Leverkusen – Das Improvisationstalent von Gerardo Seoane ist gefragt, wenn Bayer 04 Leverkusen am kommenden Montag in die intensive Vorbereitung auf den Rückrundenstart am 8. Januar gegen Union Berlin (15.30 Uhr/Bay-Arena) einsteigt. Denn der Schweizer Trainer bekommt nur mit Müh und Not eine Abwehrkette zusammen. Rechts gibt es noch die wenigsten Probleme, Jeremie Frimpong wird seine Seite verteidigen. Links muss Seoane zwischen dem lange verletzten Mitchel Bakker und dem latent formschwachen Daley Sinkgraven entscheiden. Das Zentrum stellt sich von selbst auf: Abwehrchef Jonathan Tah und Dauer-Reservist Panagiotis Retsos – Odilon Kossounou, Edmond Tapsoba (beide Afrika Cup) und Piero Hincapie (Corona) fehlen teilweise länger. Timothy Fosu-Mensah ist zwar variabel einsetzbar, nach seinem Kreuzbandriss aber noch nicht in Wettkampfform.
Weitere, vor allem Covid-bedingte Ausfälle, sind nicht unwahrscheinlich. „Das kann jedem von uns passieren in dieser schwierigen Zeit“, sagt Seoane. Für Leverkusens Champions-League-Ambitionen könnten sie schwere Folgen haben.
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Schon jetzt ist Retsos in der Innenverteidigung mehr Not- als Wunschlösung. Der noch immer erst 23 Jahre alte Grieche war 2017 für stattliche 17,5 Millionen Euro aus Piräus nach Leverkusen gewechselt, kam insgesamt aber nur auf zwei misslungene Leih-Geschäfte, 29 Bundesliga-Einsätze und blieb den Nachweis, Bayer 04 tatsächlich weiterhelfen zu können, bis heute schuldig. So lange Tapsoba und Kossounou für ihre Nationalteams unterwegs sind, bietet sich für Retsos nun die nächste Bewährungschance. Als Alternative hat Trainer Soeane nun eine beeindruckende Erscheinung aus der Leverkusener A-Jugend im Blick: Sadik Fofana, 18 Jahre alt und 1,92 Meter groß.
Erhält Sadik Fofana eine Chance?
„Er bringt die richtige Physis mit, die Statur eines Innenverteidigers und Zweikampfhärte“, sagt Seoane über den jungen Mann aus Togo. „Man muss aber berücksichtigen, dass er noch nicht sehr lange im Spitzenfußball aktiv ist, er hat nicht ganze Akademie in Leverkusen durchlaufen.“ Fofana war erst im Sommer 2020 aus der Jugend von Alemannia Aachen nach Leverkusen gekommen. „Da gibt es noch einige Dinge zu bearbeiten. Aber wir sehen eine gute Grundaggressivität für diese Position“, sagte Seoane.
Während andere Trainer womöglich ausgiebig über das gesammelte Personalpech klagen und laut nach Verstärkungen rufen würden, gibt sich Seoane ruhig und fokussiert. „Man muss mit dem Personal handeln, das vorhanden ist. Und es sind ja nicht nur wir mit diesen Problemen. Man muss nur mal in andere Länder und andere Sportarten gucken“, sagt der 43 Jahre alte Luzerner. Es sei oft so, dass sich Probleme an einem Ort knubbeln. „Das war bei uns zuletzt der Sturm, jetzt ist es eben die Verteidigung“, sagt Seoane. „Es wird eine Herausforderung. Aber wir können das schaffen.“
Bayer 04 will einen „gesunden Mix“ finden
Auf das zurückliegende Halbjahr in Leverkusen blickt der Schweizer im Gesamtwerk positiv, auch wenn die schwachen Ergebnisse und Leistungen der letzten Hinrunden-Woche einen Schatten werfen. „Es herrscht ein guter Spirit, die Mannschaft ist gut zusammengewachsen. Und wir haben gezeigt, dass wir begeisternden Fußball spielen können“, fasst Seoane zusammen. Doch gerade nach Rückschlägen sei noch viel Luft nach oben. „Dann müssen wir unser Spiel noch besser anpassen. Top-Top-Mannschaften spielen an manchen Tagen nicht gut und gewinnen die Spiele trotzdem. Das ist der Entwicklungsschritt, den die Mannschaft gehen muss.“ Bayer 04 sei auf dem Weg einen „gesunden Mix“ zu finden. „Wenn das Spielerische nicht gelingt, wollen wir durch andere Attribute zum Erfolg kommen.“
Zudem solle die Defensiv-Schwäche nach hohen Flanken in den Strafraum beseitigt werden, sie hatte Bayer 04 zuletzt viele Punkte gekostet. „Da waren zuletzt Zuordnung und Positionierung nicht mehr gut“, sagt Seoane. Doch ist das Problem sehr offensichtlich: Die Hälfte der Spieler mit Nachholbedarf ist nicht da.
Florian Wirtz und Patrik Schick bleiben – laut Simon Rolfes über den Sommer hinaus
Immerhin gibt es mit Blick auf zwei offensive Säulen der Werkself Grund für Optimismus. Simon Rolfes erteilte allen Wechselgerüchten rund um Florian Wirtz (Vertrag bis 2026 ohne Klausel) und Patrik Schick (Vertrag bis 2025 ohne Klausel) eine klare Absage. Mehr noch: „Ich bin mir sicher, dass sie auch nächste Saison bei uns spielen werden. Beide identifizieren sich mit Bayer, beide wissen, was sie hier haben. Und durch die Vertragssituation sind wir ganz entspannt.“