Köln – Die Bilder vom Grand Prix in Bahrain rufen Erinnerungen an den Unfall von Rennfahrer-Legende Niki Lauda 1976 am Nürburgring wach. Der Ferrari des damals 27-jährigen Österreichers ging in Flammen auf. Lauda überlebte, trotz schwersten Verbrennungen und einer kaputten Lunge, verätzt durch das Einatmen von giftigen Gasen während des Unfalls. 44 Jahre später: Nur wenige Sekunden nach Beginn des Formel-1-Grand-Prix von Bahrain stand das Auto des Franzosen Romain Grosjean in Flammen. Nach der zweiten Kurve versuchte der Haas-Fahrer den Wagen von Daniil Kvyat zu überholen und blieb an dessen Vorderrad hängen. Grosjean krachte mit über 220 Stundenkilometern in die Leitplanke. Die Wucht des Aufpralls riss das Auto entzwei.
Nach 27 Sekunden konnte sich der 34-Jährige aus dem brennenden Fahrzeug befreien. Mit nur einem Schuh ging er, gestützt von Mitgliedern des Rettungsteams, von der Strecke. Er erlitt Verbrennungen, zweiten Grades, blieb aber ansonsten unverletzt. „Romain ist okay. Ich möchte keine medizinische Diagnose stellen, aber er hat leichte Verletzungen an den Händen und Knöcheln. Offensichtlich hat er gezittert. Ich möchte dem Rettungsteam danken, das sehr schnell war. Den Ordnern und dem Verband, sie haben einen tollen Job gemacht, es war beängstigend“, schrieb Günther Steiner, Teamchef im Rennstall Haas, nach dem Horror-Unfall auf Twitter.
Halo-System rettet Grosjean
Gerettet hat Grosjean wohl ein Titanbügel an seinem Wagen, der jahrelang von vielen abgelehnt wurde. Das „Halo“-System wurde 2014 eingeführt und ist seit 2018 verpflichtend an jedem Formel-1-Wagen montiert. Der Heiligenschein verläuft um den Kopf des Fahrers und ist an drei Punkten mit dem Rahmen des Fahrzeugs verbunden. „Vor 15 Jahren wäre so ein Unfall anders ausgegangen“, sagte der ehemalige Formel-1-Pilot Ralf Schumacher über die Kollision von Grosjean. „Ohne Halo wäre der Fahrer hier wohl geköpft worden.“ Auch die Schutzausrüstung des Franzosen hielt stand.
Rennanzug und Helm verhinderten, dass Grosjean sich schlimmere Verbrennungen zuzog. Bei Tests wird untersucht, wie die Ausrüstung auf direktes Feuer und Hitzeübertragung reagiert. Bei 600 bis 800 Grad Celsius dürfen sich frühestens nach zehn Sekunden Blasen oder Löcher bilden. Auch der Halo muss enorme Kräfte von den Fahrern abhalten können: bis zur Einwirkung des 15-fachen Gewichts eines Autos muss der Heiligenschein unbeschadet bleiben. Der Kopfschutz wurde 2014 von der Fia nach dem Unfall des französischen Fahrers Jules Bianchi eingeführt. Im Alter von 26 Jahren war der Franzose bei einem Rennen verunglückt. Neun Monate später erlag er seinen Verletzungen.
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Die Verpflichtung zu dem Kopfschutz war massiv kritisiert worden. „Das Halo-System ist das Schlimmste, was der Formel 1 je angetan wurde“, sagte der mittlerweile verstorbene Lauda 2018 zu der Entscheidung der Fia. „Ich finde, dass es ein trauriger Tag für die Formel 1 war, als die Entscheidung verkündet wurde. Ich finde nicht, dass so etwas in die Formel 1 gehört“, sagte sogar Grosjean, schon damals Vorsitzender der Fahrergewerkschaft GPDA. Bemängelt wurde unter anderem das Gewicht des Bügels. Rund 14 Kilogramm wiegt die Konstruktion, was die Fahrer Geschwindigkeit kostet und die Teams zwingt, an anderen Stellen Gewicht einzusparen. Dieser Kopfschutz kostet das Rennteam rund 15000 Euro. Der Halo gebe einem das Gefühl „man sei mit Dach unterwegs“, sagte Sebastian Vetteil 2018.
Doch der Titanbügel erwies sich schnell als Lebensretter. 2018, kurz nach dem Start des Formel-1-Grand-Prix in Belgien: Fernando Alonso hebt nach einer Kollision mit Charles Leclerc mit seinem Williams ab. Halo verhinderte, dass der Wagen direkt auf Leclers Kopf landete.
Nächstes Rennen kommenden Sonntag in Bahrain
„Ich habe in zwölf Jahren nicht so viel Feuer gesehen. Es ist super zu sehen, dass alles funktioniert hat: die Leitplanken, die Rettungsmaßnahmen und der Halo“, lobte Alan van der Merwe, der Fahrer des Formel-1-Medical Cars, die Sicherheitsvorkehrungen. Grosjean selbst meldete sich auf Instagram aus dem Krankenhaus zu Wort. Das Video zeigt ihn mit bandagierten Händen, aber sichtlich munter. Er bedankte sich bei seinem Team – und revidierte öffentlich seine Meinung zum Halo-System. „Ich war früher ein großer Gegner des Halos, fand das immer nervig. Aber jetzt bin ich ein großer Freund davon“, sagte er.
Grosjean soll das Krankenhaus bereits am Dienstag wieder verlassen können, hieß es. Beim vorletzten Saisonrennen in Bahrain am kommenden Sonntag wird ihn Ersatzfahrer Pietro Fittipaldi vertreten.