Berlin – Die Kommissionschefin der Europäischen Union, Ursula von der Leyen, hat sich diese Woche verwundert über die „russische Impfpolitik“ gezeigt. Man frage sich, warum Moskau anderen Staaten theoretisch Millionen Dosen seines Impfstoffs Sputnik V anbiete, aber beim Impfen der eigenen Bevölkerung noch nicht ausreichend vorankomme, sagte von der Leyen in Brüssel. Dies sei eine Frage, die beantwortet werden sollte.
Merkel bietet Hilfe des Paul-Ehrlich-Instituts an
Deutschland lässt indes selbst Fragen offen, wenn es um Sputnik V geht. Schon Anfang Januar hieß es nach einem Neujahrstelefonat zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, es sei darüber gesprochen worden, „möglicherweise gemeinsam Impfstoff gegen die Pandemie“ herzustellen.
Am 21. Januar wurde Merkel bei einer Pressekonferenz in Berlin deutlicher: Sie finde, über alle politischen Differenzen hinweg, könne man in einer Pandemie im humanitären Bereich mit Russland zusammenarbeiten. Voraussetzung sei, „dass ein Impfstoff, der in der Europäischen Union eingesetzt wird und den wir auch gemeinsam produzieren können“, von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen wird. Merkel fuhr fort, Russland habe sich jetzt an die EMA gewandt und sie, Merkel, habe angeboten, dass das deutsche Paul-Ehrlich-Institut „Russland dabei unterstützen kann“.
Berliner Institut verweist auf die EMA
Auf Nachfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) antwortete das Berliner Paul-Ehrlich-Institut am 22. Januar: „Zulassungen von COVID-19-Impfstoffen erteilt im Europäischen Wirtschaftsraum die EU-Kommission, nach einem Verfahren bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Es ist davon auszugehen, dass ein Antrag für die Zulassung des Sputnik-V-Impfstoffs für den Europäischen Wirtschaftsraum bei der EMA gestellt würde.“ Ob es sich bei der Formulierung „würde“ nur um einen Schreibfehler handelt oder um die Möglichkeitsform im Sinne von „gestellt wird“, ist nicht mehr auszumachen.
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Am 3. Februar sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), man sei in Gesprächen mit Moskau, um Produktionskapazitäten für Sputnik V in Deutschland auszuloten. Kurz darauf bestätigte Sachsen-Anhalt, dass es Kontakte zwischen dem russischen Hersteller und der Firma IDT Biologika in Dessau gebe.
Doch konkret geschah bislang offenbar nichts. Außer im EU-Mitgliedsland Ungarn. Dort gab die Regierung schon im Januar bekannt, dass man Sputnik V im Alleingang einer nationalen Notfallzulassung genehmigen werde, und inzwischen wird der Impfstoff dort auch schon eingesetzt. Theoretisch wäre das auch für Deutschland möglich, aber hier haben alle Seiten bislang stets den europäischen Solidaritätsgedanken betont.
Die EMA sagt, bislang kein Antrag aus Moskau
Am 16. Februar teilte die EMA-Sprecherin Vladimira Yalmanova auf RND-Nachfrage mit, dass es in der Sache nichts Neues gebe und verwies auf die letzte Veröffentlichung der Behörde dazu am 10. Februar. Dort heißt es sinngemäß, die EMA habe bisher keinen Antrag auf Überprüfung oder Genehmigung des Impfstoffs Sputnik V erhalten, auch wenn das von russischer Seite behauptet wird. Die EMA stehe im Dialog und arbeite mit dem russischen Unternehmen zusammen, um die nächsten Schritte zu definieren.
Moskau antwortet (noch) nicht
Nach jüngsten Angaben aus Russland haben bislang mehr als 2,2 Millionen Menschen mindestens eine von zwei notwendigen Injektionen bekommen. Das entspricht etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung des riesigen Landes. Sputnik V sei mittlerweile in 29 Ländern registriert.
Am Mittwoch habe Gabun in Zentralafrika eine Notfallzulassung für das Vakzin erteilt. „Sputnik V ist weltweit sehr gefragt“, sagte der Chef des staatlichen Direktinvestmentfonds (RDIF), Kirill Dmitrijew. Eine RND-Anfrage beim RDIF am Mittwoch, ob das, was die EMA mitteilt, wahr sei, blieb bis Donnerstagnachmittag unbeantwortet.