Bayer 04 musste gegen den Aufsteiger in der Schlussphase um die drei Punkte zittern, rettet das Ergebnis aber über die Zeit. Xabi Alonso ist zufrieden.
Leverkusens 2:1-Sieg gegen St. Pauli„Wir gewinnen wieder die dreckigen Dinger“
In den letzten Spielminuten besann sich Bayer 04 Leverkusen auf brachiale Methoden: Die Bälle hoch und weit aus der eigenen Hälfte befördern, um das Ergebnis irgendwie über die Zeit zu bringen. Schön anzusehen war es nicht mehr – aber effektiv. Denn die Werkself setzte sich am Samstag trotz zittriger Knie in der Schlussviertelstunde 2:1 (2:0) gegen den FC St. Pauli durch, feierte den fünften Sieg in Serie und rückte dank des Patzers von Eintracht Frankfurt gegen Augsburg (2:2) bis auf einen Punkt an den Tabellenzweiten aus Hessen heran. Das Spiel seiner Mannschaft sei „nicht spektakulär“ gewesen, resümierte Trainer Xabi Alonso, „aber wir waren intelligenter“.
Mit seinem Fazit wollte der Spanier nicht die Intelligenz der kampfstarken Gäste aus Hamburg anzweifeln, vielmehr war es ein Vergleich mit dem Auftritt der eigenen Mannschaft vom 5. Oktober, als Bayer 04 gegen Aufsteiger Holstein Kiel eine frühe 2:0-Führung recht kläglich hergeschenkt hatte und am Ende frustriert ein 2:2 akzeptieren musste. „Nach Kiel haben wir darüber gesprochen, wie man mit mehr Intelligenz spielen kann“, berichtete Xabi Alonso, bislang habe seine Mannschaft „in solchen Situationen nicht viele gute Erfahrungen gemacht.“
Hinter Bayer 04 Leverkusen liegt ein erfolgreicher Lernprozess
Das änderte sich am Samstagnachmittag in der ausverkauften Bay-Arena. Hinter dem durchwachsen in die Saison gestarteten Double-Sieger liegt ein offenbar erfolgreicher Lernprozess, dass man sich auch ohne gigantische Erfolgsserie im Rücken und ohne Aussicht auf die ersten Titel wie ein Spitzenteam präsentieren kann. „Wir gewinnen wieder die dreckigen Dinger“, brachte es Mittelfeldspieler Robert Andrich auf den Punkt.
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Dabei hatte zunächst viel auf eine Leverkusener Gala hingedeutet. Denn nach nicht einmal sechs Minuten erkannte Granit Xhaka den freien Raum vor Florian Wirtz zwischen Abwehrreihe und Mittelfeld der Gäste und bediente den Hochbegabten mustergültig. Der 21-Jährige nahm den Ball in einer fließenden Bewegung mit, tunnelte den überforderten Eric Smith und schob locker ins kurze Eck zum 1:0 ein. Man könne Wirtz gar nicht genug loben, sagte Leverkusens Kapitän Lukas Hradecky. „Es war wieder ein Genuss.“ Trainer Xabi Alonso ergänzte: „Ein genialer Moment. Seine Kontrolle, sein Dribbling. Das auf dem kleinen Raum zu machen, ist nicht einfach.“
Florian Wirtz trifft traumhaft schön zum 1:0
Wirtz und Aushilfs-Mittelstürmer Nathan Tella harmonierten prächtig und sorgten mit ihrer Kombinationsstärke und ihrem Tempo für viele im Ansatz gefährliche Szenen. Das 2:0 war nur eine Frage der Zeit und fiel nach einem Standard: Aleix Garcias Eckball köpfte Abwehrchef Jonathan Tah in der 21. Minute ins Tor. Kurz vor der Pause landete der Ball wieder im Netz des FC St. Pauli – doch Tella war nach einem weiteren Xhaka-Traumpass einen Augenblick zu früh losgesprintet und stand deshalb im Abseits.
Nach dem Seitenwechsel fuhr Bayer 04, möglicherweise im Gefühl des sicheren Sieges, das Engagement herunter, zunächst ohne den Aufsteiger zu klaren Chancen kommen zu lassen. Das änderte sich erst in der Schlussviertelstunde, als St. Pauli alles nach vorne warf und zum verdienten 1:2 (84./Morgan Guilavogui) kam. Weil Leverkusen bei seinen vielen Kontern fast ausnahmslos Fehlentscheidungen traf und sie allesamt vergab, durften die Hamburger bis zum Schluss hoffen – ehe der Abpfiff Bayer 04 erlöste. „Vielleicht haben wir diese Intensität im Zweikampf, zum Beispiel beim 1:2, vermissen lassen. Das war zu einfach, ein bisschen soft“, sagte Xabi Alonso. „Die erste Hälfte war gut, die zweite war okay.“
Am Dienstag ist Inter Mailand zu Gast in Leverkusen
Mit Blick auf die beeindruckende Bilanz der letzten beiden englischen Wochen, Leverkusen feierte die fünf Siege binnen 15 Tagen, gab es vom spanischen Double-Trainer keine Kritik nach der unnötig spannenden Schlussphase: Alle drei Tage zu spielen in unserer Situation mit den Verletzten (Victor Boniface, Patrik Schick, Amine Adli, d. Red.) ist nicht einfach. Ich muss den Hut ziehen vor meinen Spielern. Wir haben diese gute Mentalität und diesen Spirit, alles zu geben. Ich habe an den Jungs nichts auszusetzen.“
Schon am Dienstagabend (21 Uhr) bietet sich in der Bay-Arena die Chance auf den sechsten Sieg in Folge. Gegner in der Champions League ist Inter Mailand.