Der Abstieg steht fest, der 1. FC Köln geht mit einer umstrittenen Führungsmannschaft in die Phase der Aufarbeitung.
Phase der AufarbeitungWie es beim 1. FC Köln nach dem siebten Abstieg weitergeht
Der siebte Abstieg des 1. FC Köln ist perfekt. Nach dem 1:4 am Samstag beim 1. FC Heidenheim muss der dreimalige Deutsche Meister den Gang in die Zweite Liga antreten. Das Ergebnis beim Aufsteiger war zwar nicht mehr ausschlaggebend, weil Union Berlin sein Heimspiel gegen Freiburg gewann. Dennoch wird das indiskutable Auftreten der Kölner nicht ohne Folgen bleiben.
Was macht der Vorstand?
Der Verein verbreitete am Samstagabend ein Statement des Präsidenten. „Das tut mir als FC-Präsident und als Fan richtig weh. Wie alle im Verein, alle Fans, die ganze Stadt, hätten wir uns einen anderen Ausgang gewünscht und können den Frust über diesen Abstieg verstehen“, hieß es da, während der Präsident noch auf dem Rückweg aus Heidenheim war.
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Wolf hatte bereits vor dem Spiel gegen Freiburg (0:0) Ende April in einem Interview mit der eigenen Medienabteilung erklärt, man wolle „den Teufelskreis opportunistischer Maßnahmen der vergangenen rund 35 Jahre durchbrechen“. Wolf schloss personelle Konsequenzen aus, man werde „den Rufen nach Rücktritten und Entlassungen nicht nachgeben“. Offenbar empfindet es die Klubspitze als Nachweis von Stärke, einer der schwächsten Spielzeiten der Vereinsgeschichte und dem Abstieg nach fünf Erstligajahren keine Konsequenzen folgen zu lassen. Am Montag erneuerte Wolf am Rande des Bundesligaspiels der FC-Frauen diese Absicht. Die Frage ist, ob Wolf und seine Mitstreiter ihre Linie werden durchhalten können.
Welche Rolle spielen die Gremien?
Der Mitgliederrat kontrolliert die Arbeit des Vorstands, allerdings ist das 15-Personen-Gremium derzeit wenig geschlossen. Anfang Mai sollte Harald Konopka wegen seiner engen Verbindungen zu Vorstandskritiker Dieter Prestin bereits aus dem Amt gedrängt werden, dabei war der Doublesieger von 1978 der Mann, der bei der Wahl im Jahr 2021 das mit Abstand beste Ergebnis aller Kandidaten erreichte. Die Trennung ist vorerst ausgesetzt.
Ob es eine gemeinsame Haltung gibt oder gar eine kurzfristige Erklärung zum Vorstand geplant ist, ist offen. Der Mitgliederrat gibt sich zwar gern ansprechbar. Doch eine gemeinsame Linie wird den Mitgliedern nicht kommuniziert. Klar ist, dass es auch im Mitgliederrat Vorstandskritiker gibt. Mancher stellt sogar offen infrage, ob es nicht grundsätzlich zu viel Macht bedeutet, das alleinige Vorschlagsrecht für ein Vorstandsteam zu haben. Denkbar wäre schließlich auch, dass der Mitgliederrat eine Vor-Auswahl trifft, um dann formal geeignete Teams in einem Wettstreit der Ideen gegeneinander antreten zu lassen. Diesen Teil der demokratischen Meinungsbildung fürchtet man beim 1. FC Köln jedoch. Nur so ist zu erklären, dass seit fünf Jahren ein Vorstand amtiert, dessen öffentliches Auftreten derart ungeschickt ist. Gegen ein starkes Konkurrenzteam wären diese Mängel früher offenbar geworden. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass sich geeignete Teams mit Branchenkenntnis und Netzwerk schwertun, sich in der aktuellen Kölner Vereinsstruktur zur Verfügung zu stellen.
Auch der Beirat, den der Vorstand als unterstützendes Gremium selbst besetzt und dessen Vorsitzender einen Sitz im Gemeinsamen Ausschuss hat, dem mächtigsten Gremium des Vereins, wird nach dem Abstieg Diskussionen führen. Das Gremium, das den Vorstand mit „persönlicher Expertise“ unterstützen soll, ist mit prominenten Persönlichkeiten der Kölner Stadtgesellschaft besetzt. Die können es sich nicht leisten, mit einem 1. FC Köln in Verbindung zu stehen, der sich vom Leistungsgedanken verabschiedet und dabei so tut, als sei das der Ausweis einer moralischen Überlegenheit.
Die Geschäftsführung
Der Vorstand hat in den vergangenen Jahren die Positionen des Sport- und des Finanzchefs neu besetzt. Für Horst Heldt kam Christian Keller, nachdem der zwischen den Jobs in Regensburg und Köln eine Auszeit genommen hatte. Alexander Wehrle wurde durch Philipp Türoff ersetzt. Außerdem erweiterte der Vorstand die Geschäftsführung um Markus Rejek. „Der Vorstand steht zu 100 Prozent hinter der Geschäftsführung“, sagte Wolf in seinem Interview. Angesichts der dramatischen Bilanz des Sportgeschäftsführers ist das eine kühne Aussage. Im Vergleich zu Kellers Dienstbeginn vor zwei Jahren kostet der Lizenzspielerkader zwar nun ein Drittel weniger. Fuhr aber auch nur halb so viele Punkte ein wie in der Saison 2021/22. Derart günstig ist der Kölner Kader mittlerweile, dass Keller sogar Topverdiener der Lizenzsspieler-Abteilung gewesen sein dürfte. Allerdings werden auch die Bezüge des Sportchefs in der Zweiten Liga deutlich reduziert werden.
Finanzchef Türoff setzte einst seine Unterschrift unter Jaka Potocniks so folgenreichen Vertrag – im Wissen, einen Tatsbestand zu erfüllen, für den die Fifa-Statuten eine Transfersperre vorsehen. Zu glauben, man käme mit einer milden Strafe davon, war kein unternehmerisches Ermessen des damals gerade erst ins Amt gekommenen Geschäftsführers. Es wird Teil der weiteren Aufarbeitung des Potocnik-Desasters sein, Türoffs Rolle in den Vorgängen des 31. Januar 2022 zu klären. Vor Abschluss dieser Aufarbeitung den Mitgliedern Fakten vorzusetzen, zeugt vom Selbstverständnis der Klubführung. Offenbar ist nicht vorgesehen, Fehler zu finden.
Bleibt Trainer Timo Schultz?
Der Ostfriese war deutlich pflegeleichter als Steffen Baumgart, der kurz vor seiner Entlassung im Dezember die Vereinsführung aufgerufen hatte, „Geld zu besorgen“. Ein rührendes Bonmot, das wie der verzweifelte Versuch klang, den 1. FC Köln daran zu erinnern, dass man im Hochleistungswettbewerb Bundesliga nicht mit Haltung und Konzepten besteht. Sondern es einen Zusammenhang gibt zwischen finanziellem Aufwand und sportlichem Erfolg. Schultz ließ sich auf den Kader und dessen Schwächen ein, setzte auf die Jugend, war fleißig und freundlich und benannte auch die fußballerischen Problemfelder der Mannschaft. Doch gelang es ihm in 18 Spielen nicht, die Wende zu schaffen. Im Gegenteil waren auch die späten Siege gegen Bochum und Union Berlin nicht das Ergebnis einer erfolgreich umgesetzten Offensivstrategie.
Schultz' Vertrag endet mit dieser Saison, eine Weiterbeschäftigung scheint ausgeschlossen. Nach dem Totalschaden in Heidenheim ginge der Trainer ohne Kredit in eine komplizierte Zweitligasaison.
Nach der Trennung von Schultz werden sich die nächsten Fragen ergeben: Wird der Vorstand tatsächlich Christian Keller einen weiteren Trainer verpflichten lassen? Der ehemalige FC-Profi und derzeitige Trainer des Karlsruher SC, Christian Eichner, gilt längst als Kandidat. Doch wollen die Mitglieder dem Vorstand das alles noch verantworten lassen? Bislang hat nur Dieter Prestin öffentlich bekannt, das Präsidium ablösen zu wollen. Ob der 67-Jährige in der Lage ist, Bewegung in den Verein zu bringen, wird sich zeigen, sobald er Team und Konzept präsentiert. Womöglich steigt der Druck aber auch ohne Prestins Zutun, wenngleich der Vorstand am Pfingstmontag durchblicken ließ, man werde sich „nicht treiben lassen“.