- Vor 20 Jahren spielte sich Louis Klamroth als Matthias in „Das Wunder von Bern“ in die Herzen der Deutschen.
- Doch aus dem Jungschauspieler wurde ein politisch interessierter Moderator, der der politischen Elite keine Ausrede durchgehen lässt.
- Nun wechselt er von N-TV und Pro Sieben zur ARD – als Nachfolger von Frank Plasberg.
Seit Wochen liege er komfortabel auf Platz eins der Umfragen, doch langsam würde der Abwärtstrend der CDU stoppen – nun, keine zwei Wochen vor der Bundestagswahl. „Werden Sie nervös oder scholzen Sie sich durch?“, begrüßte Pro-Sieben-Moderator Louis Klamroth den damaligen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz in der „Pro Sieben Bundestagswahl-Show“.
Die erste Frage, kein klassischer Gesprächsöffner, keine Nettigkeit zum Beginn, kein Schmeicheln, um das Gegenüber erst einmal in Wohlfühlatmosphäre zu bringen. Louis Klamroth, das weiß man in der Politik längst, ist keiner, der den Konflikt scheut. Er hat keine Angst vor Fragen, keine Angst vor Antworten.
Ironie, Ernst, Emotion: Klamroth kann knallhart und einfühlsam
Er kann Ironie, er kann Ernst, er kann Emotion. Er sprach in seiner N-TV-Sendung „Klamroths Konter“, für die er den Deutschen Fernsehpreis gewann, mit Carola Rackete, Kapitänin der „Sea Watch 3″, über das Abwägen zwischen dem Retten von Menschenleben und der Einschränkung der eigenen Freiheit durch eine Haftstrafe. Zusammen mit Linda Zervakis befragte er Kanzlerkandidat Olaf Scholz in der „Pro Sieben Spezial Live. Der Kanzlerkandidat im Interview“. Im ZDF ergründete er das Erbrecht.
Nun wird Louis Klamroth, 32 Jahre alt, einst als Schauspieler in „Das Wunder von Bern“ begonnen, Nachfolger von Frank Plasberg. Ab Januar wird er, der ehemalige Praktikant von Günther Jauch, die Talkshow „Hart aber fair“ in der ARD moderieren. Nach fast 22 Jahren und 750 Sendungen macht Plasberg Schluss, der 33 Jahre jüngere Klamroth übernimmt. Er sei überzeugt, dass ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk „gerade in diesen Zeiten unabdingbar ist“, sagte er laut WDR-Pressemitteilung. Ein Gespräch mit dem RND lehnte er am Donnerstag ab.
Louis Klamroth: Seine Stärke ist die Penetranz
Nicht nur einmal hat er in TV-Talks gezeigt, dass er immer eine Frage hat, immer eine Pointe. Er offenbarte Christian Lindners Doppelmoral, indem er gegenüberstellte, dass der FDP-Mann es für in Ordnung hielt, den Staat zu belügen, um einen eigenen Wehrdienst zu verhindern, es aber für verwerflich hält, wenn Migrantinnen und Migranten den Staat belügen, um sich eine Zukunft in Deutschland zu schaffen. Er stellte Annalena Baerbock bloß, indem er sie raten ließ, welche der von ihm vorgetragenen Floskeln aus ihrem Buch stammt – sie wusste die Antwort nicht.
Klamroth wird immer mal wieder, vor allem auf Twitter, vorgeworfen, seine Gesprächspartner zu unterbrechen. Die Politikerinnen und Politiker, sagte er dazu in einer Folge von „Late Night Berlin“ zu Klaas Heufer-Umlauf, würden bei ihren Antworten die Wahlprogramme runterleiern wollen. Die kenne er aber. Er weiß, wohin die Antwort führt, oft weit weg von der eigentlichen Frage. Deshalb hakt er nach. Und fragt weiter. Es sei eine gute Sendung, sagt er, wenn die Gesprächspartner am Ende keine gute Laune mehr hätten.Louis Klamroth: ein Kinderstar aus „Das Wunder von Bern“
Klamroth ist in Hamburg geboren. Er wuchs in einer Art Fernsehfamilie auf: Seine Mutter Katrin arbeitet als Kameraassistentin, sein Vater Peter Lohmeyer ist Schauspieler, ebenso wie seine Schwester Lola. Seine Großtante Wibke Bruhns war als „Heute“-Moderatorin die erste Frau in der Bundesrepublik, die die Nachrichten im Fernsehen sprach. Schon früh übte sich auch Louis Klamroth vor den Kameras. 2001 debütierte er in „Der Mistkerl“ als Leon, der zusammen mit seiner Freundin Rache nehmen will. Der große Durchbruch gelang ihm mit „Das Wunder von Bern“ als Protagonist Matthias, ausgezeichnet wurde er unter anderem mit der Goldene Kamera und dem Jupiter als bester Nachwuchsschauspieler.
Diese Rolle machte ihn national bekannt: Louis Klamroth als Matthias Lubanski.
2010 stand er das letzte Mal als Schauspieler vor der Kamera in „Schenk mir dein Herz“. Er machte ein freiwilliges soziales Jahr in Guatemala und half in Haiti beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben mit mehr als 300.000 Toten. Er studierte Politikwissenschaften in Amsterdam und politische Ökonomie in London, machte Praktika, etwa bei Günther Jauch.
Eine Rubrik in der Zeitschrift „Stern“ war es, die seine neue Karriere in Schwung brachte. Dort sagte er im Interview „Was macht eigentlich...?“, dass er gerne einmal eine politische Talkshow moderieren wolle. Nur wenig später war es so weit: 2016 wurde die erste Folge von „Klamroths Konter“ auf N-TV ausgestrahlt. Klamroth wurde damit zum jüngsten Moderator einer Polittalkshow in Deutschland.
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Zahlreiche Auszeichnungen erhielt er für seine Show, in der sowohl Politikerinnen und Politiker wie auch andere in der Öffentlichkeit stehende Personen, etwa Carola Rackete, Iris Berben oder Clemens Tönnies, zu Gast waren. Vom „Medium Magazin“ wurde er zu den 30 besten Journalistinnen und Journalisten unter 30 Jahren gewählt. 2021 folgte die Primetime im Privatfernsehen, als er rund um die Bundestagswahl mehrere Formate auf Pro Sieben präsentierte. Das Branchenmagazin „DWDL“ bezeichnete ihn daraufhin als einen „Bildschirmhelden 2021″.
Nachdem die öffentlich-rechtlichen Sender zuletzt einige Moderatorinnen und Moderatoren, darunter Linda Zervakis, an die privaten verloren haben, dürfte die Verpflichtung von Klamroth für die ARD ein kleiner Coup sein. Der Sender wird jünger, moderner, offener. Vielleicht schafft Klamroth ja gar, was Frank Plasberg immer verwehrt blieb. Der wünschte sich, mit „Hart aber fair“ einmal am Sonntagabend einen Sendeplatz zu bekommen.