Bayer 04 Leverkusen holt den Supercup. Nach einem dramatischen Spiel, das der Doublesieger lange Zeit in Unterzahl bestritt, gewann die Werkself im Elfmeterschießen mit 4:3.
Bayer 04Leverkusen holt Supercup gegen Stuttgart – Sieg im Elfmeterschießen nach Fußballspektakel
Dass nach einem Fußballspiel mit Beteiligung von Bayer 04 Leverkusen eine Trophäe überreicht wird, ist die Werkself mittlerweile gewohnt. Am Samstagabend war dem nach dem vierten Pflichtspiel in Serie so. Zunächst gab es die Meisterschale, dann musste die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso dabei zuschauen, wie Atalanta Bergamo den Pokal für den Gewinn der Europa League entgegennahm. Wenige Tage später jubelte Bayer wieder, stemmte den DFB-Pokal in den Berliner Nachthimmel. Am Samstag - eine Sommerpause später - ging es um den Supercup, den der Doublesieger gegen Vizemeister VfB Stuttgart ausspielte. Nach einem fantastischen Fußballspiel mit ebenso fantastischer Atmosphäre in der mit 30.210 Zuschauern ausverkauften Bay-Arena, das nach 90 Minuten 2:2 (1:1) stand, musste ein Elfmeterschießen den Sieger bestimmen. Leverkusen hatte die besseren Nerven und durfte so die nächste Trophäe entgegennehmen.
Die größte Frage vor der Partie war, wen Alonso ins Tor stellen würde. Der Coach ließ die Hierarchie für diese Position überraschend offen. Gegen Stuttgart stand Kapitän Lukas Hradecky zwischen den Pfosten, Matej Kovar saß auf der Bank. Dort war der Tscheche in prominenter Gesellschaft: Jonathan Tah, Odilon Kossounou, Jonas Hofmann, Florian Wirtz, Patrik Schick, Alejandro Grimaldo und Jermie Frimpong machten es sich neben ihm bequem. Der geschätzte Marktwert der Bank reichte an die 300-Millionen-Euro-Marke. Besonders, dass Wirtz, Tah, Grimaldo und Frimpong nicht in der Startelf standen, verwunderte. Dafür schenkte Alonso seinen drei Zugängen Jeanuel Belocian, Aleix Garcia und Martin Terrier das Vertrauen.
In der Vorsaison waren alle drei Duelle zwischen den beiden Teams hart umkämpft und vor allem spektakulär - besonders der 3:2-Erfolg der Leverkusener im Pokal-Viertelfinale. Und beide Mannschaften machten einfach da weiter, wo sie aufgehört hatten. Von Beginn an gab es eigentlich keine Ballbesitzphasen im Mittelfeld. Entweder eine Mannschaft gewann mit hohem Pressing den Ball - Torchance. Oder eine Mannschaft durchbrach das Pressing und hatte viel Platz - Torchance.
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Am Ende der ersten Hälfte hatten beide Teams je einmal getroffen, Leverkusen stand mit einem Mann weniger auf dem Platz und Stuttgart war dreimal am Aluminium gescheitert. Doch der Reihe nach: Leverkusen nutzte eine der ersten Torchancen durch Victor Boniface, der Teamkollege Edmond Tapsoba auf der Torlinie das Tor klaute. Der Verteidiger hatte zuvor nach präziser Flanke des gefällig aufspielenden Aleix Garcia den Ball Richtung 1:0 geköpft (11.).
Enzo Millot mit dem 1:1
Stuttgart brauchte aber nicht lange, um sich zu schütteln. Vor allem über die linke Seite machten die Schwaben mächtig Alarm. So war es dann auch ein schönes Zusammenspiel von Chris Führich und Maximilian Mittelstädt, das den Ausgleich einleitete. Mittelstädts Markenzeichen, die harte, flache Hereingabe in den Rücken der Abwehr, fand den Weg zu Enzo Millot, der zum 1:1 einschob (15.).
In einer ausgeglichenen Partie, in der Leverkusen lässig in der Offensive kombinierte, aber viele Lücken im Defensivverbund offenbarte, hatten die Gäste fortan die besseren Chancen: Ermedin Demirovic und Pascal Stenzel scheiterten am Pfosten, Millot an der Latte. Dass Bayer 04 nur mit zehn Feldspielern in die Kabine ging, lag an einer bitteren Szene im Mittelfeld. Terrier sprang der Ball nach einem technischen Fehler vom Fuß, der Franzose wollte das Missgeschick reparieren, spielte auch den Ball, landete danach aber mit dem gestreckten Fuß auf dem Knöchel von Demirovic. Nach aktueller Regelauslegung war die Rote Karte von Schiedsrichter Tobias Stieler (37.) korrekt. Alonso stellte daraufhin auf ein 5-3-1 um, nahm Boniface runter und brachte Tah.
In der zweiten Hälfte gab es zunächst etwas weniger Spektakel, was daran lag, dass Bayer sich mit zehn Mann naturgemäß etwas weiter zurückzog. Die beste Chance der Anfangsphase nach dem Seitenwechsel hatten dennoch die Hausherren. Nach einem Konter ging ein Drehschuss von Adli knapp am Tor vorbei.
Und dann schrieb der Fußball mal wieder eine seiner viel zitierten Geschichten, die angeblich nur er schreiben kann. Deniz Undav, einer der großen Helden der VfB-Elf des vergangenen Jahres, gerade erst nach sehr zähen Verhandlungen mit Brighton Hove & Albion fest verpflichtet, erzielte wenige Sekunden nach seiner Einwechslung das 2:1 (63.) - sehr zur Freude der rund 3000 Stuttgarter Anhänger. Der Angriff lief wieder über die linke VfB-Seite, Tella war zum Pressing aufgerückt, den Platz nutzten Führich und der ebenfalls kurz zuvor eingewechselte Frans Krätzig.
Die Atmosphäre wurde nun immer hitziger, es kam zu mehreren Rudelbildungen. Dann hatte der VfB Pfostenglück nach einer Leverkusener Ecke. Alonso brachte Frimpong, Wirtz und Schick. Beide Mannschaften kämpften bis an die Grenzen - und teilweise darüber hinaus - um den Sieg. Im Blickpunkt stand immer mehr Schiedsrichter Stieler, der Leverkusen nach Rücksprache mit dem Videoschiedsrichter einen Elfmeter verweigerte. Der Ex-Kölner Jeff Chabot hatte Jeanuel Belocian vermeintlich gefoult.
Doch die Werkself ließ sich davon nicht entmutigen, drückte von Minute zu Minute mehr auf den Ausgleich. In der vergangenen Saison war es schon Gewohnheit geworden, dass Leverkusen in den Schlussminuten noch wichtige Tore erzielt. Diese Qualität retteten sie auch über die Sommerpause: Schick machte nach Pass von Grimaldo das 2:2 (88.) - die Bay-Arena tobte. Und sie wäre vermutlich komplett in Ekstase geraten, hätte Frimpong kurz später noch das 3:2 als Sahnhäubchen draufgesetzt, doch sein Versuch aus fünf Metern ging daneben.
So musste das Elfmeterschießen her. Der junge Krätzig scheiterte an Hradecky, Silas schoss Richtung Dach der Nordkurve - Leverkusen feierte den nächsten Titel.
Bayer Leverkusen: Hradecky - Tapsoba, Andrich (73. Schick), Hincapié - Tella (73. Frimpong), García, Xhaka, Belocian (84. Grimaldo) - Adli (73. Wirtz), Boniface (41. Tah), TerrierVfB Stuttgart: A. Nübel - Stenzel (83. Keitel), Rouault, Chabot, Mittelstädt (62. Krätzig) - Karazor, Stiller (62. Undav) - Leweling (62. Katompa Mvumpa), Millot, Führich (77. Diehl) - DemirovicSchiedsrichter: Tobias Stieler (Hamburg) - Zuschauer: 30210 (ausverkauft) Tore: 1:0 Boniface (11.), 1:1 Millot (15.), 1:2 Undav (63.), 2:2 Schick (88.) Elfmeterschießen: 2:3 Millot, 3:3 Schick, 3:4 Demirovic, 4:4 Grimaldo, Hradecky hält von Krätzig, 5:4 García, 5:5 Undav, 6:5 Tapsoba, Katompa Mvumpa verschießt Gelbe Karten: Xhaka, Tapsoba, Boniface, Wirtz, Frimpong / Stiller, Demirovic, Millot, Stenzel, Chabot Rote Karten: Terrier (37./grobes Foulspiel)