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Kommentar zum amerikanisch-deutschen VerhältnisProbleme bleiben auch mit Joe Biden

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Der damalige US-Vizepräsident mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar 2013 in Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt wieder „Freundschaft“, wenn sie über Amerika spricht. In der Ära Trump ist ihr dieses Wort nicht über die Lippen gekommen. Deutlicher hätte die Regierungschefin ihre Freude und Genugtuung über die Wahl der Amerikaner nicht machen können.

Dabei war die deutsch-amerikanische Freundschaft schon immer eine Illusion. In den frühen Jahren der Republik handelte es sich um ein Abhängigkeitsverhältnis, in dem Westdeutschland ökonomische Stärke erlangen konnte. Spätestens seit dem Nein der damaligen rot-grünen Bundesregierung zum Irak-Krieg setzte die Phase der Emanzipation ein. Unter Trump kam es zur Entfremdung.

Freundschaft gibt es unter Nationen nicht

Freundschaft gibt es unter Nationen ohnehin nicht. Es gibt Interessen und Werte, die übereinstimmen können. Und zu diesen Gemeinsamkeiten kann das deutsch-amerikanische Verhältnis zurückkehren. Denn Amerika und Europa brauchen einander. In einer Welt, in der immer mehr Menschen vor Armut, Krieg und den Folgen des Klimawandels flüchten, bedarf es einer transatlantischen Allianz der Vernunft, die dafür sorgt, dass globale Institutionen wie Welthandelsorganisation, Weltgesundheitsorganisation, Nato und die UN wieder in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen.

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Auch eine gemeinsame Russland- und China-Politik ist notwendig. Viel Arbeit für eine Partnerschaft, in der es vier Jahre lang keine konstruktive Zusammenarbeit gab.

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Deutschland wird künftig mehr tun müssen. Es braucht eine Außenpolitik, die ihre Prioritäten kennt und nicht nur als Moderator der Interessen anderer auftritt. Das Zwei-Prozent-Ziel, also zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Wehretat zu stecken, ist kein Selbstzweck, sondern es muss politischer Notwendigkeit folgen.

Der bevorstehende Abgang Trumps wird Deutschland und Europa auch im Umgang mit den eigenen Rechtspopulisten hilfreich sein. Es schwächt Orbán und Johnson, die Vertreter der PiS-Partei in Polen und die AfD in Deutschland, dass einer wie Trump an der Realität gescheitert ist.

Insbesondere der britische Premier Johnson steht mit dem Rücken zur Wand, weil er nicht mehr auf Trump zählen kann, wenn er es auf einen ungeordneten Brexit ankommen lässt.

Europa muss treibende Kraft bei globalen Problemen werden

Die Bereitschaft Bidens, dem Klimaabkommen wieder beizutreten und die Weltgesundheitsorganisation weiter mitzufinanzieren, ist für die Welt eine positive Botschaft. Deutschland und Europa dürfen aber nicht vergessen, dass mit diesen Ankündigungen nur ein Rückschritt umgekehrt wird.

Die Probleme bleiben. Und Amerika wird auch mit einem Präsidenten Joe Biden über Jahre nicht in der Lage sein, bei diesen globalen Themen die treibende Kraft zu sein. Das wird Europa leisten müssen.