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FC verzichtet auf RückkaufTalent Jens Castrop kehrt nicht nach Köln zurück

Lesezeit 4 Minuten
Jens Castrop war in der zurückliegenden Saison der jüngste Stammspieler der Zweiten Liga.

Jens Castrop war in der zurückliegenden Saison der jüngste Stammspieler der Zweiten Liga.

Jens Castrop kann zufrieden sein mit der vergangenen Saison. Der 19-Jährige und seine Karriereplaner haben mit der Entscheidung, den Nachwuchsspieler im Winter 2022 für anderthalb Spielzeiten an den 1. FC Nürnberg zu verleihen, einen Treffer gelandet: In der abgelaufenen Zweitliga-Saison gab es keinen Fußballer unter 20 mit mehr Spielminuten als Jens Castrop, der damit jüngster Stammspieler im Unterhaus war.

Im Jahr 2019 hatte Castrop mit dem 1. FC Köln die Deutsche Meisterschaft der B-Junioren gewonnen. In Franken gelang ihm der Durchbruch im Erwachsenenfußball. Allerdings endet die Leihe in diesem Sommer. Nürnberg hat eine Kaufoption über 450 000 Euro. Der 1. FC Köln hatte wiederum die Möglichkeit, diese Option zu kontern und Castrop für dann weitere 450 000 Euro zurückzukaufen.

Jens Castrop wird in der kommenden Saison nicht beim 1. FC Köln unter Vertrag stehen. Wir bestätigen, dass der 1. FC Nürnberg den Spieler auch über den 30. Juni hinaus verpflichtet hat
Mitteilung des 1. FC Köln

Doch davon hat der FC Abstand genommen. Zwar sucht der Verein für die kommende Saison unter anderem noch einen Rechtsverteidiger und einen defensiven Mittelfeldspieler, also Spieler für die Positionen, auf denen Castrop in der vergangenen Saison überwiegend eingesetzt wurde. Dennoch ließ man die Chance verstreichen, Castrop zu binden. „Jens Castrop wird in der kommenden Saison nicht beim 1. FC Köln unter Vertrag stehen. Wir bestätigen, dass der 1. FC Nürnberg den Spieler auch über den 30. Juni hinaus verpflichtet hat. Weitergehende Infos werden wir dazu nicht geben, weil wir wie gewohnt keine Vertragsdetails thematisieren wollen“, teilte der Klub mit.

Dabei wäre es grundsätzlich denkbar gewesen, den Spieler als Investition zu sehen. Der gebürtige Düsseldorfer hat durchaus Marktwert-Potenzial, und der 1. FC Köln versteht sich als Verein, der nachhaltig Werte schaffen möchte, indem er Fußballer aus dem eigenen Nachwuchs zu Profis entwickelt und womöglich verkauft. Castrop ist aktueller U20-Nationalspieler und dürfte schon bald in den Kader der deutschen U21 aufsteigen. Das würde die Aufmerksamkeit noch einmal vergrößern. Doch hat der gebürtige Düsseldorfer, der in seiner Jugend auch Tennis auf höchstem Niveau spielte, weitere Möglichkeiten: Denn Castrops Mutter stammt aus Korea. Daher ist Jens Castrop mittlerweile im Kandidatenkreis für die koreanische Nationalmannschaft gelandet.

Trainer der Koreaner ist seit März dieses Jahres Jürgen Klinsmann. Der Weltmeister von 1990 soll Korea zur Weltmeisterschaft 2026 führen und sucht auch im deutschen Profifußball nach Kandidaten. Torwarttrainer der Koreaner ist Andreas Köpke, mit dessen Sohn Pascal Jens Castrop beim FCN spielte. Der Kontakt war also leicht herzustellen, und es gab bereits erste Gespräche über ein Engagement Castrops in Koreas Auswahl.

Nun ist Korea im Fußball längst keine Außenseiternation mehr. Mit Profis wie Tottenhams Heung-min Son oder Verteidiger Min-jae Kim von Italiens Meister SSC Neapel, der in diesen Tagen mit einem Wechsel zum FC Bayern in Verbindung gebracht wird, stehen mehrere internationale Stars in Koreas Aufgebot. Einsätze in der A-Nationalmannschaft dürften Castrops Marktwertentwicklung daher weiter treiben.

Wobei es in den Sozialen Medien auch Kritik an Klinsmanns Blick auf den deutschen Fußball gab – und hässliche Kommentare: Auf einen „Mischling“ könne das Team Korea gern verzichten, zumal Castrop nicht einmal „gut genug für die deutsche Nationalmannschaft“ sei, schrieb ein Nutzer bei Twitter.

Der 1. FC Köln hätte also eine durchaus aussichtsreiche Wette eingehen können auf eine Wertsteigerung des Spielers. Doch geht es bei der Kaderplanung um mehr als bloß künftige Transferwerte. Der FC braucht schließlich eine funktionierende Bundesliga-Mannschaft, und offenbar ist es so, dass man in Castrop zwar einen Fußballer sieht, der auf mehreren Positionen einsetzbar ist. Der aber auf keiner dieser Positionen stark genug ist, um nachhaltig einen Platz im FC-Kader zu erobern.

Tatsächlich waren Castrops Werte nicht unbedingt überragend. In einer Nürnberger Mannschaft, die mit 39 Punkten auf Rang 14 einlief, war er zwar Stammspieler, ohne allerdings dabei zu überragen. Für das defensive Mittelfeld verpflichtete Köln in der vergangenen Woche bereits Jacob Christensen, weitere Verpflichtungen sollen folgen. Offenbar hat der FC andere Pläne. Und freut sich vorerst über eine Ablöse von rund einer halben Million Euro für einen selbst ausgebildeten Spieler.