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Bayer 04 im Umbruch:Aranguiz weg, Arthur kommt, Wirtz bleibt die große Konstante in Leverkusen

Lesezeit 4 Minuten

Leverkusens Jung-Star Florian Wirtz

Vater und Berater Hans-Joachim Wirtz stellt klar, dass sein Sohn zumindest bis zur Europameisterschaft 2024 in Leverkusen bleiben wird.

Simon Rolfes hat in den schwierigen Wochen des Jahreswechsels erstmals die Formulierung vom „Kaderumbruch im Sommer“ ausgesprochen. Wie ernst es dem Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen damit war, sieht man jetzt im Frühjahr, da sich die sportliche Situation dramatisch verbessert. Am Sonntagabend hat der Werksklub den sofortigen Abschied seines ehemaligen Kapitän Charles Aranguiz (33) zum FC Porto Alegre nach siebeneinhalb bewegten Jahren bei Bayer 04 publiziert.

Einen Tag später hat Leverkusen den brasilianischen Jung-Nationalspieler Arthur (20) für kommende Saison unter Vertrag genommen und mit einem Vertrag bis 2028 ausgestattet. Vergangene Woche hatte der Rechtsverteidiger, der mit vollem Namen Arthur Augusto de Matos Soares heißt, gegen Marokko sein Debüt in der Selecao gegeben. Der Werksklub überweist rund sieben Millionen Euro an dessen Klub Atletico Mineiro, der auch an einem möglichen Weiterverkauf partizipiert. An Geld wird es Bayer 04 im Sommer nicht mangeln, denn die Verpflichtung von Arthur, dem Sportdirektor Simon Rolfes „beachtliches Tempo und fußballerische Finesse“ bescheinigt, muss im Zusammenhang mit dem radikalen Umbau der rechten Seite gesehen werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Leverkusen im Sommer sein Prunkstück Moussa Diaby/Jeremie Frimpong verlieren wird.

Die Verträge der Raketenspieler, vor deren Schnelligkeit nicht nur die Konkurrenten in der Bundesliga zittern, laufen 2025 aus. Da eine Verlängerung aktuell in beiden Fällen unwahrscheinlich ist, dürfte es im Sommer wohl zu Transfers kommen, zumal es an Interessen nicht mangelt. Nur für dieses Duo zusammen wird der Werksklub einen Betrag im dreistelligen Millionenbereich erlösen. Der in Foren geschätzte Marktwert für Diaby (50 Millionen Euro) und Frimpong (35 Millionen Euro) scheint eher untertrieben und hat zu tun mit der Bayer-Krise im Winter. Aktuell wirbelt das Duo mit seinem Blitz-Fußball so spektakulär durch die Bundesliga und den Europapokal, dass sich die geschwindigkeitssüchtigen Scouts der englischen Premier League mit ihren Geldkoffern in Stellung bringen.

Jonathan Tah steht vor einem Wechsel nach England, keine Tendenz bei Exequiel Palacios

Damit nicht genug. Auch der Vertrag von Abwehrspieler Jonathan Tah läuft in Leverkusen 2025 aus. Die Vorliebe des Nationalspielers für England ist bekannt. 2020 platzte ein sicher geglaubter Transfer in letzter Minute. Der 27-Jährige, seit 2015 bei Bayer 04, hat zuletzt das Management gewechselt, um eine Veränderung wahrscheinlicher zu machen. Für ihn wird der Werksklub über 20 Millionen Euro aufrufen. Große, athletische, belastbare, schnelle Innenverteidiger wie Tah sind auf der Insel sehr begehrt. Ein Wechsel ist sehr wahrscheinlich.

Bei Weltmeister Exequiel Palacios muss der Klub eine Entscheidung fällen, weil auch dessen Vertrag 2025 ausläuft. Offenbar gibt es hier noch keine eindeutige Tendenz, aber mit den guten bis sehr guten Leistungen der letzten Wochen macht der Argentinier Werbung für sich selbst. Sollte es weder zu einer Verlängerung, noch zu einem Verkauf kommen, droht massiver Wertverlust und eine Situation wie beim ehemaligen Hoffenheimer Duo Nadiem Amiri/Keren Demirbay, deren Verträge 2024 enden. Bei beiden Gutverdienern – geschätzte Jahresgage fünf Millionen Euro - scheint eine Vertragsverlängerung nur zu reduzierten Bezügen denkbar oder man einigt sich im letzten Vertragsjahr auf einen Verkauf oder ein Leihgeschäft, von dem alle Parteien profitieren.

Florian fühlt sich sehr wohl in Leverkusen und kann sich da optimal entwickeln
Vater und Berater Hans-Joachim Wirtz

Sicher sind im Zuge der zu erwartenden Personalverschiebung nur zwei Dinge. Erstens: Bayer 04 wird die zu erwartenden weit dreistelligen Millionen-Einnahmen nicht komplett in neue Spieler investieren können. Klubchef Fernando Carro hat im Gespräch mit dieser Zeitung zum Jahreswechsel angekündigt, dass die Gesellschafter nach einem Sommer 2022 ohne nennenswerte Einnahmen von ihm „Transferüberschüsse“ erwarten. Zweitens: Florian Wirtz wird die Konstante dieses Sommers sein. Ein Wechsel des 19-Jährigen, der seinen Vertrag letzten Sommer bis 2027 ohne Ausstiegsklausel verlängert hat, ist derzeit nicht denkbar.

Das formuliert Vater und Berater Hans-Joachim Wirtz gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ ganz deutlich: „Florian fühlt sich sehr wohl in Leverkusen und kann sich da optimal entwickeln. Es gibt für ihn keinen Grund, auch im Hinblick auf die Europameisterschaft 2024 im eigenen Land etwas zu verändern.“ Die Ereignisse der letzten Tage waren eine abermalige Bestätigung des eingeschlagenen Weges. Im sicheren Hafen seines Klubs, umgeben von Mitspielern, die ihn schätzen und sein Spiel verstehen, hat Florian Wirtz den massiven Rückschlag des Länderspieles gegen Belgien in Köln (Auswechslung in der 32. Minute) sofort weggesteckt und seine Mannschaft drei Tage später in Schalke mit einem Tor und vielen spektakulären Aktionen zum Sieg geführt. „Er ist so ein toller Spieler“, schwärmte Jeremie Frimpong danach, „wir alle wissen, was wir an ihm haben.“