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FC-Geschäftsführer geht vorzeitigWarten auf einen angemessenen Abschied für Wehrle

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FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle beim letzten Heimspiel gegen Frankfurt

Köln – Alexander Wehrle hatte am Mittwoch noch einen für ihn relativ normalen Arbeitstag in seinem Büro am Geißbockheim. Er führte einige Telefonate, hatte Meetings, arbeitete noch einiges ab. Er wird wahrscheinlich auch Anfang März zur Vorbereitung auf den DFB-Bundestag noch einmal am Grüngürtel vorbeischauen, doch dieser Mittwoch war der letzte offizielle Arbeitstag des scheidenden Geschäftsführers. Jedenfalls am Geißbockheim.

Bekanntlich kehrt der gebürtige Schwabe als Vorstandsvorsitzender zu seinem früheren Verein VfB Stuttgart zurück. Der in der Bundesliga abgestürzte und um den Klassenerhalt bangende Klub aus Cannstatt hätte es am liebsten, dass Wehrle lieber heute als morgen auf der VfB-Geschäftsstelle seine Arbeit aufnimmt, zumal dem beim VfB scheidenden Vorstandschef Thomas Hitzlsperger nicht mehr große Ambitionen nachgesagt werden. Auch der Abschied des ehemaligen Nationalspielers dürfte vorgezogen werden.

VfB will Wehrle lieber heute als morgen

In Köln war es bereits in den vergangenen Wochen ein offenes Geheimnis, dass Wehrle den FC nicht Mitte April, wie erst vom Kölner Vorstand erhofft, sondern bereits früher verlässt. Der Fahrplan ist nun folgender: In Köln ist ab Donnerstag erst einmal Karneval. Beim Auswärtsspiel der Kölner am Samstag in Fürth ist Wehrle nicht vor Ort. Am Rosenmontag werden der FC und sein Noch-Geschäftsführer am Karnevalszoch durch das Rhein-Energie-Stadion teilnehmen. Wehrle darf man ruhig als jeck bezeichnen, schließlich ist er seit Jahren Korpsmitglied bei der Bürgergarde „Blau-Gold“ und vor der Pandemie gern gesehener Gast auf Sitzungen. Danach verabschiedet sich Wehrle in einen Kurzurlaub.

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Doch der scheidende Geschäftsführer wird für den FC noch offizielle Aufgaben wahrnehmen: Das DFL-Präsidiumsmitglied wird an der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga am 8. März teilnehmen und den 1. FC Köln auch auf dem DFB-Bundestag am 11. März vertreten. Das ist sein letzter offizieller Termin für den Klub, für den er über neun Jahre tätig war – und dies überwiegend sehr erfolgreich.

Doch es bleibt ein Problem des FC, Abschiede von Führungskräften adäquat zu kommunizieren. Denn nach Informationen dieser Zeitung war eigentlich geplant, dass der Verein den gesamten Vorgang Dienstag kommender Woche in Form einer Pressemitteilung öffentlich kommunizieren wollte. Die wird es zwar weiterhin geben, doch der vorzeitige Abschied des 47-Jährigen sickerte durch Indiskretionen bereits vorher durch.

Die Partie am vergangenen Samstag gegen Eintracht Frankfurt dürfte somit Wehrles letztes FC-Heimspiel in offizieller Funktion gewesen sein. Immerhin ein Heimsieg zum Abschluss (1:0), wenn auch einer vor nur 10.000 zugelassenen Zuschauer. Sollte er ihn nicht unterbrechen, wird der 47-Jährige bei der nächsten Heimpartie am 6. März gegen die TSG Hoffenheim noch im Urlaub weilen.

Wehrle will „emotionale Distanz"

Am Rande des Kölner Siegs gegen Frankfurt hatte der Geschäftsführer bereits erklärt, dass er sich „vielleicht ein bisschen früher“ verabschiedet. „Ich versuche jetzt, ein bisschen emotionale Distanz aufzubauen. Das muss ich auch irgendwo, klar. Du kannst jetzt nicht samstags im einen Klub-Anzug, dann am nächsten Samstag im anderen Klub-Anzug dastehen. Das passt nicht. Ich brauche für mich da ein Stück weit auch in den nächsten Wochen den Abstand“, sagte Wehrle bei „Sky“.

Bleibt die Frage und auch die Aufgabe der Kölner Vereinsführung, einen langjährigen, verdienten Mitarbeiter, der in den vergangenen neun Jahren zu einem Gesicht des Klubs wurde, auch in einem würdigen Rahmen zu verabschieden. Und nicht nur mit ein paar netten Worten in einer Pressemitteilung. Ein Abschied im Stadion ist jetzt nicht mehr möglich.

Abschiedsfest nach der Saison?

Der Verein prüfte ein Abschiedsfest mit Vertretern der Stadtgesellschaft, der Politik, des Sports. Doch diese, so hieß es, lasse sich derzeit unter den aktuellen Pandemie-Bedingungen nicht realisieren. Doch die Verantwortlichen wollen nicht, dass das Fest aufgehoben, sondern nur aufgeschoben ist und bei einer günstigeren Corona-Lage doch noch über die Bühne geht. Womöglich erst nach der Saison.

Der neue Kölner Finanz-Geschäfsführer Philipp Türoff hat bereits Anfang Januardie Arbeit am Geißbockheim aufgenommen, Wehrle hat ihn noch eingearbeitet. Der ebenfalls neue Sport-Geschäftsführer Christian Keller steigt am 1. April beim Bundesligisten ein und beendet dann eine zehnmonatige Vakanz auf diesem Posten.

Mitte, Ende März wird Wehrle dann seine Arbeit in Stuttgart aufnehmen. Beim VfB wird er mit seinen Vorstandskollegen Thomas Ignatzi (Finanzen, Verwaltung und Operations) und Rouven Kasper (Marketing & Vertrieb) zusammenarbeiten. Beide sind noch nicht lange im Amt, Ignatzi seit August 2021, der vom FC Bayern nach Stuttgart gewechselte Kasper erst seit Januar. Über allem steht beim Traditionsverein die sportliche Situation. Und die ist prekär, Stuttgart hat aus den vergangenen acht Ligaspielen nur zwei Punkte geholt und ist Tabellenvorletzter – mit 16 Zählern Rückstand auf den FC. Auch damit hätte Wehrle vor einigen Monaten sicherlich nicht gerechnet.