AboAbonnieren

Viel weniger BallbesitzXabi Alonso macht Bayer 04 taktisch flexibler

Lesezeit 5 Minuten
Leverkusens Edmond Tapsoba (l-r), Trainer Xabi Alonso und Jonathan Tah feiern den Sieg in Dortmund.

Leverkusens Edmond Tapsoba (l-r), Trainer Xabi Alonso und Jonathan Tah feiern den Sieg in Dortmund.

Bayer 04 Leverkusen zeigt beim 3:2 bei Borussia Dortmund ein anderes Gesicht - und hat Erfolg. Die Werkself bleibt erster Verfolger von Herbstmeister FC Bayern.

Spricht man mit Spielern und Verantwortlichen von Bayer 04 Leverkusen über die überragende vergangene Saison, wird vor allem eine Partie als Schlüssel auf dem Weg zur ersten Meisterschaft der Klubgeschichte benannt: Das 3:0 gegen den FC Bayern am 10. Februar 2024. Es war der 21. Spieltag, als man die Münchner demütigte und auf fünf Punkte in der Tabelle davonzog. In dieser Spielzeit spricht erneut vieles dafür, dass dieses Aufeinandertreffen in Leverkusen entscheidenden Einfluss auf das Titelrennen haben wird.

2025 gastieren die Bayern fünf Tage später, am 15. Februar (18.30 Uhr) in der Bay-Arena, am 22. Spieltag. Bis dahin sind für beide Teams zwar noch je fünf Ligaduelle zu absolvieren. Doch derzeit vermittelt keine der beiden Mannschaften den Eindruck von Schwäche oder Nervosität.

Mit dem 3:2 (3:1) bei Borussia Dortmund am Freitagabend hatte Bayer 04 den Druck auf den FC Bayern direkt zu Beginn des neuen Jahres wieder hochgehalten. Die Münchner hielten dem allerdings stand, gewannen ihre Partie am Samstag bei Borussia Mönchengladbach 1:0 (0:0), behaupteten somit ihren Vorsprung von vier Punkten und feierten die vorzeitige Herbstmeisterschaft. Das Signal vom Meister an den Rekordmeister ist dennoch klar: München darf sich zu keiner Sekunde zurücklehnen.

Patrik Schick mit Toren zehn und elf

Als Sinnbild für die Entschlossenheit und den Siegeswillen innerhalb der Bayer-Mannschaft dient Patrik Schick. Der Tscheche erzielte am Freitag einen Doppelpack mit seinen Treffern zum 2:0 und 3:1 und unterstrich seine Topform. Er erzielte damit in seinen sechs Bundesligaeinsätzen seit Mitte November sage und schreibe elf Tore. Damit liegt Schick in der Torschützenliste nun auf Platz drei hinter Münchens Harry Kane (14) und Frankfurts Omar Marmoush (13). Hatte Schick bereits nach seinem Viererpack beim 5:1 gegen Freiburg kurz vor Weihnachten mit der Aussage überrascht, er habe nicht sein bestes Spiel gemacht, legte er in Dortmund in Sachen Selbstkritik nach: „Ich muss sagen, dass ich nicht sehr zufrieden bin. Ich konnte das dritte Tor nicht machen, das lässt mich vielleicht nicht schlafen heute.“

In der Tat verpasste der 28-Jährige in der zweiten Halbzeit die große Chance, mit dem 4:1 das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Sein Trainer hatte dennoch nichts außer Lob für Schick übrig. „Es waren nicht nur die Tore. Er hat sehr viel für die Mannschaft gearbeitet“, sagte Xabi Alonso über den Torschützenkönig der EM 2021. „Die Tore sind eine Konsequenz aus seiner Verbindung zum Spiel. Wir sehen einen super Patrik mit einem großen Willen, sich zu verbessern. Wir brauchen ihn.“ Besonders in Abwesenheit der Offensivkollegen Victor Boniface (Reha nach Oberschenkelverletzung) und Amine Adli (Reha nach Wadenbeinbruch), die auch in der anstehenden Englischen Woche ausfallen werden.

Alonso wirkte ohnehin sehr zufrieden mit seinem Team, das bei der in der Defensive extrem ersatzgeschwächten Borussia allerdings einen völlig anderen Spielstil an den Tag legte, als man von ihm gewohnt ist. Am Ende standen gerade mal 30 Prozent Ballbesitz für eine Mannschaft, die sonst davon lebt, den Ball durch die eigenen Reihen zirkulieren zu lassen, ohne dass der Gegner auch nur den Hauch einer Chance hat, ihn zu erobern. „Heute hatten wir die Kontrolle ohne Ball“, gab Alonso zu Protokoll. „Wir waren bereit, da zu pressen, wo wir wollten. In dem Raum, in dem wir Druck ausüben wollten, war es nicht so gefährlich. So haben wir das Spiel sehr gut kontrolliert.“

Untermauert wurde Alonsos These durch die anderen Statistiken: Bayer gewann mehr Zweikämpfe, lief fünf Kilometer mehr und hatte die größeren Torchancen. Drei Mal schlug der Doublesieger bis zur 19. Minute mit seinen ersten drei Torschüssen zu. Vor Schicks Doppelpack durch zwei fantastische Konter hatte bereits Nathan Tella mit einem Traumtor nach 26 Sekunden die Gelbe Wand der Dortmunder Südtribüne zumindest kurzfristig zum Schweigen gebracht. „Es war wohl mein bisher schönstes Tor, deshalb war ich so aufgeregt, dass ich den Jubel vermasselt habe“, sagte Tella. Dass seine Tanzmoves zusammen mit Jeremie Frimpong nicht denen des originalen Tiktok-Trends „Viking“ entsprachen, werden die meisten aber gar nicht mitbekommen – und die anderen ihm sicher verziehen haben.

Für Bayer wurde es eigentlich nur gegen Ende der Partie noch einmal etwas brenzliger, als der BVB nach dem späten Anschlusstreffer durch Serhou Guirassy versuchte, Druck aufzubauen. Echte Torchancen sprangen aber auch dabei nicht heraus. „Wir haben nicht viel zugelassen. Natürlich hätten wir mit Ball etwas mehr Stabilität in unserem Spiel haben können“, betonte Alonso, „aber das ist eine Entwicklung in unserem Spiel, dass wir auch auf diese Art und Weise konkurrieren können. Mit dieser Art von Disziplin in dieser Art von Stadien zu spielen. Gegen ein Top-Top-Team in Europa. Ich liebe auch diese Art zu siegen. Es ist wichtig, dass wir dieses Vertrauen haben, so zu spielen.“

Für Alonso ist diese Idee der passiven Kontrolle eine weitere Erweiterung für das Buch mit seinen Matchplänen. Nach der 0:4-Niederlage beim FC Liverpool in der Champions League Anfang November hatte der Spanier gesagt: „Die größte Lehre aus dem Spiel muss sein, dass man gegen Spitzenmannschaften auch schwierige Momente durchstehen muss. Das ist nicht der schöne Teil des Spiels, in dem wir in der Lage sein müssen, zusammenzuhalten, zu leiden, vielleicht nicht so schön zu spielen, das Spiel ein wenig zu stoppen. Da gibt es noch Raum für Verbesserungen (…) Auf dem höchsten Niveau muss man jede Situation genießen – auch die nicht so schönen.“ Diesen Entwicklungsschritt nun bei einer Dortmunder Mannschaft, die zumindest in der Offensive top besetzt war, zu sehen, freut den Trainer.

Am Dienstag dürfte Leverkusen allerdings wieder einen etwas anderen Matchplan aufsetzen. Dann geht es am letzten Hinrundenspieltag gegen das Überraschungsteam der Liga, den FSV Mainz 05 (20.30 Uhr, Sky). Am Samstag (18.30 Uhr, Sky) wartet dann bereits das nächste Heimspiel. Zum Rückrundenauftakt kommt Borussia Mönchengladbach in die Bay-Arena.