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Pressestimmen zu Thüringen„Das Geschehene bedeutet einen Tabubruch“

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Presse dpa neu

Englische Zeitungen liegen in einem Regal. (Symbolbild)

Berlin – Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten mit den Stimmen von Liberalen, AfD und CDU beschäftigt auch die Kommentatoren der Auslandspresse. Eine Auswahl der Pressestimmen vom Donnerstag:

Wie aus einem schlechten Film, so bewertet die österreichische Zeitung Der Standard die Geschehnisse: „Was am Mittwoch im Thüringer Landtag passiert ist, hätte sich kein Drehbuchautor schlechter ausdenken können. Um den Linken Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung zu verhindern, ließen sich CDU und FDP von der AfD zu einem Schäferstündchen verführen, das nun für Schockwellen bis Berlin sorgt. (...) Und Kemmerich war so null Komma null vorbereitet, dass es fast wehtut. So geht man nicht mit einem hohen öffentlichen Amt und mit politischer Verantwortung um.“

"Die CDU machte bei der Farce bereitwillig mit", kommentiert der Schweizer Tages-Anzeiger:

„Bei der Landtagswahl im Oktober hatte die FDP nur haarscharf die 5-Prozent-Hürde übersprungen. Und nun glaubt sie im Ernst, sie stelle zurecht den Regierungschef? Die CDU von Mike Mohring machte bei der Farce bereitwillig mit. ... Im Ergebnis ist die Sensationswahl von Erfurt schon jetzt eine Katastrophe für die Glaubwürdigkeit von FDP und CDU - nicht nur im Osten, sondern im ganzen Land.“

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Die britische Financial Times fokussiert das Dilemma Kemmerichs: „Kemmerich von der liberalen Freien Demokratischen Partei mag nun versuchen, eine Minderheitsregierung mit der Mitte-Rechts-CDU zu bilden, der Partei von Angela Merkel, deren Stimmen ebenfalls geholfen haben, ihn ins Amt zu bringen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er die AfD zur Beteiligung an seiner Regierung einladen wird. Doch um zu überleben, wird seine Administration auf die Unterstützung der AfD im Thüringer Parlament angewiesen sein.“

Viele sprachen in Deutschland von einem Tabubruch, so sieht es auch die spanische Zeitung La Vanguardia: „Das Geschehene bedeutet einen Tabubruch in der deutschen Politik, in dem bis jetzt alle Parteien des Spektrums einen cordon sanitaire gegen die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) errichtet und jeglichen Pakt mit dieser Formation verweigert hatten.“

Ganz anders bewertet es die konservative Neue Zürcher Zeitung aus der Schweiz: „Allen, die sich jetzt um die Demokratie sorgen, möchte man sagen: Das ist Demokratie! Was im Erfurter Landtag stattgefunden hat, ist eine freie Wahl, und darüber hinaus hat ein bürgerlicher Kandidat diese Wahl gewonnen. Es gibt keinen plausiblen Grund, das Ergebnis moralisch zu verurteilen. (...) Eine andere Frage ist, ob die Wahl taktisch klug war. Kemmerichs Vorgänger, Bodo Ramelow, ist in Thüringen äußerst beliebt. Eine Mehrheit der Bürger hätte ihn weiterhin gern als Ministerpräsident gesehen. Ob sie die Überrumpelung durch FDP, CDU und AfD goutieren werden, ist fraglich.“

„Es schien unmöglich zu sein, doch es ist gerade passiert“

Immer die gleichen Dämonen seien bereit, sich zu zeigen, meint die französische Regionalzeitung La Presse de la Manche: „Es schien unmöglich zu sein, doch es ist gerade passiert. In Deutschland, im Bundesland Thüringen, war es für die Wahl eines liberalen Ministerpräsidenten notwendig, dass die Konservativen der CDU von (Bundeskanzlerin) Angela Merkel und die gewählten Vertreter der extremen Rechten sich den Liberalen anschließen. Der Vorgang erinnert uns nur daran, dass in der Geschichte der Völker nie etwas endgültig gewonnen wurde und dass immer die gleichen Dämonen bereit sind, sich zu zeigen. Die deutschen Rechten sind nun die drittstärkste Partei auf Bundesebene. Das ist eine Tatsache, die sich auch der Krise in ganz Europa annähert.

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Und die belgische Tageszeitung De Standaard schreibt: „Die AfD stellt die deutsche Politik weiter auf den Kopf. Gestern waren alle Augen auf Thüringen gerichtet. Jenem Bundesland im Osten, wo die Partei im vergangenen Oktober einen großen Sprung nach vorn machte. Ihr gutes Abschneiden stieß obendrein dadurch sauer auf, dass die AfD dort von Björn Höcke geführt wird, dem radikalsten unter den Spitzenleuten der Partei.“ (RND)