Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller spricht im zweiten Teil des Gesprächs über die Personalplanungen.
„Gehen davon aus, dass er in anderem Zustand aufschlägt“FC-Geschäftsführer gibt Adamyan zweite Chance
Herr Keller, auf welchen Positionen suchen Sie konkret für die neue Saison?
Christian Keller Wir brauchen noch einen Torwart, der das Quartett komplettiert, falls wir Jonas Urbig verlängern und noch einmal verleihen. Was unsere klare Absicht ist.
Wieder in die Zweite Liga?
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Wir haben grundsätzlich bei Leihgeschäften mehrere Kriterien. Wir sehen uns die Spielweise des Klubs an, um zu schauen, ob die mit unserer verwandt ist. Das halte ich auch bei einem Torhüter für wichtig, wir schicken ihn nicht in eine Mannschaft, die grundsätzlich die Bälle lang schlägt, statt das Spiel von hinten aufzubauen. Dann ist noch wichtig, wie umkämpft die Position des Spielers ist. Wenn der potenzielle Leihklub drei überragende Stürmer hat, brauchen wir denen nicht zusätzlich Tim Lemperle zu geben. Und die Person des Trainers ist wichtig: Kann er mit jungen Spielern umgehen? Hat er schon junge Spieler weiterentwickelt? Oder ist er eher einer, der primär die erfahrenen Spieler einsetzt, weil er dann weiß, was er kriegt. Soll es ja auch geben, ist auch okay. Ist dann nur schlecht, wenn man einen jungen Spieler dorthin verleiht. Wir haben außerdem eine Präferenz für ein eher ruhigeres Umfeld, damit der Spieler nicht so vielen Einflüssen ausgesetzt ist. Und im besten Fall gibt es in der Mannschaft dann noch ein paar Jungs, die in der Lage sind, einen jungen Spieler an die Hand zu nehmen. In einem Kader voller Pflegefälle wird es schwierig für ein Talent, sich etwas abzuschauen. Wenn man mit einem wie Ellyes Skhiri zusammenspielt, dem muss man nur zuschauen, dann lernt man schon, was es heißt, Profi zu sein. Danach wird dann entschieden. Zumindest, wenn es mehrere Optionen gibt.
Sie suchen also einen Torwart…
… und einen Sechser. Dann möglicherweise noch einen Rechtsverteidiger, das hängt aber davon ab, ob wir den Vertrag mit einem Bestandsspieler verlängern.
Mit Kingsley Schindler. Woran hängt es bei ihm?
Kingsley ist unabhängig vom Sportlichen ein Spieler, der für die Mannschaft extrem wichtig ist. Er ist ein super Charakter, der in die Gruppe sehr viel reinbringt. Er ist für den Zusammenhalt Gold wert. Außerdem hat er in gewissen Phasen gezeigt, dass er sehr solides Bundesliganiveau spielen kann. Kingsley hat deshalb ein Vertragsangebot vorliegen. Ob er es annimmt, bleibt abzuwarten.
Sie haben viel Qualität und Erfahrung verloren. Wird es ausschließlich mit Talenten gehen – oder müssen Sie am Ende auch mal einen fertigen Bundesligaspieler holen?
Es ist ja nicht so, dass wir ausschließlich Entwicklungsspieler holen. Der finanzielle Rahmen ist klar gesetzt, den entscheide ich als Geschäftsführer ja mit. Allerdings mit dem klaren Committment zu unserem Weg, und der heißt: FC gesund kriegen, Fundament herstellen – anschließend können wir gern wieder mehr Geld für den Sport ausgeben. Der andere Weg hat nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung geführt. Unser Weg schließt aber nicht aus, dass wir auch mal einen gestandenen Spieler holen.
Mit Sargis Adamyan haben Sie im vergangenen Sommer einen fertigen Spieler geholt. Doch dessen Saison war eine Enttäuschung.
Sargis hat noch nicht funktioniert, obwohl ich bekanntlich sehr viel von ihm halte. Stand jetzt gehen wir davon aus, dass Sargis hier zum Trainingsauftakt in einem anderen Zustand aufschlägt und sich anders präsentiert. Man darf nicht vergessen, dass er im vergangenen Sommer erst spät zu uns kam und im Winter zudem eine schwere Virusinfektion hatte. Klar ist auch: Wenn er liefern würde, dann könnte er uns schon wirklich helfen. Das hat er ja beim FC Brügge gezeigt, als er entscheidend an der Meisterschaft beteiligt war. Im Vergleich zu seiner bisherigen Zeit in Köln war das ein anderer Spieler. Sargis kann viel, viel mehr als das, was er bisher beim FC gezeigt hat.
Nach welchem Profil suchen Sie auf der Sechs?
Wir haben mit Jonas und Ellyes zweimal überdurchschnittliche Bundesligaqualität verloren. Auf der Linksverteidiger-Position haben wir uns mit Leart Paqarada sehr gut aufgestellt, mit dem Benchmark-Spieler der Zweiten Liga, dem wir zutrauen, auch in der Bundesliga eine gute Rolle zu spielen. Auf der Sechs planen wir ebenfalls einen Spieler zu holen, der sehr schnell Bundesligaformat haben soll, am besten direkt.
Torwart, Rechtsverteidiger, Sechs, offensive Außenbahn – auf welchen Positionen suchen Sie außerdem?
Sicherlich noch einen Spieler, der im Idealfall als zweite beziehungsweise hängende Spitze oder Zehner spielen kann.
Hat sich die Zehner-Suche durch Florian Kainz nicht erübrigt?
Nein, je mehr Optionen wir haben, desto besser. Im Idealfall können die Spieler in der Offensive variabel eingesetzt werden und während des Spiels rotieren. Flo Kainz hat es sehr, sehr gut gemacht. Das war ein cleverer Schachzug, um vorne mehr Lösungsqualität zu kriegen. Aber: Je mehr Spieler mit Lösungsqualität in engen Räumen, desto besser.
Mark Uth ist solch ein Spieler. Er fiel praktisch die komplette letzte Saison verletzt aus. Gibt es bei ihm einen neuen Stand?
Der Verlauf ist aktuell sehr positiv. Wir gehen schon davon aus, dass Mark im Laufe der Vorbereitung voll ins Training einsteigen kann. Er hat wirklich gute Fortschritte gemacht. Jetzt hat er noch ein paar Wochen. Deshalb sind wir sehr positiv gestimmt.
Bekommen Sie noch ablösefreie Spieler?
Der Markt an interessanten, für uns zugänglichen ablösefreien Spielern ist nicht mehr allzu groß.
Auch Leihgeschäfte könnten dem FC helfen, das hat das Beispiel Jeff Chabot gezeigt.
Ich fand Leihgeschäfte schon immer gut. In Regensburg hat man das gesehen. Ich kann der Tatsache, dass man so einen Spieler bekommt, den man eigentlich nicht kriegen würde, schon etwas abgewinnen. Ein Spieler, der bei seinem aktuellen Stammklub ein bisschen ins Hintertreffen geraten ist und sagt: Das Gehalt ist mir eigentlich nicht mehr so wichtig, ich würde gerne mehr spielen. Der Stamm-Klub merkt auch: Irgendwann ist er gar nichts mehr wert, wenn er nicht mehr spielt. Also verleihen wir ihn mal und geben ihm im Idealfall noch eine Kaufoption mit. Dann kann man nicht viel falsch machen. Da unsere Mittel begrenzt sind, können wir nun mal nicht im höchsten Regal einkaufen.
Vergangenen Sommer hat der FC keinen einzigen Leih-Spieler verpflichtet.
Weil die Mittel, die da waren, ausgereicht haben – ganz einfach. Wir hatten eine deutlich positive Transfer-Bilanz.
Tim Lemperle wartet weiter auf seinen Durchbruch. Woran hängt es bei ihm?
Tim ist ein Rohdiamant, der vieles mitbringt, um sich im Profifußball durchzusetzen. Er hat eine super Verbindung aus Größe, Schnelligkeit und Agilität. Er kann frontale Eins-gegen-Eins-Situationen auflösen und hat einen guten Abschluss. Er hat aber auch noch Entwicklungsfelder, allen voran die körperliche Robustheit. Das ist aber normal bei jungen Spielern. Er muss auch an seiner Frustrationstoleranz arbeiten. Auch das ist normal bei jungen Spielern: Sie investieren viel und lassen dann aber nach, weil sie enttäuscht sind, wenn sie nicht sofort belohnt werden. In der Fähigkeit, dranzubleiben, hat er Schritte nach vorn gemacht. Ich bin wirklich ein Fan von ihm. Wir müssen ihn aber zum Spielen bringen.
Beim 1. FC Köln?
Er wird bei uns in der neuen Saison mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Spielen kommen, deswegen haben wir schon im Winter im Kontext seiner Vertragsverlängerung über eine Leihe gesprochen. Er muss jetzt spielen. Er ist jetzt 21, und wenn er weiterhin nicht spielt, haben ihn bald durchschnittlich begabte Talente überholt, weil sie einfach mehr gespielt haben.
Stimmt der Eindruck, dass junge Spieler in Deutschland grundsätzlich Schwierigkeiten haben, in den Herrenfußball zu kommen?
Im Ausland ist der Schritt in den Herrenfußball teilweise leichter. Dort spielen die Talente mitunter zwar in weniger starken Ligen, dafür aber im Erwachsenenfußball. Als 1. FC Köln müssen wir den Spielern früher Seniorenfußball bieten. Das bedeutet für uns, dass zum Beispiel ein U-19-Spieler schon in der Regionalliga spielt, wenn er zu unseren Top-Talenten zählt. Die Gegner sind dann vielleicht weniger talentiert, kochen unsere Spieler aber ab, weil sie körperlich weiter und erfahrener sind. Dann merken die Talente, dass sie nur mit Zocken nicht durchkommen und müssen adaptieren.
Das Gespräch zeichneten auf: Christian Löer und Lars Werner - hier geht es zum ersten Teil des Gesprächs.