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Kommentar zum PflichtdienstJunge Menschen haben es verdient, selbst zu entscheiden

Lesezeit 3 Minuten
Bufdi

Junge Menschen können sich im Bundesfreiwilligendienst engagieren. (Symbolbild)

Der Bundespräsident hat es gut gemeint – keine Frage. Und es stimmt ja: Es tut dem Land gut, wenn sich Menschen eine Zeit lang in den Dienst der Gesellschaft stellen und anderen helfen. Wenn sie dabei auch „aus der eigenen Blase“ herauskommen, wie Frank-Walter Steinmeier es nennt, ist das umso besser. Ein Pflichtdienst ist dennoch keine gute Idee.

Jemanden zu zwingen, einige Monate oder ein ganzes Jahr einen Dienst zu leisten, ist ein drastischer Freiheitseingriff. Dafür braucht es einen unabweisbaren Grund, wie es ihn zu Zeiten des Kalten Krieges für die Wehrpflicht gab. Rechtfertigungen nach der Devise „Das hat noch keinem geschadet“ reichen nicht.

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Die Wehrpflicht ist aus guten Gründen ausgesetzt. Sie bleibt auch jetzt, da es durch die russische Kriegspolitik eine andere Bedrohungslage in Europa gibt, überflüssig. Wir brauchen eine moderne Armee von Profis. Eine Armee, in der es nach langen Jahren der Unterfinanzierung an warmen Jacken und Unterhosen fehlt, kann auf Wehrdienstleistende in großer Zahl bestens verzichten.

Die juristische Begründung des Zivildienstes lag allein darin, dass er der Ersatzdienst war für alle, die den Dienst an der Waffe verweigerten. In Zeiten des Fachkräftemangels wäre es geradezu verrückt, ganze Jahrgänge verspätet in das Studium und den Beruf starten zu lassen. Und das auch noch mit dem zu befürchtenden Nebeneffekt, dass dadurch Löhne in sozialen Berufen gedrückt würden.

Denkbar schlechtester Zeitpunkt für Dienstpflicht

Aus Sicht der jungen Generation käme eine Dienstpflicht zum schlechtesten Zeitpunkt. In der Pandemie mussten sich junge Menschen mehr als zwei Jahre lang immer wieder einschränken. Diese jungen Menschen haben es verdient, selbst zu entscheiden, ob sie direkt nach der Schule mit Studium oder Ausbildung beginnen oder einen Freiwilligendienst leisten wollen. Oder ob sie, reisend und arbeitend, mit dem Rucksack durch Lateinamerika ziehen möchten.

Die Lebenserfahrung, die viele aus einem Pflichtdienst mitgenommen haben, ist umso wertvoller, wenn sie in einem Freiwilligendienst erworben wird – also aus eigenem Antrieb. Die Politik darf nicht immer nur darüber reden, dass diese Dienste attraktiver werden müssen. Sie muss dafür sorgen.

Allen, die argumentieren, junge Menschen sollten ruhig mal lernen, dass es auch Pflichten gibt, sei gesagt: Der Bundespräsident hat gar nicht über ein konkretes Alter der Dienstleistenden gesprochen. Er wollte eine offene Debatte anstoßen. Jeder, der eine Dienstpflicht für rüstige Rentner fordert, würde allerdings schnell feststellen, dass die Zustimmung in der Bevölkerung schrumpfen würde.

Eine gute Regel ist: Fordere keinen Dienst für andere, den du nicht selbst zu leisten bereit bist.