Kölner Amateur-Trainer an Leukämie erkranktManuel Schmidts Kampf zurück ins Leben
Lesezeit 3 Minuten
Köln – Etwa 1000 Tage liegen zwischen dem September im Jahr 2018 und dem Juni in 2021. Für Manuel Schmidt bedeutet diese Zeitspanne den Beginn eines neuen Lebens. Der Fußballtrainer des VfL Rheingold Poll hatte sich vor gut zweieinhalb Jahren – nach einem 6:3 in der Bezirksliga gegen Frielingsdorf – wegen Schüttelfrost in der Uniklinik vorgestellt und verließ das Krankenhaus als Leukämie-Patient. 32 Monate später plant er sein Comeback auf dem Platz – als Trainer der SpVg Flittard.
„Der Anruf an diesem Dienstagabend war ein Schock“, erinnert sich der 40-Jährige an die Blutbild-Analyse und die telefonisch übermittelte Diagnose im Herbst des Jahres 2018. „Ich war gerade dabei, meine Tasche für das Training abends zu packen.“
Nach dem Gespräch mit dem Arzt musste er sich erstmal setzen. „Ich dachte wirklich: Das war es jetzt. Blutkrebs ist überall im Körper und den bekommst du nicht mehr weg.“ Instinktiv rief er zuerst den Poller Präsidenten an und meldete sich ab. Alles was folgte, beschreibt Schmidt rückblickend als „schwierigste Zeit meines Lebens“.
Zwar hatte er nach der eigenen Google-Recherche und seinem Austausch mit den Ärzten schnell Gewissheit, dass der Blutkrebs nicht gleich den Tod bedeutet. Zu den prominentesten Opfern der „akuten, myeloischen Leukämie“ zählte aber etwa Guido Westerwelle 2016. 2018 hatte Schmidt Glück, dass er frühzeitig diagnostiziert wurde: „Ich hätte mit den Symptomen wohl nicht viel früher kommen können, aber auch nicht viel später kommen dürfen“, stellt er klar.
Sein Kampf zurück ins Leben war lang, hart und emotional. „Ohne meine Lebensgefährtin, meine Tochter und die vielen Freunde aus dem Fußball hätte ich das nicht geschafft“, sagt er und denkt an die Chemotherapien, die Suche nach einem Stammzellenspender, die intravenös verabreichte Plasma-Transplantation und den monatelangen Aufbau des neuen Immunsystems. Positiv in Erinnerung blieb vor allem die große Welle der Solidarität mit zahllosen Nachrichten und Besuchen am Krankenbett, sowie einem Benefiz-Event auf dem Poller Sportplatz, bei dem die DKMS mit einem Stand vertreten war und Spenden von tausenden Besuchern gesammelt wurden. Dass Schmidt nach monatelanger, großer Vorsicht vor Infektionen 2019 zuerst als Zuschauer nach Poll zurückkehrte, scheint logisch. „Auch dort haben sich die Leute toll um mich gekümmert und mir mit einem Stuhl und Decke direkt am Kunstrasen, Essen und Getränken, den Himmel auf Erden bereitet“, erzählt er.
In seiner Abwesenheit wurden beim VfL Rheingold insgesamt fünf Trainer verschlissen und auch der Kader war nach anderthalb Jahren nicht ansatzweise der, den er hinterlassen hatte. „Deswegen stand nie zur Debatte, dass ich in Poll als Trainer zurückkehre“, erklärt er.
30 Jahre im Amateurfußball
Auch die Kraft des Amateurfußballs trug den Familienvater, der beim Autobauer Ford in Niehl angestellt ist, durch die Leukämie. Jetzt ist er froh, dass seine Rückkehr bei einer so guten Adresse wie Flittard vonstattengehen kann. „Mit meinem Co-Trainer Alex Schauf, zwei Torwarttrainern plus Betreuer sind wir fünf Leute. Das ist Luxus und mir kann einiges an Arbeit abgenommen werden.“ Der Zusammenhalt beim Bezirksligisten ist traditionell groß. „Das sind alles Jungs, die auch höher spielen könnten, aber für einen Apfel und ein Ei in Flittard bleiben“, lobt Schmidt den Charakter seines neuen Teams.
Mit Ambitionen, aber vor allem mit Spaß und Freude am Fußball soll es nach dem Ende der Corona-Restriktionen weitergehen. Der 40-Jährige hat schon gute 30 Jahre im Kölner Amateurfußball erlebt und sehnt sich nach der langen Krankheit und Corona zurück auf die Plätze der Region. „Fußball ist aber einfach mein Ding. Es war von Anfang an klar, dass ich zurückkommen möchte und ich hatte 2021 angepeilt“, betont der geheilte Leukämie-Patient und freut sich auf das Training in Flittard.