Ob bei „Markus Lanz“, in Bundesliga-Stadien oder in der Politik – die homophoben Aussagen des katarischen WM-Botschafters in einer ZDF-Dokumentation sorgen für viel Empörung.
„Müssen wir beim DFB besprechen“Nationalspieler kritisieren WM-Botschafter wegen homophober Aussagen
Nachdem der katarische WM-Botschafter Khalid Salman in einer ZDF-Dokumentation Homosexualität als „geistigen Schaden“ bezeichnet hat, gibt es empörte Reaktionen aus der Sportwelt und der Politik.
So kritisierte Bayern-Spieler Leon Goretzka die Aussagen des Kataris nach dem 6:1-Sieg der Münchner gegen Werder Bremen am Dienstagabend scharf. „Das ist schon sehr beklemmend, muss man sagen. Das ist einfach ein Menschenbild aus einem anderen Jahrtausend“, sagte Goretzka. „Das ist nicht das, wofür wir stehen wollen und was wir vorleben. Es ist absolut inakzeptabel, so eine Aussage zu treffen.“
Leon Goretzka über Katars WM-Botschafter: „Es ist absolut inakzeptabel, so eine Aussage zu treffen“
Auch Bayern-Vorstand Hasan Salihamidzic fand klare Worte: „Die Aussage ist einfach inakzeptabel“. Ob derartige Aussagen die Zusammenarbeit des Münchner Clubs mit Qatar Airways, die beim FC Bayern zu den Top-Sponsoren gehören, beeinflussen könnte, ließ der Sportvorstand unterdessen offen. „Das ist die Aussage einer einzelnen Person. Darüber müssen wir reden, klar“, sagte Salihamidzic. „Aber das ist erstmal eine einzelne Person – und das ist inakzeptabel.“
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Bayern-Torwart Manuel Neuer fand ebenfalls deutliche Worte: „Das passt keineswegs in unser Weltbild. Es ist traurig, so etwas zu hören. Über solche Situationen muss man sich Gedanken machen, das müssen wir intern beim DFB mit den Spielerkollegen besprechen“, so Neuer.
Auch die Fans des Rekordmeisters positionierten sich am Dienstagabend eindeutig. Im Bayern-Fanblock wurden während der Partie gegen Bremen Spruchbänder mit deutlicher Kritik an den Aussagen des katarischen WM-Botschafters gezeigt. Unter Bayern-Fans wird die Sponsorenbeziehung zu Katar kontrovers diskutiert. Die Club-Verantwortlichen hatten erklärt, dass sie nach der WM über eine Verlängerung der bis zum Sommer 2023 datierten Zusammenarbeit entscheiden wollen.
ZDF-Dokumentation über WM in Katar Thema bei „Markus Lanz“
Auch in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ war die Doku am Dienstagabend ein Thema. Unter anderem war FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu Gast. Für Diskussionen sorgten im Nachgang vor allem Aussagen von Moderator Markus Lanz. Ob es nicht „übergriffig“ sei, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser sich Sicherheitsgarantie für Homosexuelle habe zusichern lassen, wollte Lanz wissen. Strack-Zimmermann verneinte.
Auch der für die Dokumentation verantwortliche Journalist Jochen Breyer widersprach. Es gehe um „mehr als Sicherheit“, so Breyer. „Schwule, Lesben und queere Menschen können dort nicht hinreisen und von sich sagen, dass sie bei Freunden zu Gast und dort willkommen sind.“ Dabei seien das Werte, die der Fußballweltverband FIFA immer wieder betone, führte Breyer aus. Auch jetzt habe sich die FIFA nicht geäußert. Im Gegenteil: FIFA-Chef Gianni Infantino habe stattdessen darauf gedrängt, „bitte über Fußball“ zu reden.
Als Lanz eine vermeintliche „Doppelmoral“ kritisierte und anführte, auf deutschen Baustellen gebe aus auch Todesfälle, bekam der Moderator Gegenwind. Das müsse man „relativ“ betrachten, erklärte Stack-Zimmermann. Lanz bekam für seine Moderation im Nachgang der Sendung viel Kritik in den sozialen Netzwerken.
Aus der Politik gab es unterdessen ebenfalls empörte Reaktionen auf die Aussagen des WM-Botschafters von Katar in der ZDF-Dokumentation, die am Dienstagabend ausgestrahlt wurde. Philip Krämer aus der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sieht in der umstrittenen Fußball-WM in Katar einen „massiven Rückschritt für den Sport, den es in den nächsten Jahren aufzuholen gilt“.
Justizminister Buschmann: „Homosexualität ist keine Krankheit“
Die Sicherheitsgarantien für alle WM-Besucher, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aus Katar mitgebracht hatte, bezeichnete Krämer als das „absolute Minimum“. Die Garantien hätten bereits „Teil der Vergabe sein müssen“, sagte der 30-Jährige. Zudem sei es „politisch zentral, dass Veränderungen, die in einigen Teilen tatsächlich angeschoben worden sind, auch nachhaltig in Gesetze implementiert werden“.
Nach den schwulenfeindlichen Äußerungen hat auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Einhaltung der Sicherheitsgarantien für Fußballfans in Katar angemahnt. Diese seien „wichtig und unerlässlich“, sagte der FDP-Politiker dem ZDF. „Wenn wir echte internationale Verständigung wollen: Dann müssen alle Menschen akzeptiert werden so wie sie sind – egal welches Geschlecht sie haben und wen sie lieben“, betonte Buschmann.
„Homosexualität ist keine Krankheit. Wer die Welt zu einem Sportfest einlädt, der sollte dies längst eingesehen haben“, sagte Buschmann dazu. Gleiche Freiheit und gleiche Würde seien wichtige Werte im Sport. „Leider müssen wir feststellen, dass all dies auch im Jahr 2022 noch nicht selbstverständlich ist“, sagte Buschmann. (mit dpa/sid)