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Reaktion auf Fifa-UrteilDer 1. FC Köln weist alle Schuld von sich

Lesezeit 4 Minuten
FC-Geschäftsführer Christian Keller muss mit den Folgen des Transfers von Jaka Cuber Potocnik im Jahr 2022 aus Ljubljana nach Köln leben, obwohl er damals noch nicht amtierte.

FC-Geschäftsführer Christian Keller muss mit den Folgen des Transfers von Jaka Cuber Potocnik im Jahr 2022 aus Ljubljana nach Köln leben, obwohl er damals noch nicht amtierte.

Am Tag nach dem Urteil des Fußball-Weltverbands spricht der Geschäftsführer des 1. FC Köln von einem „absurden Urteil“ und einer „Farce“.

Christian Keller amtierte zwar noch nicht, als der 1. FC Köln im Januar 2022 den damals 16-jährigen slowenischen Angreifer Jaka Cuber Potocnik einen Tag nach dessen Kündigung bei Olimpija Ljubljana unter Vertrag nahm und sich damit einem Risiko aussetzte, das sich nun realisierte. Dennoch wird er als Geschäftsführer die Auswirkungen tragen müssen: Zwei Transferphasen lang wird der 1. FC Köln nach dem Urteil des Fußball-Weltverbands (Fifa) keine Spieler neu registrieren dürfen. Was genau das bedeutet, war beim FC am Donnerstag noch nicht ganz klar. Offenbar war man am Geißbockheim derart sicher davon ausgegangen, dass das Urteil zugunsten der Kölner ausfallen würde, dass man niemanden beauftragt hatte, mögliche Folgen vorab zu recherchieren. „Der 1. FC Köln hat sich zu einhundert Prozent im Recht gefühlt“, bestätigte Keller.

Folgen der Transfersperre sind offen

Noch ist also offen, was etwa mit Spielern geschieht, die nach Leihen ans Geißbockheim zurückkehren. Ebenfalls zu klären bleibt, ob bereits geliehene Spieler mittels einer Kaufoption weiterbeschäftigt werden dürften. Ebenso wenig wusste man, auf welche Teams sich das Urteil überhaupt bezieht – die in die Kapitalgesellschaft 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA ausgegliederte Profiabteilung umfasst neben der ersten Herrenmannschaft auch die Nachwuchsmannschaften U21, U19 und U17. „Müssen wir klären“, sagte Keller. Aus dem Urteil der Fifa geht das alles nicht hervor.

Die Kölner reagierten innerhalb der üblichen Muster: Dem Schock am Mittwoch, als der Klub erst nach stundenlangem Schweigen mitgeteilt hatte, Berufung einlegen zu wollen, stand der Donnerstag im Zeichen der Ablehnung. „Die Fifa hat aus unserer Sicht ein komplett absurdes Urteil ohne jede Grundlage getroffen“, teilte Keller mit. Auch die Aussagen des Vizepräsidenten von Olimpija Ljubljana im „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Verhandlungen im Geißbockheim wollte Keller nicht stehenlassen. Man solle hinterfragen, ob nicht „manche in der Zeitung eine Riesenscheiße erzählen“, sagte der Geschäftsführer. Das Gespräch habe nicht im Juli stattgefunden, sondern im August. Es habe zudem erheblich länger gedauert als angegeben.

Er hat schriftlich bestätigt, dass die Zusagen an die Familie Bestand haben und dass sie nicht umgesetzt wurden. Deshalb war die Kündigung okay
FC-Geschäftsführer Christian Keller

Dem Rest widersprach Keller nicht, wies aber darauf hin, dass sich die Gegenseite später für das Gespräch und die gute Atmosphäre bedankt habe. Allerdings hatte Keller den Eignern von Olimpija Ljubljana auch ein Angebot in Aussicht gestellt, mit dem er auf die Forderung von 2,5 Millionen Euro für Potocnik reagieren würde. Da gab es noch keinen Grund, die Stimmung zu vermiesen. Keller nannte am Donnerstag keine Details, doch bot er offenbar die nach Darstellung der Kölner in Potocniks Vertrag festgeschriebene Ablöse von 100 000 Euro – vier Prozent dessen, was Ljubljana gefordert hatte. Daraufhin reichte Olimpijas Präsidium Klage ein.

Ljubljanas Vizepräsident Christian Dollinger nahm die Reaktion aus Köln zur Kenntnis. „Auf dieses Niveau werde ich mich nicht begeben“, sagte der Anwalt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: Am Ende sei nicht entscheidend, „an welchem Tag und wie lange das Gespräch im vergangenen Sommer mit Herrn Keller stattgefunden und gedauert hat. In der eigentlichen Sache sprachen wir vielleicht zehn Minuten miteinander.“ Der FC hatte auf die Klage hin eine Erwiderung eingereicht und Zeugen benannt. Darunter der ehemalige Präsident von Ljubljana, Milan Mandaric. Der millionenschwere serbisch-amerikanische Unternehmer war unter anderem von 2007 bis 2010 Präsident des Premier-League-Klubs Leicester City.

„Er hat schriftlich bestätigt, dass die Zusagen an die Familie Bestand haben und dass sie nicht umgesetzt wurden. Deshalb war die Kündigung okay“, sagte Keller. Mandaric war sechs Jahre lang Eigner und Präsident von Olimpija Ljubljana, eher er seine Anteile an die Münchner Investoren um Dollinger und Adam Delius verkaufte. Der 84-Jährige war mehrfach Gegenstand von Ermittlungen wegen Korruptions- und Betrugsverdachts. „Wenn der 1. FC Köln diesen Herren als Kronzeugen aufbietet, dann wünsche ich ihm viel Glück. Jaka Cuber Potocnik hatte bei uns einen gültigen Standard-Fifa-Vertrag. Darin gab es keine Ausstiegsklausel und keine schriftlichen Zusagen, die nicht eingehalten wurden“, sagt Olimpijas Sportchef Igor Barisic im Gespräch mit dieser Zeitung.

Jaka Cuber Potocnik jubelt im Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen. Mit dem Urteil der Fifa wurde der Stürmer für vier Monate gesperrt.

Jaka Cuber Potocnik jubelt im Spiel gegen Bayer 04 Leverkusen. Mit dem Urteil der Fifa wurde der Stürmer für vier Monate gesperrt.

Der FC richtete seine Energie zunächst darauf, das Urteil außer Kraft zu setzen. Man werde schnellstmöglich Berufung einlegen, um vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) zu erwirken, dass der Vollzug der Strafe bis zum Ende der Verhandlung ausgesetzt würde. Das wäre eine spannende Aussicht: Ein Berufungsverfahren vor dem Cas dauert vier bis sechs Monate. Damit wäre die Sommer-Transferperiode für den FC gerettet. Sollte das Strafmaß dann sogar auf nur eine Sperre für ein Transferfenster reduziert werden, bliebe dem FC die Möglichkeit, die Strafe im Winter anzutreten. Was viel geringere Auswirkungen auf die Kölner Kaderplanung hätte.