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Erneuter Rückschlag1.FC Köln stürzt nach Niederlage gegen Paderborn in die Krise – Rückendeckung für Struber

Lesezeit 5 Minuten
Kölns Jan Thielmann (l) und Paderborns Sven Michel kämpfen um den Ball.

Kölns Jan Thielmann (l) und Paderborns Sven Michel kämpfen um den Ball.

Die Situation in Köln wird nach dem nächsten Rückschlag immer brenzliger. FC-Fans fordern die Entlassung von Sport-Geschäftsführer Keller.

Das Spiel war schon mehrere Minuten beendet und ein Teil der Südkurve noch da, da stand Christian Keller unweit dieser beim TV-Sender Sky Rede und Antwort. Die treuesten Fans des 1. FC Köln konnten den Ausführungen des Sport-Geschäftsführers aus der Ferne nicht wirklich lauschen, doch ihr Urteil hatten sie ohnehin gefällt. „Keller raus“, skandierten die Anhänger noch einmal lautstark. Noch einmal, da diese Rufe bereits vor dem Abpfiff nach dem erneuten Tiefschlag in die Magengrube zu vernehmen gewesen waren.

Wer gedacht hätte, der Bundesliga-Absteiger würde sich am Freitagabend im Heimspiel gegen den SC Paderborn für die peinliche 1:5-Pleite eine Woche zuvor in Darmstadt rehabilitieren, der sah sich bitter getäuscht. Die Mannschaft von Trainer Gerhard Struber verlor nach eigener Führung gegen die Ostwestfalen noch mit 1:2. Ein Traumtor von Jan Thielmann aus dem Nichts (66.) reichte nicht aus, da die Gäste durch zwei Tore des eingewechselten Stürmers Sven Michel (76./80.) die Partie noch zu ihren Gunsten drehten.

1.FC Köln: „Keller-raus“-Rufe nach nächster Niederlage

Der FC hatte zwar am Freitagabend über weite Strecken stabiler in der Defensive gestanden als beim Waterloo in Darmstadt, doch am Ende wieder durch individuelle Fehler vor allem seiner erfahrenen Spieler gepatzt. Die Folge: Der FC, der nach dem Bundesliga-Aufstieg die meisten Leistungsträger halten konnte, ist nur Tabellenzehnter und hat nur indiskutable zwölf von möglichen 30 Punkten geholt. Die Situation am Geißbockheim wird immer brenzliger, der Druck auf die Verantwortlichen größer. Die werden aber (vorerst) nicht reagieren.

Sportchef Keller, seit über zweieinhalb Jahren im Amt, denkt auch nicht an Aufgabe. „Leider haben wir wieder keine drei Punkte geholt. Die Menschen haben die Erwartungshaltung, dass wir in der 2. Bundesliga besser abschneiden. Da ist es klar, dass sich nun Wut, Enttäuschung und Verärgerung entladen muss. Jetzt geht es gegen mich. Das ist mir tatsächlich lieber, als wenn es gegen unsere Spieler geht. Die müssen am Dienstag schon wieder spielen“, erklärte Keller.

FC tritt defensiv stabiler auf, verliert dabei jedoch jede Torgefahr

Schon am Dienstag treffen die Kölner in der zweiten Pokalrunde auf Erstliga-Aufsteiger Holstein Kiel. Zum Spiel sagte Keller: „Wir wollten sehr viel Wert auf defensive Stabilität legen, das hat in Teilen auch ganz gut geklappt. Dann haben wir leider durch zwei Unachtsamkeiten zwei Gegentore kassiert. Und man danach hat man leider gemerkt, dass die Mannschaft durch das ganze Drumherum schon verunsichert ist und sie keine Lösungen mehr gefunden hat. Ich glaube schon, dass wir heute eine bessere Balance im Spiel hatten. Letztendlich war es aber nicht ausreichend.“

An seinem Wunschtrainer Struber, den er im Sommer geholt hatte, hält Keller fest: „Der Trainer ist gesetzt. Gerd macht einen guten Job. Es ist immer der Reflex, danach zu fragen, aber an ihm liegt es sicherlich nicht.“ Sichtlich enttäuscht zeigte sich auch Struber. „Wir werden unserem Anspruch in keiner Weise gerechnet.“ Der Coach appellierte an den Zusammenhalt in und rund um den Klub: „Die Situation ist herausfordernd und bedeutet für uns eine große Prüfung und ein hartes Brett. Ich kann nur an jeden einzelnen appellieren, die Mannschaft weiter zu unterstützen.“ Fraglich ist indes, ob die leidgeprüften Fans diese Geduld noch weiter besitzen.

Der Trainer ist gesetzt. Gerd macht einen guten Job. Es ist immer der Reflex, danach zu fragen, aber an ihm liegt es sicherlich nicht.“
Christian Keller, Geschäftsführer 1. FC Köln

Drei Tage lang hatte Trainer Struber nach der 1:5-Niederlage in Darmstadt, nach Sportchef Keller die Mannschaft zerlegt hatte („Desolat, bodenlos, fürchterlich“), seine Spieler hinter verschlossenen Türen auf das Paderborn-Spiel vorbereitet. Es musste schließlich etwas passieren, selten hatte sich der FC in der 2. Bundesliga so blamiert wie bei den Hessen, zudem war er auf Platz zehn abgestürzt. Nach den für jedermann sichtbaren Abwehrschwächen soll der Österreicher in den vergangenen Tagen auch die Umstellung von Viererabwehrkette auf Dreierkette ausprobiert haben.

Doch die Wechsel hielten sich allerdings in engen Grenzen. Überwiegend die Spieler, die in Darmstadt alles schuldig geblieben waren, bekamen die Chance zur Wiedergutmachung. Struber blieb zudem bei dem Viererverbund in der Defensive, hinten rechts kehrte Jan Thielmann wieder anstelle von Rasmus Carstensen in die Mannschaft zurück. Zudem fehlte Stürmer Damion Downs in der Startelf und im Kader – weil eine Erkältung seinen Einsatz unmöglich machte. Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic hat bekanntlich die Folgen seiner Mandel-Operation auskuriert und kehrte in die Mannschaft zurück.

Thielmann muss erneut als Rechtsverteidiger ran und trifft

Anstelle in der 4:2:2:2-Grundordnung liefen die Kölner im 4-2-3-1. Der FC war zu Beginn gewillt, sich für die Schmach zu rehabilitieren und ergriff die Initiative. Die erste große Chance besaß indes Paderborn, nachdem sich FC-Verteidiger Julian Pauli nach einer Flanke aus dem Halbfeld verschätzt hatte und der erst 17-jährige Debütant Luis Engelns freistehend den Ball nicht im Tor unterbrachte (10.). Die Kölner atmeten tief durch – und der erste Schwung war wieder passé. Überhaupt passierte wenig auf dem Rasen.

Erneut waren es die Gäste, die die Chance zur Führung besaßen, doch Jonas Urbig parierte aus kurzer Distanz stark gegen Filip Bilbija (34.). Der FC traute sich wenig zu, war fast nur auf Sicherheit bedacht. Doch selbst die Geduld der leidensfähigen FC-Fans ist endlich, bereits nach 37 Minuten skandierte die Südkurve: „Wir wollen euch kämpfen sehen.“ Das 0:0 zur Pause war schmeichelhaft, da Paderborn die einzigen echten Chancen besessen hatte.

Paderborn die gefährlichere Mannschaft gegen vorsichtige Kölner

Doch auch nach dem Wechsel änderte sich nicht viel am Spielverlauf. Das Kölner Aufbauspiel war träge, auch von Paderborn kam fast nichts. Die Partie plätscherte so vor sich hin, doch dann weckte Jan Thielmann mit einem Traumtor aus dem Nichts alle auf (66.). Per Volley traf der U21-Nationalspieler zur Führung.

Doch wer gedacht hatte, die Führung würde dem FC Sicherheit verleihen, der sah sich getäuscht. Paderborn schlug zurück – und zwar mit dem gerade erst eingewechselten Stürmer Sven Michel, der die FC-Abwehr um den erneut patzenden Kapitän Timo Hübers gleich zwei Mal alt aussehen ließ und die Kölner so in die Krise stürzte. Auch wenn die Verantwortlichen von dieser nichts wissen wollen.