Gelsenkirchen – Viel unterschiedlicher können Gefühlswelten wohl nicht aussehen. Die Profis von Bayer 04 klatschen sich ab und ballen die Fäuste. Sie wissen: Leverkusen ist der Gewinner des zehnten Spieltages und nach dem 3:0 (1:0) beim FC Schalke 04 neuer Tabellenzweiter. Nach sieben Siegen in den letzten acht Pflichtspielen ist die national weiter unbesiegte Werkself erster Jäger des FC Bayern.
„Ich bin unglaublich zufrieden mit dem Ergebnis. Wir haben das Spiel zwar nicht dominiert, aber kontrolliert“, sagte Trainer Peter Bosz. Auf der anderen Seite Schalke, nun 26 Bundesliga-Partien ohne Sieg und seit längerem in tiefer Krise. Am Sonntagabend gab es neue Tiefschläge, unter anderem ein wohl irreguläres Gegentor und einen verschossenen Elfmeter.
Leverkusen kämpft mit Personalproblemen
Leverkusen hatte weiter mit Personalproblemen zu kämpfen, die durch die Corona-Infektion von Kerem Demirbay noch einmal verschärft wurden. Der Mittelfeldspieler hatte sich offenbar während Bayers Europa-League-Tour nach Nizza angesteckt und befindet sich in häuslicher Quarantäne – ohne Symptome, wie der Klub betonte. Zudem fehlte erneut der angeschlagene Stürmer Lucas Alario. Schalkes Schwierigkeiten waren aber von einem anderen Kaliber.
Königsblau fehlten beispielsweise der Stamm- und der Ersatzkeeper. So kam Michael Langer unverhofft zu seinem Comeback. Der 35 Jahre alte Österreicher hatte zuletzt 2007 für den VfB Stuttgart in der Bundesliga gespielt.
Damals hatte Langer seinem Team zu einem 0:0 verholfen. Nach zehn Spielminuten gegen Leverkusen lag diese Bilanz allerdings in Trümmern, Bayer 04 hatte wieder seine Stärke nach Standardsituationen unter Beweis gestellt – ebenso Ringer-Qualitäten. Aleksandar Dragovic drückte nach einer Ecke von Leon Bailey Gegenspieler Malick Thiaw vehement in Richtung Ball und Tor, der Schalker traf per Schulter ins eigene Netz.
Die Leverkusener jubelten, Keeper Langer legte sich den Ball aber zu einem Freistoß zurecht, der festen Überzeugung, dass der Videoassistent auf ein Foul Dragovics hinweisen würde. Doch Schiedsrichter Benjamin Cortus deutete zum Mittelkreis. Wie die zuständigen Unparteiischen zu dieser Entscheidung kommen konnten, blieb unklar. „Mir schreiben vier Verantwortliche von anderen Vereinen, dass es eine Frechheit ist, dieses Tor zu geben“, schimpfte Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider.
In den folgenden Minuten hätte die Werkself die Führung gegen auseinanderfallende Schalker ausbauen müssen. Bayer 04 hatte zeitweise mehr Platz zum Kombinieren als in einem Trainingsspiel, gerade Florian Wirtz schien zwei bis drei Klassen zu stark für alle Schalker. Doch Bailey und Patrik Schick ließen größte Möglichkeiten ungenutzt. Auf der anderen Seite verhinderte eine Abseitsstellung des fast durchgängig meckernden Mark Uth den Ausgleich durch Boujellab (32.). Viel mehr Offensivszenen hatte Schalke nicht zu bieten.
Die zweite Halbzeit begann mit einem schönen Freistoß von Nadiem Amiri, der von Schalkes Nummer drei aber fliegend entschärft werden konnte. Machtlos war Langer dann beim 2:0 von Julian Baumgartlinger (67.) – erzielt per Kopf, erneut nach einer Ecke, diesmal aber ohne Foul. Schalke hätte in der 72. Minute noch einmal herankommen können. Doch da momentan eigentlich nichts zusammenläuft bei S04, scheiterte Steven Skrzybski mit einem Foulelfmeter an Lukas Hradecky. Auch der Nachschuss wurde vom Finnen pariert. Als Schick in der 78. Minute nach Vorarbeit von Amiri das 3:0 erzielte, war die Partie entschieden. Und Bayer 04 Tabellenzweiter.