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Nach Debakel gegen Leipzig1. FC Köln reist zur Krisenbewältigung in den Sonnenschein

Lesezeit 5 Minuten
Timo Schultz will seine Elf in Spanien auf den Endspurt in der Bundesliga vorbereiten. (Archivbild)

Timo Schultz will seine Elf in Spanien auf den Endspurt in der Bundesliga vorbereiten. (Archivbild)

Der 1. FC Köln reist nach dem Debakel gegen Leipzig und dem Sturz auf Rang 17 ins Trainingslager nach Spanien.

Der Blick auf die Wettervorhersage gehört zur seriösen Vorbereitung einer jeden Reise, und tatsächlich fliegt der 1. FC Köln am Montag in die pralle Sonne. Für Algorfa in der Region Alicante sind zum Wochenbeginn 28 Grad bei allenfalls leichter Bewölkung angesagt. Das sind Temperaturen, bei denen ein Trainer seine Mannschaft zur Erläuterung komplexerer Zusammenhänge auch mal eine Weile auf dem Platz stehen lassen kann, ohne dass sich die Spieler gleich erkälten. Wobei auch im Grüngürtel längst der Frühling einzieht. Die Kölner fliehen in der anstehenden Länderspielpause nicht vor Frost und tiefen Böden. Es geht darum, als Gruppe noch einmal neu zusammenzufinden vor der letzten Saisonphase, in der es nach den Ergebnissen dieses Wochenendes wohl endgültig nur noch um den Relegationsplatz gehen wird.

Eine Woche lang werden sich die Kölner in Spanien auf die verbleibenden acht Partien vorbereiten, zeitlich passt die Pause bestens: Nach dem 1:5 (1:1) vom Freitagabend gegen RB Leipzig haben die Kölner auf einem direkten Abstiegsplatz aufgesetzt. Am freien Wochenende sollten die FC-Profis versuchen, die Niederlage aus den Köpfen zu bekommen, wie Trainer Timo Schultz es ihnen aufgetragen hatte. Am Montag wird es dann ernst.

Tage der Einkehr in Spanien sollen die Aufmerksamkeit schärfen

Viel Schlaf, gutes Essen und keine Ablenkung durch Familie, Berater und Frisöre sollen den Kölner Profis helfen, bereit zu sein für die Aufholjagd, die mindestens auf Rang 16 führen soll, der nach derzeitigem Stand ein Wiedersehen mit Steffen Baumgart bedeutete, der mit dem Hamburger SV die Relegation ansteuert.

Durch den Mainzer Sieg am Samstag über den VfL Bochum hat sich das Tabellenbild aus Kölner Sicht noch einmal verfinstert. Doch Christian Keller mochte noch nicht in Panik verfallen, immerhin ist das untere Tabellendrittel nicht weiter auseinandergedriftet. „Bochum ist auch nicht weit weg, wir haben sie noch daheim. Sieben Punkte Rückstand klingt viel, aber wir müssen einfach mal zwei Spiele am Stück gewinnen, dann sieht die Welt vielleicht schon wieder anders aus. Ich würde den direkten Klassenerhalt nicht aufgeben wollen, dafür sind noch zu viele Spiele“, befand der Geschäftsführer.

Bis zur Länderspielpause wollten wir in Schlagdistanz sein. Dann haben wir sieben von acht Spielen gegen Gegner, vor denen wir uns nicht verstecken müssen
FC-Geschäftsführer Christian Keller

Zuletzt haben sich die Kölner jedoch nicht gerade als Seriensieger angeboten. Zehn Partien haben sie absolviert, seit Timo Schultz zum Jahresbeginn die Verantwortung übernahm. Nur eine davon haben sie gewonnen, was zu wenig ist, aber im Rahmen dessen, was die sportliche Führung als eine Art Plan darstellt. „Wir hatten ein sehr, sehr hartes Auftaktprogramm. Bis zur Länderspielpause wollten wir in Schlagdistanz sein. Dann haben wir sieben von acht Spielen gegen Gegner, vor denen wir uns nicht verstecken müssen“, sagte Keller am Freitag und klammerte die Partie gegen den FC Bayern am 29. Spieltag explizit aus. Aber die Spiele zuvor in Augsburg und daheim gegen Bochum – die will man gewinnen. Doch dazu muss ein anderer Auftritt her als gegen Leipzig. Denn Keller war nicht bereit, das 1:5 allein mit der Klasse des Gegners zu erklären.

Der Sportchef ist ein Mann klarer Aussagen, und am Freitag positionierte er sich einmal mehr deutlich. Der Gegner spiele „in einer anderen Liga als wir“, was vorerst zwar nicht den Tatsachen entspricht, doch wurde klar, wie es gemeint war. Gegen eine Mannschaft von der Qualität der Leipziger reiche es nicht, wenn „man in den entscheidenden Zweikämpfen nicht da ist, nicht die Präsenz hat“, beschrieb Keller. Die Kölner hatten sich „mehrfach abkochen“ lassen, beschrieb Keller, „entsprechend sind wir abgeschossen worden“.

Geschäftsführer Christian Keller erlebt schwierige Zeiten mit dem 1. FC Köln.

Geschäftsführer Christian Keller erlebt schwierige Zeiten mit dem 1. FC Köln.

Der 47-Jährige betrieb eine schonungslose Aufarbeitung, beschrieb etwa Opendas Treffer zum 3:1, als Rasmus Carstensen auf der rechten Kölner Abwehrseite einen beinahe kindischen Zweikampf mit Nationalspieler David Raum versucht hatte. Oder das 1:4, als Köln einen Eckball lausig verteidigte und den Rückraum nicht besetzte; „da waren nur Leipziger“, jammerte Keller.

Er hätte weitere Fehler nennen können, etwa das kollektive Abwehrversagen beim 1:5. Doch nach dem 26. Spieltag mochte man sich auf Kölner Seite nicht weiter damit aufhalten, dass man gegen eine Champions-League-Mannschaft untergegangen war. Lieber richteten die Verantwortlichen den Blick auf die anstehenden Aufgaben gegen Teams, die man eher auf Augenhöhe vermutet. Köln benötigt Siege, und angesichts der jüngsten Bilanz wird es dazu mehr brauchen als bloß das Gefühl von Gleichwertigkeit. „Wir waren zuletzt regelmäßig auf Augenhöhe, haben es aber außer gegen Frankfurt nicht geschafft, die Spiele zu gewinnen. Wenn einem immer ein Ticken fehlt, ist es irgendwann auch kein Zufall mehr“, sagte Keller und zerlegte die Kölner Mannschaft eine Stunde nach Schlusspfiff ein weiteres Mal.

Für einen Überraschungssieg wäre noch deutlich mehr nötig gewesen als nur besagter „Ticken“. Jedenfalls stellte es Keller so dar, als er von „Basiselementen“ sprach: In den Zweikämpfen habe die „Schärfe und die Präsenz“ gefehlt. Doch auch im Ballbesitz hatte Köln versagt: „Wenn ich die Umschaltmomente sehe, kann man die auch besser ausspielen. Aber wir spielen zu früh, zu unpräzise. Das sind die Momente, die einem Spiel eine Richtung geben können“, sagte Keller und sprach damit immerhin ein Thema an, das auf dem Trainingsplatz besser einzuüben ist als die grundsätzliche Zweikampfhärte. Timo Schultz hatte seine Befürchtung öffentlich gemacht, mit einem zweifelhaften Titel abzusteigen. „Wir waren lange Zeit zweiter in der Fairplay-Tabelle. Ich will keinen Fairplay-Preis gewinnen. Wir möchten auch keinen umtreten. Aber wir brauchen eine gesunde Härte und viel mehr Power in den Zweikämpfen.“

Die Partie gegen eine Leipziger Mannschaft, die „gegen Real Madrid in drei von vier Halbzeiten überlegen war“, wollte Schultz nicht weiter analysieren. Lieber widmete er sich den anstehenden Spielen, in denen zuletzt kranke, verletzte und gesperrte Spieler zurückkehren werden. „Wir müssen uns sammeln und Anlauf nehmen für den Rest der Saison“, beschrieb der Trainer, „dann werden wir ein anderes Gesicht zeigen“. Die Tabelle gebe ausreichend Anlass zur Hoffnung. „Wir sind absolut in Schlagweite, haben alles in der eigenen Hand. Deswegen gehen wir den Rest der Saison absolut optimistisch an.“