Der FC setzt mehr auf die Jugend: Aus Überzeugung und monetären Gründen. Es sollen noch weitere Nachwuchsspieler an die Profis herangeführt werden.
Einen zweiten „Fall Wirtz" will der Verein unbedingt verhindern.
Salih Özcan kehrt aus Kiel zurück. Seine Ausstiegsklausel ist abgelaufen.
Köln – Manchmal ergibt die Ausleihe von Talenten für alle Seiten einen Sinn. Zum Beispiel im Fall von Salih Özcan. Für den gebürtigen Kölner, der mit 18 Jahren beim FC sein Bundesliga-Debüt gefeiert hatte, machte sich der Wechsel auf Zeit zu Holstein Kiel bezahlt. Der 22-Jährige konnte nicht nur viel Spielpraxis sammeln, sondern er spielte sich wieder in den Vordergrund. Von den fünf Treffern, sieben Torvorlagen und guten Leistungen profitierten auch die „Störche“. Der Ehrenfelder soll im hohen Norden zudem in seiner Persönlichkeit gereift sein, der Abnabelungsprozess von Zuhause tat ihm offenbar gut.
Dass Özcan Talent hat, das wussten sie stets beim FC. Aber irgendwann war der Gewinner der Fritz-Walter-Medaille in Gold von 2017 an einen Punkt gelangt, an dem seine Entwicklung erst stagnierte, dann sogar zurückging. Ex-Trainer Markus Anfang und Ex-Sportchef Armin Veh waren zudem nicht sonderlich überzeugt von Özcan, ihre Nachfolger Markus Gisdol und Horst Heldt sind es. Bereits im Dezember 2019 führten beide erste Gespräche über dessen Rückkehr ans Geißbockheim.
Ausstiegsklausel nicht gezogen: Özcan kehrt zurück
Bislang hieß es, Kiel habe sich bei der Leihe des 22-jährigen eine Kaufoption gesichert. Özcan hatte sich allerdings auch eine Ausstiegsklausel für einen anderen Klub in seinen Vertrag schreiben lassen. Doch nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist die Frist, die Klausel zu ziehen, jetzt abgelaufen. Özcan will auch zurück zum FC, und der FC will Özcan.
„Salih hat sich in Kiel toll entwickelt. Wir planen mit ihm für die neue Saison“, bestätigt Heldt. Wenn der austrainierte Mittelfeldspieler auch im Oberhaus noch torgefährlicher und kreativer wird und mit einem ähnlichen Selbstbewusstsein wie in Kiel agiert, könnte er zu einem wichtigen Baustein für die Kölner Zukunft werden. Denn an kreativen Spielern in der Zentrale mangelt es dem FC . Und dann könnte bald auch der 2021 auslaufende Vertrag erneut verlängert werden. Im Raum steht das.
Talente-Förderung aus Überzeugung und monetären Gründen
Özcan steht aber auch für den Grundgedanken beim FC, in Zukunft wieder mehr auf Talente aus den eigenen Reihen zu setzen. Kritiker mögen anführen, dass dieser vielmehr der Ausdruck der Ratlosigkeit in Zeiten der leeren Kassen ist. In der Tat sind die finanziellen Spielräume des Klubs enger geworden. Der erneute Abstieg hat viel Geld gekostet. Und dann kam Corona. Doch man nimmt es Heldt und Gisdol ab, dass sie hinter dem Wandel stehen. „Wir machen das aus Überzeugung und nicht, weil wir getrieben sind. Für Markus und mich ist die Förderung von Talenten kein Neuland. Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir die große Qualität aus den eigenen Reihen nicht nutzen würden. Die Ausbildung hier muss Früchte tragen“, sagt Heldt, führt aber an: „Das Allheilmittel kann sie auch nicht sein. Wir brauchen auch Stützen, die die Jungs führen.“
Weitere Nachwuchsspieler im Wartestand
Die „Jungs“, das sind Eigengewächse wie Noah Katterbach (19), Jan Thielmann (18) und Ismail Jakobs (20), die von Gisdol in dieser Saison ins kalte Wasser geworfen wurden und sich freischwammen. Gelegentliches Absaufen inklusive. Der Klub plant aber auch mit Innenverteidiger Robert Voloder (19) und Rechtsaußen Tim Lemperle (18), die jüngst einen Profivertrag bis 2023 unterschrieben. Torhüter Julian Krahl (20, 2022) gilt für einige zudem als Kronprinz von Timo Horn (27). Aus der U19 und U17, die beide bis zum Abbruch ihre Bundesliga-Staffeln anführten, wird noch weiteren Spielern eine viel versprechende Perspektive bescheinigt: So etwa Rechtsaußen Marvin Obuz (18), Rechtsverteidiger Meiko Sponsel (18), U17-Kapitän Jens Conrad (16), der von Rapid Wien geholte Zentrumsspieler Philipp Wydra (17) oder Mittelstürmer Maximilian Schmid (17). Sie könnten in Zukunft von sich reden machen.
Noch nicht ganz entschieden ist, wie es mit den ausgeliehenen Talenten Yann Aurel Bisseck (19, Roda Kerkrade) und Tomas Ostrak (20, TSV Hartberg) weitergeht, der österreichische Bundesligist will Ostrak offenbar noch um ein weiteres Jahr ausleihen.
Auf jeden Fall will der FC in Zukunft verhindern, dass erneut ein großer Hoffnungsträger den Verein verlässt. Denn dass Florian Wirtz dem FC den Rücken kehrte, ausgerechnet beim Nachbarn Leverkusen bereits mit 17 Jahren zum festen Profikader zählt und dort auch spielt, schmerzt den FC. Doch Wirtz sah bei Bayer 04 offenbar eine bessere Perspektive. Die wollen Heldt und Gisdol nun anderen Talenten bieten.