Bayer 04 befindet sich auf direktem Weg zu einer Saison mit drei Trophäen und ohne jede Niederlage.
Spätes 1:1 in DortmundDie unbesiegbaren Leverkusener haben wieder zugeschlagen
Ein kühler Wind pfiff durch den Tunnel unterhalb der Ostkurve des Signal-Iduna-Parks. Jenem etwas trostlosen Ort, an dem Spieler und Offizielle den Dortmunder Fußballtempel nach den Spielen in Pkws oder Bussen verlassen. Ein frierender Mats Hummels kam immer wieder raus aus den Katakomben, um sich nach einer Mitfahrgelegenheit zu erkundigen. Seine Stimmung am Sonntagabend war – wie bei den meisten BVB-Verantwortlichen – frostig.
Ganz anders sah es beim Deutschen Meister aus: Bayer 04 Leverkusen feierte das 1:1 in Dortmund mehr als einen Sieg, „vielleicht sogar mehr als letzte Woche“, sagte Trainer Xabi Alonso lächelnd mit Blick auf die zurückliegende Meisterparty. In der 97. Minute hatte Josip Stanisic per Kopf nach einer Ecke den Ausgleich erzielt und die 8000 mitgereisten Leverkusener Fans in ein rotes Jubelmeer verwandelt – und die Gelbe Wand auf der anderen Seite des Stadions zum Schweigen gebracht. 45 Saisonspiele ist Bayer nun ohne Niederlage.
Der Rekord, womöglich schon jetzt auf Jahrzehnte hin nicht zu knacken, wird weiter ausgebaut. Längst ist nicht mehr „nur“ das Triple aus den Titeln in der Meisterschaft, dem DFB-Pokal und der Europa League das Ziel. Dieser umfassende Triumph soll auch noch ohne Niederlage gelingen. „Man sieht, welche Ambitionen die Jungs haben. Wenn wir schon so gut drauf sind, dann wollen wir alles mitnehmen“, sagte Geschäftsführer Fernando Carro. Die Saison ungeschlagen zu überstehen, sei „nicht vergleichbar mit einem weiteren Titel“, so der Spanier, aber eine „Extra-Motivation“.
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Bayer 04 Leverkusen – die „Invincibles“ 2024?
„Unser großes Ziel ist es, in der Bundesliga ungeschlagen zu bleiben“, berichtete Granit Xhaka, „das haben wir innerhalb der Mannschaft besprochen, das ist unsere Challenge. Auch wenn es für den Kopf nicht einfach ist, wenn man schon Meister ist.“ Der Schweizer verwies auf die „Invincibles“, die „Unbesiegbaren“, jenes legendäre Team des FC Arsenal aus der Saison 2003/04, das den Premier-League-Titel ohne Niederlage gewann. Xhakas Ex-Klub dient als Vorbild. „Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben“, sagte der Mittelfeldstratege, der in Dortmund nach einem elf Spiele andauernden Ritt auf der Rasierklinge seine fünfte Gelbe Karte sah und am kommenden Samstag im Spitzenspiel gegen den VfB Stuttgart (18.30 Uhr, Bay-Arena) fehlt.
Die Leverkusener sind einfach nicht zu schlagen. Auch, weil der Deutsche Meister immer und immer wieder spät zuschlägt. 20 Pflichtspieltore hat die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso in dieser Saison ab der 86. Minute erzielt, 14 davon in der Nachspielzeit. Zwölf waren entscheidend für die Tendenz, allein sechs verhinderten eine Niederlage, zuletzt zweimal in Folge: Am vergangenen Donnerstag bei West Ham United in der 89. Minute, am Sonntag in Dortmund in der siebten Minute der Nachspielzeit.
Doch beim derzeitigen Leverkusener Höhenflug sollte auch Xhakas Ausfall verkraftbar sein. Spätestens mit seinen Einwechselungen hatte Trainer Xabi Alonso nicht nach Plan verlaufende Spiele regelmäßig wieder in die Spur gebracht und Niederlagen letztlich verhindert. In Dortmund beorderte der Spanier in der 70. Minute Superstar Florian Wirtz und im Anschluss an den Treffer von Niclas Füllkrug (81.) noch Patrik Schick und Victor Boniface aufs Feld. Jene Torgefahr, die zu Spielbeginn womöglich fehlte, war plötzlich im Überfluss vorhanden.
„Irgendwie wusste ich, dass der Ball nach einem Freistoß oder einer Ecke noch reingeht“, sagte Kapitän Lukas Hradecky – und der finnische Keeper behielt recht, nach dem Ausgleich sprintete er in Richtung Leverkusener Jubeltraube. „Man hat gesehen, was uns dieses Tor bedeutet hat. Ich bin stolz und froh, dass unser Lauf nach einer so harten Woche weitergeht“, sagte Hradecky. Eine mögliche Saison mit drei Titeln und ohne Niederlage beschrieb er als „Triple plus“: „So etwas kann man kaum beschreiben.“
Dortmunder Stadion wurde wegen einer Betriebsstörung geräumt
Xabi Alonso stellte sich den Journalisten ebenfalls im kühlen Dortmunder Tunnel. Denn die Pressekonferenz im beheizten Medienzentrum war aufgrund einer „technischen Betriebsstörung“ ausgefallen, ein Alarm und eine Durchsage rund 40 Minuten nach Spielschluss forderte alle Personen auf, „das Gebäude auf dem kürzesten Weg zu verlassen“.
Leverkusens Meistertrainer legte auf dem Weg in den Mannschaftsbus, der mit laufendem Motor wartete, noch einen kurzen Stopp ein. Es fühle sich sehr gut an, sagte Xabi Alonso, die Feier vor den eigenen Fans sei „ein besonderer Moment“ gewesen. „Wir wollen nicht verlieren“, fügte er an. Dazu müsse die Mannschaft nun etwas abschalten, die nächste Trainingseinheit ist erst für Mittwoch angesetzt. Dann beginnt die Vorbereitung auf den Samstagabend und den VfB Stuttgart – und Spiel Nummer 46 der Rekordserie.