgrün schimmernden Erlen. Auch einige Buchen gibt es im Mischwald, der einem Feuer zumindest die ihm innewohnende Feuchtigkeit entgegensetzen könnte.
Aber schon einen halben Kilometer entfernt vom Parkplatz sieht es anders aus. Fichten, kahl und grau, innerlich zerfressen von Borkenkäfern, verbreiten Endzeitstimmung. Zwei Millionen solcher Bäume, zusätzlich geschwächt in diversen Dürrephasen, gibt es schätzungsweise in NRW. Die Monokultur, jahrzehntelang forciert, könnte vermutlich dem kleinsten Funken schon nichts mehr entgegensetzen.
Mit Kameras, Schneisen und Löschteichen will die Landesregierung die heimischen Wälder deshalb künftig besser vor Bränden schützen. „Der Wald ist Klimaschützer Nummer Eins. Er ist lebenswichtiger CO2-Speicher, ein wunderbarer Ort der Erholung und liefert zudem den wertvollen Rohstoff Holz“, betonte Landwirtschaftsministerin Gorißen am Dienstag bei der Vorstellung eines 60-seitigen Konzeptes zur Waldbrandvorbeugung und -bekämpfung. Das Papier solle die Grundlage für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Forstverwaltung und Feuerwehren in NRW bilden, sagte die CDU-Politikerin bei der Parkplatz-Pressekonferenz im Bergischen Land.
„Bisher haben die sich nur anlassbezogen und situativ zusammengetan“, so Reul. „Ab jetzt gehen Förster und Feuerwehrmann jedoch regelmäßig und systematisiert durch die Forste, um nach möglichen Schwachstellen bei einer eventuellen Brandbekämpfung zu suchen." Das derzeitige Feuer im Berliner Grunewald jedenfalls sei ebenso beunruhigend wie der große Brand in der Sächsischen Schweiz. „Wir haben auch Wälder, die anfällig sind. Wir haben auch heiße Gegenden und große Hitzewellen, und insofern: Natürlich ist das auch bei uns vorstellbar, und deshalb muss man sich bestmöglich vorbereiten“, so Reul.
Videokameras an Telefonmasten
Das Land Niedersachsen habe mit Kameras zur Brand-Früherkennung, aufgehängt an Telekommunikationsmasten, bereits gute Erfahrungen gemacht, ergänzte Gorißen. Ein weiterer Baustein des Konzeptes seien 30 Meter breite Waldbrandschutzstreifen mit schwer entflammbaren Laubbäumen wie Eichen oder Buchen oder Schutzschneisen, die ganz von Bewuchs freigehalten werden.
Zudem müssten die Feuerwehrautos in den Wald fahren können, wozu die Wege zukünftig rund 3,5 Meter breit und für bis zu 32 Tonnen schwere Fahrzeuge befahrbar sein sollen, so die Ministerin. In Gegenden, in denen es keine Seen, Flüsse oder Talsperren gebe, müssten mehr Löschteiche angelegt werden. Und langfristig gesehen müsse der Laubwaldanteil in NRW natürlich deutlich erhöht werden, betonte Gorißen.
Schutzmaßnahmen können von den Behörden angeordnet werden
Etwa 63 Prozent der Flächen in NRW jedoch sind in Privatbesitz. Laut Paragraph 45 Landesforstgesetz können die Behörden im Konfliktfall die Schutzmaßnahmen „zur Vorbereitung einer wirksamen Bekämpfung von Waldbränden gegenüber den Waldbesitzern“ zwar anordnen, wenn das Land die dadurch entstehenden Kosten übernimmt.
Reul jedoch zeigte sich optimistisch, dass es erst gar nicht zu juristischen Auseinandersetzungen kommt. „Wir wollen überzeugen, nicht anordnen. Alle haben doch das gleiche Interesse: die Feuerwehr, die Waldbesitzer, die Förster. Man muss die nur zusammenbringen.“
Private Waldbesitzer empört: „Wir wurden bei der Planung nicht mit einbezogen.“
Eine Hoffnung jedoch, die beim Walbauernverband NRW, der die Interesse der rund 150.000 Privateigentümer in NRW vertritt, zumindest derzeit noch auf jede Menge Skepsis trifft. „Grundsätzlich haben wir natürlich nichts gegen Präventivmaßnahmen“, sagt Vorstandsmitglied Armin Kuhl. „Aber ich hätte erwartet, dass das Konzept im Vorlauf auch mit uns abgesprochen wird. Das ist nicht passiert, hier wurde wieder einmal die Rechnung ohne den Wirt gemacht.“
Abgesehen davon, dass es bei 30-Meter-Schneisen auch eine Entschädigung für die entgangenen Erlöse in den kommenden Jahrzehnten geben müsste, sei „dieser Kahlschlag der absolute Wahnsinn“, so Kuhl. „Wenn da der Wind durchfegt, da gibt es auch noch enorme Schäden links und rechts“. In Gegenden mir erhöhter Brandgefahr wie in Brandenburg, da mache es „vielleicht Sinn, ab und zu eine Schneise anzulegen“: „Aber hier bei uns doch nicht.“