Vorstand und Geschäftsführung erklären in klubeigener Podcast-Reihe ihre Version der Vorgänge, die zu Abstieg und Transfersperre führten.
1. FC Köln sucht die ÖffentlichkeitVorstand und Geschäftsführung wenden sich an die Fans
In Zeiten wie diesen fallen beim 1. FC Köln sogar die Stammtische spektakulär aus. Zum Treffen im Januar fanden sich rund 1000 Mitglieder des Klubs im Coloneum in Ossendorf ein. Die nächste Ausgabe am 12. Juni wird noch stärker besucht sein: Knapp 1800 Anmeldungen lagen Ende der vergangenen Woche vor.
Die Führung des 1. FC Köln offenbarte in den zurückliegenden Monaten nicht nur Schwächen beim Vermeiden und Lösen von Problemen. Auch die Kommunikation darüber geriet mehrfach tragisch. Daher darf als Schritt in die richtige Richtung gelten, dass Geschäftsführung und Vorstand eine Kommunikationsagentur engagiert haben, die nicht nur grundsätzlich beratend zur Seite steht. Sondern die nun im Auftrag der Klubspitze drei Podcast-Folgen produziert hat, um ausführlich darzulegen, wie es kommen konnte zu Transfersperre und Abstieg.
Emotional sei die Klubführung auch zwei Wochen nach dem Abstieg noch angefasst. „Ich muss sagen, ich fühle mich tatsächlich nicht gut, weil mir das brutal nahegeht“, sagt Christian Keller. Auch Präsident Werner Wolf leidet. „Es lässt mich nicht los, es belastet mich. Aber es ist unsere Aufgabe, den Karren aus dem Dreck zu kriegen. Da bin ich allerdings gut gestimmt, weil wir wirtschaftlich solide dastehen.“ Beim Stammtisch vor einem halben Jahr kündigte Wolf an, zeitnah ein Gutachten vorzulegen, in dem die Umstände dargestellt würden, die zur Verpflichtung des slowenischen Nachwuchsstürmers Jaka Potocnik und letztlich der Transfersperre geführt haben. Nun liegt diese Aufarbeitung vor.
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Das Gutachten bejahe eine „leichte Pflichtverletzung“ der im Januar 2022 amtierenden FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle und Philipp Türoff. Wehrle und Türoff hatten damals zwar einen Rechtsrat eingeholt. Dennoch habe man sich nicht ausreichend mit dem Sachverhalt befasst, um von der Haftung befreit zu sein. Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer könne der 1. FC Köln dennoch nicht geltend machen.
Etwas kurios mutet an, dass die beauftragte Kanzlei sich in der Rückschau „wundere“ über die „positiven juristischen Prognosen, die gegeben wurden“, wie Vizepräsident und Anwalt Carsten Wettich im Podcast zitiert. Die „Verwunderung“ entspricht dabei den Eindrücken der Tage nach dem Fifa-Urteil im Frühjahr 2023, als Medien, Fachleute und Öffentlichkeit fassungslos reagierten auf das Agieren der Kölner Klubspitze.
Türoff übernimmt Verantwortung
Die Kommentarlage war verheerend, und wer in den Tagen nach dem Fifa-Entscheid Zeitung las, erhielt einen guten Eindruck davon, wie chancenlos der FC in der Berufung vor dem Cas sein würde.
Dass weder Wehrle noch Türoff haften, liegt auch daran, dass es aus Sicht des Gutachters keinen im rechtlichen Sinne ersatzfähigen Schaden gibt. Zwar ist in etwa bekannt, was den 1. FC Köln ein Abstieg kostet. Allein an Fernsehgeld werden dem Klub mehr als 25 Millionen Euro entgehen – im ersten Zweitligajahr. Doch den Abstieg in einen direkten Zusammenhang mit der Transfersperre zu setzen, ist schwierig darstellbar, gerade angesichts der Kölner Misserfolge auf dem Transfermarkt in den vergangenen Jahren.
Philipp Türoff hat die stärksten Momente des Podcasts. Als der 48-Jährige, der Potocniks Vertrag im Januar 2022 unterschrieb, seine Einschätzung abgibt, tut er das uneingeschränkt ehrlich. „Es ist Aufgabe der Geschäftsführung, Schaden vom FC fernzuhalten. Hier ist Schaden entstanden, den ich als Teil der Geschäftsführung nicht verhindert habe. Wir haben das falsch eingeschätzt“, sagt er.
Christian Keller erbte den Vorgang im April 2022. Im folgenden August gab es einen Versuch, sich mit Ljubljana zu einigen. Damals reisten der deutsche Eigner von Olimpija und sein Vizepräsident aus München nach Köln. Und zitierten ein Angebot des prominenten Fußballer-Agenten Andy Bara, in dem der erklärte, er wolle Potocnik für 2,5 Millionen Euro aus Ljubljana zu Dinamo Zagreb vermitteln. Dieses offenbar im Nachgang schriftlich fixierte Angebot, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, nennen die Kölner eine Fälschung und stützen sich dabei auf die Erklärung der späteren Vorstandsvorsitzenden Dinamos, Vlatka Peras.
Peras ist nach Untreuevorwürfen schon wieder ihres Amtes enthoben, überhaupt sei die 47-Jährige ehemalige Assistentin des langjährigen Dinamo-Vorsitzenden Zdravko Mamic nie in internationale Transfers eingebunden gewesen. Mamic wurde im Jahr 2018 wegen Steuervergehen zu einer Haftstrafe verurteilt und lebt seitdem in Bosnien. Dennoch habe er aus dem Exil weiter alle Fäden in der Hand gehabt und auch Potocniks Wechsel vorbereitet.
Das ist jedenfalls die Version, die aus Slowenien und Kroatien zu hören ist und die Andy Bara eigentlich in Lausanne darstellen sollte. Doch weil die Kölner ohnehin chancenlos gewesen seien und Bara seine Geschäftsaussichten auf dem deutschen Markt nicht eintrüben wollte, fehlte er letztlich so spontan wie unentschuldigt. Peras dagegen sagte aus – und erklärte, nichts von den 2,5 Millionen gewusst zu haben. Entscheidenden Einfluss auf das Urteil hatte diese Aussage allerdings nicht mehr.
Beim FC bleibt man bei der Darstellung, Ljubljana habe auf falscher Grundlage eine Ablöse von 2,5 Millionen Euro verlangt. Beides bestreitet die Spitze von Olimpija Ljubljana. Man habe nie 2,5 Millionen verlangt – allein aus dem Wissen, dass der 1. FC Köln im Sommer 2022 nicht annähernd über diese Mittel verfügte.
Angebot von bis zu 500 000 Euro Keller erklärte im Podcast, er habe für den damals 16-jährigen Potocnik ein erstes Angebot von inklusive variabler Zahlungen bis zu 500.000 Euro vorgelegt. Das sei ein Vielfaches des Marktwertes gewesen, womit Keller unterstrich, dass er sehr wohl gesehen habe, dass er nicht nur einen Spieler kaufen, sondern auch eine gewaltige Gefahr abzuwehren versuchte. Das Gutachten sagt dazu nichts – rechtlich ließ sich Keller damals ohnehin nichts zuschulden kommen. Dass es ihm nicht gelang, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, wäre allenfalls schlechtes Management, kein Rechtsverstoß.
Nach der Niederlage vor dem Fifa-Tribunal hatten die Kölner die Rechtsberatung gewechselt und den wenig überraschenden Hinweis erhalten, sich fortan darauf zu konzentrieren, eine Einigung mit Olimpija zu erreichen. Die Fifa hatte allerdings zuvor erklärt, alles dafür tun zu wollen, dass ihr Urteil Bestand hat.
Zwar hätten der 1. FC Köln und Olimpija Ljubljana eine Einigung erzielen können, gegen die auch die Fifa letztlich machtlos gewesen wäre. Doch dafür hätten die Slowenen ihre Rechtsposition enorm anpassen müssen, was Klub-Eigner Adam Delius im letzten Moment und unter rätselhaften Umständen verweigerte. Er sei nicht bereit zu lügen, hieß es.
Keller hat das alles nicht gewollt. „Ich ärgere mich am meisten darüber, denn ich bin als Sportgeschäftsführer am meisten davon betroffen. Deshalb wäre es doch mein Interesse gewesen, dass diese Sperre nicht eintritt.“
Die Umstände der gescheiterten Einigung seien „das Irrationalste gewesen“, das er in seinem Berufsleben bislang erlebt habe. Für Keller bleibt am Ende bestehen: „Wir haben alles versucht, aber es ging einfach nicht.“