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Vom Wechselkandidaten zum Wirtz-Ersatz?Paulinho trifft für seine Zukunft

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Beide Daumen hoch für die perfekte Joker-Leistung: Paulinho (l.) jubelt in Wolfsburg. 

Leverkusen – Als alle Leverkusener Profis und Betreuer mit dem Umarmen und Beglückwünschen von Paulinho fertig waren, durfte der brasilianische Matchwinner noch auf Karim Bellarabis Rücken vor den mitgereisten Bayer-Fans reiten. Vom 21-Jährigen war nach dem späten Doppelpack zum 2:0 in Wolfsburg am Sonntagabend eine Last abgefallen. Die Feierlichkeiten wirkten, als hätte das Nesthäkchen einer Großfamilie gerade erfolgreich seine Reifeprüfung absolviert und alle würden sich besonders für ihn freuen.

Tatsächlich hatte der in der 81. Minute eingewechselte Paulinho in den Minuten 86 und 90.+2 seine ersten Bundesliga-Tore nach mehr als zwei Jahren erzielt. Chancen zu Treffern hatte der Stürmer in den letzten Wochen und Monaten zur Genüge, doch hatte er regelmäßig die falsche Entscheidung getroffen, seine Verunsicherung in immer neue Höhen getrieben und den Ruf des Chancentodes zementiert – bis zum Sonntagabend. Beim 1:0 hatte Paulinho noch Glück, da VfL-Keeper Pavao Pervan offenbar mit einem Schuss ins andere Eck rechnete. Das 2:0 war dann ein Vorzeige-Kopfball des Mannes aus Rio de Janeiro.

Paulinho hat einen Vertrag bis 2023

„Die ganze Mannschaft freut sich für ihn, weil er seit langem keine Tore mehr geschossen hat. Wir versuchen, ihn zu ermutigen, in den Abschluss zu gehen, nicht zu zögern, die nötige Entschlossenheit zu haben. Die hatte er beim Torschuss“, lobte Trainer Gerardo Seoane und fügte augenzwinkernd an: „Wir wussten nichts von seiner Kopfballstärke, darüber freuen wir uns aber natürlich.“

Für Paulinho hätten die beiden Tore zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Denn bis zuletzt standen die Zeichen in Leverkusen auf einen Abschied im Sommer. Der Vertrag des Angreifers läuft noch bis 2023. Für eine Verlängerung hatten dem Werksklub bislang die Argumente gefehlt. Einen ablösefreien Wechsel will Bayer 04 aber unter allen Umständen verhindern. Daher schien bis zum frühen Sonntagnachmittag die wahrscheinlichste Option: Paulinho wechselt im Sommer für eine geringe Ablöse zu einem portugiesischen oder spanischen Erstligisten – ein Neuanfang für den Olympiasieger von 2021 nach unglücklichen Jahren in Leverkusen.

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18,5 Millionen Euro hatte Bayer 04 im Sommer 2018 für den damals 17 Jahre alten Paulinho an Vasco da Gama überwiesen. Der Stürmer wurde in seiner Heimat als „Wunderkind“ gefeiert. Der Teenager sollte langsam an die neue Umgebung herangeführt werden und kam lange nicht über Kurzeinsätze hinaus. Erst gegen Ende seiner zweiten Saison schien Paulinho der Schritt hin zur echten Alternative zu glücken. In seinem ersten Einsatz über 90 Minuten am 7. März 2020 gelangen ihm zwei Tore und eine Vorlage beim 4:0 gegen Frankfurt. Es sollten die letzten Treffer bis zum Sonntag in Wolfsburg bleiben.

Option als Ersatz für Florian Wirtz

Denn in der verlängerten Corona-Saison zog sich Paulinho Anfang Juli 2020 im Training einen Kreuzbandriss zu. 313 Tage vergingen bis zu seinem Comeback am letzten Spieltag der vergangenen Saison. Seitdem mühte Paulinho durch viele glücklose Joker-Einsätze, ehe sich der Knoten am Sonntag löste. Sollte tatsächlich die „Ketchup-Flasche geplatzt sein“, wie es Lukas Hradecky formulierte, und gute Leistungen und Tore nur so aus Paulinho herausströmen, könnte er nicht nur Argumente für eine Vertragsverlängerung sammeln – sondern ganz nebenbei auch ein wichtiger Baustein beim Ersetzen des schwer verletzten Florian Wirtz werden.