Erstmalige Berichte über den Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine gab es bereits in der vergangenen Woche. Das Asow-Regiment teilte damals auf seinem Telegram-Kanal mit, über der umkämpften Stadt Mariupol sei eine unbekannte Substanz mit einer Drohne abgeworfen worden. Mindestens drei Personen hätten anschließend deutliche Anzeichen einer Vergiftung ausgewiesen.
Bestätigt werden konnte der Einsatz von solchen Waffen allerdings nicht und das Asow-Regiment ist dank seiner Verbindungen zu Rechtsextremisten international umstritten. Mit dem Beginn der neuen russischen Offensive in der Ostukraine stellt sich nun jedoch unweigerlich die Frage: Wird Russland auf solche Waffen zurückgreifen oder sogar Atomwaffen einsetzen?
Eric Vad geht nicht von Atomwaffen-Einsatz aus
„Russland muss überhaupt keine Atomwaffen einsetzen“, sagt der ehemalige Brigadegeneral und militärpolitische Berater von Angela Merkel, Eric Vad, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Chemiewaffen hätten dagegen schon eine mögliche Relevanz. „In Mariupol verteidigen beispielsweise 2500 Soldaten die Stadt, Russland braucht die fünf- bis zehnfache Überlegenheit, um diese zu neutralisieren“, so Vad. Putin könne deshalb geneigt sein, chemische Waffen einzusetzen. „Aber ich glaube das nicht.“
Statt Häuser zu stürmen, würden wahrscheinlich Panzergranaten hinein geschossen und damit auch „zivile Kollateralschäden in Kauf genommen“, vermutet Vad. Dies sei kein neues Vorgehen, sondern habe es auch in Aleppo schon gegeben. „Wenn man das Vorgehen mit den Geschehnissen im Irak, Syrien oder Afghanistan vergleicht, fallen die Russen damit nicht aus dem Rahmen.“ Ein solches Vorgehen sei in diesen Kriegen systemimmanent.
Das könnte Sie auch interessieren:
„Der Einsatz von ABC-Waffen wäre eine Qualitätsveränderung“, betont Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse gegenüber dem RND. Einen Einsatz von Atomwaffen sieht der 69-Jährige allerdings ebenfalls nicht. „Putin ist nicht so verzweifelt und am Ende, da es keinen Stillstand gibt, sondern eine stetige Bewegung“, erklärt Domröse. „Aber ausschließen will ich es auch nicht.“
Russland hatte immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht, beispielsweise bei einer „Provokation von der Nato“. Aus dem Kreml hatte man zudem bereits vier konkrete Szenarien für den Einsatz von Atomwaffen genannt.