Brügge – Das Jan-Breydel-Stadion in Brügge ist ein Fußball-Stadion aus der guten alten Zeit, als Karten noch an Tageskassen gekauft wurden und das Publikum bunt gemischt war. Wenn die eigene Mannschaft gut spielt, verteilen sich die Gesänge auf alle vier Tribünen. Und wenn der FC Brügge zum Auftakt der Champions-League-Gruppenphase den Bundesliga-Vertreter Bayer 04 Leverkusen 1:0 schlägt, dann wird gesungen wie am Feiertag. Dass der bezwungene Favorit dabei kräftig mitgeholfen hatte, tat Jubel dem keinen Abbruch.
Seoane immer tiefer in der Krise
Die Stimmung beim Gegner war schlechter. Bayer 04 hatte das sechste der ersten sieben Pflichtspiele verloren. Die Niederlagen-Serie erstreckt sich inzwischen auf drei Wettbewerbe. Die Position von Trainer Gerardo Seoane wird immer schwächer. Allerdings hatte die Klubführung dem Schweizer nach der 2:3-Niederlage gegen Freiburg das Vertrauen unabhängig von den Ergebnissen in den nächsten Spielen ausgesprochen.
Der Trainer hatte auf die Ereignisse gegen Freiburg reagiert, die Grundordnung mit drei Innenverteidigern, zwei offensiven Seitenspielern, zwei Sechsern und einem Dreiersturm beibehalten, allerdings die Besetzung geändert. Hincapie rückte für Fehlerteufel Tapsoba in die Dreierkette, Bakker durfte auf der linken Seite seine Formkrise fortsetzen, Aranguiz spielte neben Andrich im defensiven Mittelfeld und Hudson-Odoi spielte von Beginn an. Der Plan war klar: Defensive Stabilität um jeden Preis. Und vorne sollte individuelle Klasse und Schnelligkeit entscheiden.
Tah steht knapp im Abseits
Das funktionierte erst mal nur so ein bisschen. Der FC Brügge, gemessen am Wert seiner Spieler klarer Außenseiter, fand sich, ohne es zu wollen, in der Rolle der Mannschaft mit dem größeren Ballbesitzanteil. Bayer 04 hatte Umschaltmomente, zerstörte aber die meisten davon durch unsauberes Passspiel und wirre Läufe in sinnlose Positionen. Dennoch wäre der Bundesligist fast in Führung gegangen, als Moussa Diaby in der 28. Minute Simon Mignolet prüfte, doch der frühere Torhüter des FC Liverpool lenkte den Ball an den Pfosten.
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Dem belgischen Meisten fiel es abgesehen davon aber nicht schwer, die Leverkusener Bemühungen mit seinen Viererketten zu verteidigen. Von echter Gefahr aus dem Spiel heraus war Brügge allerdings weit entfernt. Trainer Carl Hoefkens und sein Team hatten allerdings das Freiburg-Spiel gesehen, in dem Bayer 04 zwei Gegentore nach Ecken kassiert hatte. Andreas Skov Olsen schlug den Ball auf Abakar Sylla am Fünfmeterraum, der von drei Leverkusenern nicht am Kopfball gehindert werden konnte. Das Spielgerät traf allerdings genau Torhüter Lukas Hradecky, der klare Trefferwirkung zeigte und wie nach einem Einschlag nach hinten fiel. Mit dem Ball ins Tor. Dass der Kapitän kurz vor dem Pausenpfiff mit einer Parade gegen Sowah das 0:2 verhinderte, wird ihn nicht sehr getröstet haben.
Brügge übersteht Bayers Schlussoffensive
In der Halbzeit nahm Gerardo Seoane einen Systemwechsel vor. Er kehrte zurück zur Viererkette mit Bakker als Links- und Kossounou als Rechtsverteidiger, brachte in Palacios für Aranguiz die Hoffnung auf Kreativität ins Spiel und war so wieder beim gewohnten 4-2-3-1. Bayer 04 war plötzlich präsenter, hatte mehr Ballbesitz, machte sich gegen diszipliniert verteidigende Gastgeber jedoch Chancen durch unpräzises Spiel im Ansatz zunichte. Und wenn mal eine da war, wurde sie verschwendet.
In der 73. Minute schien der Bann aber gebrochen. Hudson-Odoi schlug eine Flanke lang in den Strafraum, die Tahs Kopf streifte und dann im Tor landete. Die Bayer-Fans jubelten. Die Werkself versammelte sich zum vermeintlichen Anstoß. Doch den sollte es nie geben, weil der VAR ein Abseits von Tah im Strafraum erkannt hatte. Das Tor zählte nicht. Das Stadion brüllte, als wäre gerade ein Tor für Brügge gefallen. Und es hörte nicht auf, bis ihre Mannschaft den späten Sturmlauf der Gäste überstanden hatte.