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Neuer US-PräsidentAuch Biden sieht Berlins Haltung zu Peking und Moskau kritisch

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Capitol_Washington

Das Kapitol in Washington, der Sitz des US-Kongresses, wird erneut Schauplatz eines Impeachment-Verfahrens gegen den früheren Präsidenten Donald Trump.

Washington – Die demokratischen Vertreter des Repräsentantenhauses hatten sich gerade aufgereiht, um in einer feierlichen Prozession durch die Rotunde des Kapitols die Impeachment-Anklage zum Senat zu tragen, als sich aus dem Off eine fast vergessene Stimme meldete. Nicht wie früher gewohnt per Twitter, sondern per Pressemitteilung unter einem fetten Wappentier kündigte der Ex-Präsident die Eröffnung eines offiziellen Büros an: „Präsident Trump wird stets und für immer ein Streiter für das amerikanische Volk sein.“

Die Botschaft ausgerechnet zum Auftakt des zweiten Amtsenthebungs-Prozesses dürfte kein Zufall sein. Und sie macht deutlich, welche Macht der Möchtegern-Autokrat mit seinen 74 Millionen Wählern und einer extrem loyalen Anhängerschaft auch im Ruhestand genießt.

Seit Tagen geistert das Gerücht, der Rechtspopulist wolle eine eigene „Patrioten-Partei“ gründen, durch die amerikanischen Medien. Alleine die Möglichkeit einer rechten Konkurrenzpartei, die im amerikanischen Mehrheitswahlrecht verheerende Konsequenzen hätte, schüchtert viele Republikaner ein.

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„Warum machen wir das?“, stellt sich nicht nur Senator Ron Johnson gegen das Impeachment. Er könne sich nichts Polarisierenderes als einen Prozess gegen einen pensionierten Präsidenten vorstellen, argumentiert der Republikaner aus Wisconsin. Mehr als die Hälfte der 50 Republikaner im Senat hat sich wie er bereits öffentlich gegen die nachträgliche Verurteilung und eine lebenslange Amtssperre ausgesprochen.

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Die Unterstützung für den Prozess wegen „Anstiftung zum Aufruhr“, der am 9. Februar beginnen soll, scheint im republikanische Lager von Tag zu Tag zu schmilzen. Mindestens 17 Republikaner müssten am Ende mit den Demokraten stimmen.

Nicht nur die meisten journalistischen Beobachter halten das inzwischen für extrem unwahrscheinlich. Auch Präsident Joe Biden räumte am Montag ein, dass er nicht mit einem Erfolg rechne. Während die Demokraten argumentieren, das Impeachment sei aus gleichwohl erforderlich, um den beispiellosen Staatssteich-Versuch öffentlich zu ächten, warnt das konservative Wall Street Journal vor einem Rohrkrepierer. Bei einem Freispruch „könnte Trump politisch gestärkt herauskommen“, argumentiert das Wirtschaftsblatt.

Jedenfalls dürfte der Prozess zunächst die Beratungen über Bidens 1,9 Billionen schweres Corona-Hilfspaket verzögern. Eine Abstimmung im Senat wird inzwischen nicht mehr vor März erwartet. Wahrscheinlich wird die neue Regierung zudem erhebliche Zugeständnisse machen müssen.

Für das komplette Gesetzespaket ist nach der geltenden Geschäftsordnung nämlich eine „Super-Mehrheit“ von 60 Stimmen erforderlich. Die Demokraten verfügen nur über die einfache Mehrheit von 51 Voten. Linke Senatoren wie Bernie Sanders drängen auf eine Abschaffung dieser „Filibuster-Regel“. Doch zwei demokratische Senatoren haben zur Freude des republikanischen Minderheitsführers Mitch McConnell erklärt, dass sie ihrer Parteiführung bei diesem Vorhaben nicht folgen würden.

Biden versucht derweil, mit einer beeindruckenden Flut von Dekreten zu beweisen, dass er auch ohne den Kongress regieren kann. Viele Erlasse – wie die Aufhebung des Militärbanns für Transgender-Menschen, der Stopp von neuen Ölbohrungen und die Legalisierung von Migranten – belegen eine scharfe Abkehr von der bisherigen Trump-Politik.

Nicht alle Koordinaten der US-Politik ändern sich

Andere zeigen hingegen, dass sich nicht alle Koordinaten der amerikanischen Politik komplett ändern. So will Biden die amerikanischen Behörden noch strenger verpflichten, sämtliche Einkäufe bei amerikanischen Unternehmen zu tätigen. Auch hat der Präsident den coronabedingten Einreisestopp für Reisende aus Europa verlängert.

Unterschiedliche Gewichtungen auf beiden Seiten des Atlantiks wurden auch nach dem Telefongespräch Bidens mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel am Montag deutlich. Während das Kanzleramt in einer Presseerklärung vor allem die Rückkehr der USA in internationale Organisationen begrüßte und eine Einladung des neuen Präsidenten nach Deutschland aussprach, liest sich das offizielle Statement des Weißen Hauses etwas anders. Dort wird ausdrücklich auf die Bedeutung der Nato und die wichtige Zusammenarbeit der Partner in der China- und Russland-Politik hingewiesen.

Die abweichenden Stellungnahmen zeigen schwarz auf weiß: Die Kritik an den niedrigen deutschen Verteidigungsausgaben, die Skepsis gegenüber einer engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Peking und die Ablehnung der Nord Stream-II-Pipeline sind mit dem Machtwechsel in Washington keineswegs verschwunden.