Köln – Am Montagvormittag wurde beim 1. FC Köln intern vieles aufgearbeitet. Die Schwächen im Spielaufbau beim 2:2 im Derby gegen Fortuna Düsseldorf, die Anfälligkeit bei Kontern, die dürftige Laufbereitschaft, auch der teaminterne Zwist zwischen Mark Uth und Jhon Córdoba vor der Ausführung des Elfmeters beim Stand von 0:1. Aber auch Positives: Das Comeback nach einem Zwei-Tore-Rückstand dank großer Moral. Oder die große Stärke in der Luft, denn erneut war der FC durch zwei Kopfballtore von Anthony Modeste und Córdoba erfolgreich.
Positiv ist auch, dass der Bundesliga-Aufsteiger durch die zwei Unentschieden in den zurückliegenden zwei Geister-Heimspielen gegen Mainz (2:2) und Düsseldorf in der Tabelle nach unten nichts anbrennen lassen hat. Fortuna wurde durch den Ausgleich von Córdoba in der Nachspielzeit auf Distanz gehalten, zehn Punkte beträgt der Vorsprung vor dem Relegationsplatz. Das große Ziel, der Klassenerhalt, ist dem Aufsteiger fast nicht mehr zu nehmen.
„Müssen auf dem Boden bleiben"
Doch die Erwartungshaltung vor den beiden Partien war nach dem Höhenflug zuletzt eine andere. Sportchef Horst Heldt machte keinen Hehl daraus, dass ihm und auch der Mannschaft die zuletzt gezeigten Leistungen über weite Strecken nicht gefallen haben. Man hat mittlerweile andere Ansprüche. Doch Heldt befand auch: „Wir sind absolut im Soll und wissen, wo wir herkommen.“ Torhüter Timo Horn konnte den Gedanken von einer möglichen Qualifikation für den Europapokal ohnehin nichts abgewinnen. „Ich bin davon weit entfernt. Wir wollen erstmal den Klassenerhalt schaffen. Wir müssen schon auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Vor vier oder fünf Monaten sah alles noch ganz anders aus.“
Diese Einschätzung ist nach dem katastrophalen Saisonstart und dem dann folgenden Aufschwung unter Trainer Markus Gisdol noch immer richtig. Allerdings sah zuletzt auch wieder der Kölner Fußball wie der von vor vier, fünf Monaten aus. Nach der Corona-Zwangspause und dem bereits fast feststehenden Klassenerhalt wirkt die Mannschaft nicht mehr so gierig, willig, dynamisch, wie es in den Wochen zuvor der Fall war. Fast so, als seien ihr die Ziele abhandengekommen. Die Spieler machten einen Schritt weniger als der Gegner, das Düsseldorfer Team lief insgesamt fast sechs Kilometer mehr als das der Kölner. Vor der Pause hatten die Spieler die klaren Vorgaben des Trainers genau umgesetzt, jetzt wirkten einige Akteure bei eigenem Ballbesitz doch reichlich konfus, die Laufwegen stimmten längst nicht mehr. Das alles erinnerte an die längst überwunden geglaubten Zeiten unter Ex-Trainer Achim Beierlorzer. Der große Unterschied zu damals: Die Situation in der Tabelle ist eine ganz andere.
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Gegen Mainz und Düsseldorf, gewiss keine Schwergewichte der Liga, zeigte sich aber auch eindeutig, dass sich die Kölner Mannschaft mit dem Umstand der fehlenden Unterstützung durch die Fans sehr schwer tut. Diesen beklagen zwar auch andere Teams, doch bei einem Aufsteiger, der zuvor regelmäßig von mehr als 45000 Heimfans angetrieben wurde, wirkt sich der fehlende Heimvorteil wohl stärker aus.
Verantwortliche wollen Abläufe ändern
„Gerade hier in Köln lösen Heimspiele sehr viel aus. Vor allem dann, wenn man erfolgreich ist. Vor Corona wurden wir von den Fans getragen. Die Spieler sind keine stupiden Roboter und haben mit der Situation erkennbare Probleme“, gestand Heldt. Selbst die zuvor so unbekümmerten Nachwuchsspieler wie Noah Katterbach, Ismail Jakobs und Jan Thielmann, die vor ihrer Blitz-Karriere bei den Profis nur vor wenigen Zuschauern gespielt hatten, haben offenbar an der Situation zu knabbern. Deshalb überlegen Heldt und Gisdol, an den Abläufen vor den Heimspielen etwas zu verändern. „Da müssen wir eine Idee entwickeln, wie wir das ausblenden. Das ist Psychologie, was da gerade abläuft“, erklärte Heldt.
Gisdols Spielweise entschlüsselt?
Der Trainer hatte schon nach dem Abpfiff Ursachenforschung betrieben und einen weiteren Grund ausgemacht. Die Gegner stellten sich mittlerweile besser auf die Spielweise seines Teams ein. „Fortuna hat unseren Spielaufbau gut gelesen. Nach einer sehr erfolgreichen Zeit für uns mit vielen Siegen finden Gegner gute Mittel. Für uns ist es wichtig, daraus zu lernen und andere Mechanismen zu entwickeln, um uns nicht verunsichern zu lassen“, sagte Gisdol.
Eine Verunsicherung war auch Mark Uth beim Elfmeter anzumerken, den er beim Stand von 0:1 nicht verwandelte. Vorausgegangen war ein Zoff um dessen Ausführung mit Córdoba. Uth bemängelte die Kommunikation. „Es hatte keine Ansage gegeben, wer schießen soll.“ Einen „Stuhlkreis“, wie Kapitän Jonas Hector zur Lösung des Problems angeregt hatte, gab es am Geißbockheim zwar nicht. Aber eine Aussprache, wie Horst Heldt anmerkte: „Wir haben das miteinander besprochen.“ Mehr wollte der Sportchef nicht verraten und fügte lieber ironisch an: „Es ist klar, dass ich der nächste Schütze bin.“ Doch den letzten von insgesamt 14 verwandelten Elfmetern hatte der frühere Mittelfeldspieler am 7. November 2004 für den VfB Stuttgart gegen Hansa Rostock versenkt. Der 1. FC Köln verzichtete auch darauf, den heute 50-Jährigen für den Spielbetrieb zu melden.
In der Luft ist der FC unübertroffen
In der Luft ist der FC in der Bundesliga unübertroffen: Beim 2:2 gegen Düsseldorf erzielte der Aufsteiger beide Tore per Kopf – insgesamt waren es die Kopfballtreffer 13 und 14 in dieser Bundesliga-Saison. Beide Treffer bereitete der eingewechselte Dominick Drexler vor und gab damit so viele Torvorlagen wie in seinen ersten 20 Bundesliga-Partien zusammen.Während Torerfolge für den Córdoba in dieser Saison die Regel sind (der Kolumbianer erzielte bereits elf Treffer), so waren die Zeiten zuletzt für Drexler und Modeste weniger erfolgreich. Drexler stand in den vergangenen sechs Partien nicht mehr in der Startelf, deutete aber bereits durch seine engagierte zweite Halbzeit gegen Mainz an, wie wertvoll er sein kann. Gegen Düsseldorf waren seine beiden Flanken dann entscheidend.
Beim 1:2 hatte der 29-jährige für Modeste vorbereitet. Der beendete seine Durststrecke: Erstmals seit dem 31. August traf der Stürmer wieder. Danach kam er über die Rolle des Ergänzungsspielers nicht mehr hinaus. „Heute hat man gesehen: Tony wollte unbedingt was bewegen. Er hatte ja noch ein, zwei gute Aktionen. Das war einer der wirklich positiven Aspekte“, lobte Trainer Markus Gisdol. (LW)