Dominick Drexler war einer der Garanten des Aufstiegs des 1. FC Köln.
Mit 29 Jahren spielt er nun in seine erste Bundesliga-Saison.
Im Interview spricht der Offensivspieler über seinen ungewöhnlichen Karriereweg und seinen Umgang mit der Entlassung seines Förderers Markus Anfang.
Köln – Herr Drexler, Sie spielen beim 1.FC Köln, finden aber noch regelmäßig die Zeit, mit Ihrer 91-jährigen Großmutter und zwei weiteren Damen Doppelkopf zu spielen. Eine eher ungewöhnliche Beschäftigung für einen Fußballprofi.
Sie freut sich immer riesig. Wenn wir uns am Montag zum Spielen treffen, spricht sie schon samstags davon. Ich bin ein Familienmensch, und wir alle hängen sehr an ihr. Meine Oma ist wirklich wunderbar und noch super fit für ihr Alter. Dazu kommt, dass ich ganz einfach sehr gern Doppelkopf spiele. Die Damen spielen jetzt nicht so wahnsinnig gut. Für mich ist das ganz angenehm, denn ich gewinne meistens (lacht).
Sie haben einen Zwillingsbruder. Warum ist der kein Profi geworden?
Er hat aufgehört, als er sich für den Fußball hätte quälen müssen. Er war auf jeden Fall ein ziemlich guter Kicker, aber ich glaube nicht, dass er sich im Profifußball durchgesetzt hätte. Er ist mittlerweile Lehrer geworden. So wie es für uns beide gelaufen ist, passt das ganz gut.
Zur Person
Dominick Drexler, geboren am 26. Mai 1990 in Bonn, begann beim Bonner Verein SF Brüser Berg mit dem Fußballspielen. Über den Bonner SC und Alemannia Aachen kam er zu Bayer 04 Leverkusen, wo er in der A-Junioren-Bundesliga spielte. Nach einem Jahr in der Leverkusener Regionalliga-Mannschaft wechselte er zu RW Erfurt (2010-13). Über Fürth (2013-14), Aalen (2014-16), Holstein Kiel (2016-18) kam er zum 1. FC Köln, mit dem er im vergangenen Jahr in die Bundesliga aufstieg. Mit 17 Vorlagen (neun Tore) war Drexler erfolgreichster Vorbereiter der Saison. (ksta)
Sie sind zwar bei Bayer 04 Leverkusen auf höchstem Niveau ausgebildet worden, haben dann aber viele Jahre in der Zweiten und Dritten Liga gespielt. Mit dem 1. FC Köln werden Sie nun im Alter von 29 Jahren in der Bundesliga debütieren. Wie ist es zu diesem Karriereweg gekommen?
Ich würde sagen, dass sich meine Hartnäckigkeit und mein Ehrgeiz ausgezahlt haben. Ich finde es unheimlich charmant, dass das so funktioniert hat. Jetzt hier zu sitzen und darüber zu quatschen, dass in zwei Wochen die Bundesliga losgeht – das ist einfach schön. Wenn ich es nicht gepackt hätte, wären die Jahre schwieriger zu akzeptieren gewesen. So kann ich sagen, dass sie unheimlich wichtig für mich waren, weil sie den Spieler aus mir gemacht haben, der ich jetzt bin. Mein Weg war etwas weiter.
Hat Ihnen denn damals niemand gesagt, dass Sie nicht in der Dritten Liga spielen sollten, sondern viel höher?
Im Gegenteil. Nach meinem Jahr in Fürth, da war ich 23, da haben mir wirklich alle, die dort etwas zu sagen hatten, signalisiert, dass ich kein Zweitliganiveau habe.
Was war da passiert?
Rückblickend hat das damals einfach nicht optimal gepasst. Fürth wollte mich schon ein Jahr früher, das wäre sogar Erste Liga gewesen. Aber Erfurt hat mich damals nicht gehen lassen. Da das Interesse schon so lange bestand, war für mich irgendwann klar, dass ich das mache. Allerdings war da inzwischen ein neuer Trainer. Wenn du dann aus der Dritten Liga kommst, bist du sowieso nicht der Überflieger, auf den alle gewartet haben. Wenn der Trainer nicht voll auf dich setzt, spielst du nicht – so einfach ist das. Ich habe keinen Stunk gemacht und die Saison zu Ende gespielt. Anschließend hat man mir gesagt, dass es nicht reicht.
Sie sind über die Zwischenstation Aalen nach Kiel in die Dritte Liga gegangen. Und dann kam Markus Anfang.
Er hat mir gesagt, dass ich locker eine Liga höher spielen könnte. Von da an ging meine Reise los. Ich habe den Flow mitgenommen und das Selbstvertrauen.
Wie verschafft sich ein Fußballer dieses Selbstvertrauen?
Das bekommt man nur, wenn der Trainer einem auch mal ein schwaches Spiel verzeiht. Das gibt einem das Selbstvertrauen, schlechte Aktionen wegzustecken und sich anschließend nicht zu verkriechen und das Spiel nur noch über sich ergehen zu lassen. Selbstvertrauen ist alles. Wenn man sich Jhon Córdobas Entwicklung beim FC betrachtet, sieht man, was Selbstvertrauen ausmacht. Es macht einem im besten Fall zu einem Top-Spieler in der Bundesliga.
In Köln sind Sie nicht gerade im Triumph empfangen worden. Ein Zweit- und Drittligaspieler, der auch noch ziemlich viel Geld kostet und als Lieblingsspieler des Trainers gilt. Sie mussten sich das Vertrauen der Fans hart erarbeiten.
Mir hat geholfen, dass ich schon 28 war, als ich herkam. Natürlich war die Erwartungshaltung in Köln riesig, und wir haben als Mannschaft Phasen erlebt, die schwierig waren – als sogenannter Top-Transfer steht man besonders im Fokus. Ich habe mich deshalb irgendwann entschieden, komplett auf Social Media und Zeitunglesen zu verzichten und mich auf das zu fokussieren, was ich beeinflussen kann – mein Spiel.
Was kennen Sie von der Bundesliga?
Ich war noch nicht in vielen Stadien. Nicht in Dortmund, nicht auf Schalke. Auch nicht als Zuschauer. Eigentlich ist alles neu – aber eigentlich auch wieder nicht, weil es am Ende Fußball ist.
Sie haben nicht die Sorge, die Bundesliga könnte Ihre persönliche Grenze sein?
Nein. Mittlerweile bin ich so gefestigt, dass ich meinen Weg gehe. Auch wenn ich mal zwei schlechte Aktionen in einem Spiel habe, dann heißt das nicht, dass ich dann den Kopf in den Sand stecke. Weiter geht’s.
Wie nach dem verschossenen Elfmeter gegen Schalke.
Klar, das sind Momente, die man nicht vergisst.
Haben Sie daraus für die Zukunft etwas mitgenommen?
Dass ich Teamkollegen habe, die in so einer Situation für einen da sind. Dass man noch härter an sich arbeitet – in solch einer Situation noch stärker fokussiert sein muss. Den nächsten Elfmeter werde ich mir viel klarer vornehmen, konsequenter angehen. Ich muss echt sagen: Das Mitgefühl für Spieler, die einen Elfer verschießen, ist seitdem viel größer. Egal, ob das bei der Junioren-WM oder beim Afrika-Cup ist. Andererseits: Jetzt hier zu sitzen und damit umgegangen zu sein – das ist schon wichtig für den Erfahrungsschatz.
Markus Anfang, der Trainer, der Sie nach Köln geholt und als Spieler so weit nach vorn gebracht hat, musste im April gehen. Was hat das in Ihnen ausgelöst?
Das war kein einfacher Moment. Wir haben fast drei Jahre erfolgreich zusammengearbeitet. Wir sind mit Kiel Zweiter in der Dritten Liga geworden und dann auf Anhieb Dritter in der Zweiten und waren mit Köln Erster, als er gehen musste. Er hat mich persönlich enorm weiterentwickelt – mein Spiel und mein Selbstvertrauen. Andererseits ist das Geschäft so, das muss ich akzeptieren. Jetzt haben wir einen ganz anderen Trainer-Typ. Und ich muss mich neu beweisen, das ist jetzt meine persönliche Herausforderung.
Achim Beierlorzer hat nach dem FC-Spiel in Regensburg im Dezember, als Sie für den FC ein entscheidendes und sehr schönes Tor erzielt haben, von Ihnen geschwärmt. Er wirkte damals, als seien Sie ein Spieler, mit dem er gern einmal zusammenarbeiten würde. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?
Ich habe oft gegen ihn gespielt, mit Kiel hatte ich auch schon gegen Regensburg getroffen. Was allerdings viel interessanter ist: Wir hatten einmal eine Begegnung, als er während seiner Fußballlehrer-Ausbildung in Fürth hospitiert hat. Damals hatte ich in eine Phase, in der ich wenig gespielt habe. Da sind wir einmal von einem Hallenturnier zusammen nach Hause gefahren und hatten ein langes Gespräch, in dem er mir mitgegeben hat, dass ich meinen Weg weitergehen soll. Es ist schon eine lustige Geschichte, dass wir uns dann auf dem Platz als Gegner wiedergesehen haben – und jetzt in einem Team arbeiten. Das ist zwar lange her, aber ich habe es nicht vergessen und bin heute froh, dass ich jetzt einen neuen Trainer habe, der bereits meine starke Seite kennt.