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Hockeyspieler Christopher Rühr"Das Ziel, Arzt zu werden, steht über allem"

Lesezeit 4 Minuten
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Christopher Rühr

  1. In unserer Serie berichtet der Kölner Sportler über den Beginn des Medizinstudiums.
  2. Der Nationalspieler befindet sich noch im Einzeltraining und hofft auf Lockerungen.
  3. Ohne die Beschäftigung mit seinem Studium ginge es dem Spieler viel schlechter.

Köln – Ich bin jetzt seit drei Wochen Medizinstudent. Seitdem sitze ich viel an meinem Schreibtisch und versuche, den Stoff zu verinnerlichen. Das Studium beginnt mit den Grundlagen, wie Chemie, Physik, Biologie und Terminologie, also Latein.

An der Uni Köln ist der Studiengang zudem, anders als an vielen anderen Universitäten, ein Modellstudiengang. Da kommen zu den grundlegenden Fächern noch medizinische Psychologie und Soziologie hinzu. Der Modellstudiengang zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass man nicht, wie üblich, nach vier Semestern sein Physikum schreibt, sondern dass sich dieses über die vier ersten Semester erstreckt und man nach dem ersten, dritten und vierten Semester verschiedene so genannte ärztliche Basisprüfungen ablegt, die dann zusammen das Physikum ergeben. Außerdem enthält der Modellstudiengang auch früh im Studium schon praktische Fächer, wie Erste Hilfe oder Hygiene, die aktuell natürlich nicht stattfinden können. Manche Dozenten stellen die Präsentationen ihrer Vorlesungen mit hinterlegtem Audio-Kommentar zur Verfügung, manche laden nur die PDF-Dateien hoch und wieder andere machen Live-Vorlesungen via Zoom.

"Ich versuche, alles auf eigene Faust hinzubekommen"

Ich habe einige Leute in meinem Umfeld, die auch Mediziner sind, wie meine ältere Schwester und die Freundin meines Bruders. Oder angehende Mediziner, wie meine Nationalmannschaftskollegen Timur Oruz und Ferdinand Weinke. Wir tauschen uns viel aus und ich versuche, mir Tipps einzuholen. Es ist aber trotzdem komisch, seine Kommilitonen nur am Bildschirm zu sehen und keinen persönlichen Austausch zu haben. Darauf, bald neue Leute persönlich kennen zu lernen, freue ich mich sehr.So sitze ich also jetzt zu Hause und versuche, alles mehr oder weniger auf eigene Faust hinzubekommen. In gewisser Weise ist der Studienstart für mich wie eine Schocktherapie. 2012 habe ich mein Abitur gemacht und jetzt so lange auf diesen Studienplatz gewartet. Nach viel Hockey und nichts Lernen sind es jetzt sechs Hauptfächer und ein paar kleinere Fächer auf einmal.

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Dazu kommt das Training, das natürlich in dem engen Rahmen, den Corona vorgibt, weiter läuft. Mein Athletik-Plan steht und ein- bis zweimal in der Woche treffe ich mich mit meinem Coach zum Einzeltraining auf dem Hockeyplatz. Wir hoffen da auf Lockerungen. Es gibt vom Deutschen Hockey-Bund und vom DOSB Empfehlungen für Übergangsregeln beim Trainingsbetrieb im Verein. Eventuell dürfen wir bald in Vierergruppen, ohne Zweikämpfe und mit dem nötigen Abstand, trainieren. Das bleibt abzuwarten. Dadurch würde sich das Spektrum an Übungen deutlich vergrößern. Spielnah wäre das alles ohne die athletische Komponente und ohne Zweikämpfe noch lange nicht. Um das Ballgefühl aufrecht zu erhalten, wäre es aber hilfreich.

Momentan fange ich den Tag zumeist mit einer kleinen Trainingseinheit an, zum Beispiel mit einem Lauf oder einem Sprinttraining. Bei der Uhrzeit bin ich variabel. Je nachdem, wann ich am Abend vorher ins Bett gekommen bin. Siebeneinhalb Stunden Schlaf brauche ich so ungefähr, um mich fit zu fühlen. Nach dem Training frühstücke ich, dann setze ich mich an den Schreibtisch. Dort verbringe ich einige Stunden – mit einer kurzen Pause. Abends trainiere ich, je nach Planung der Woche, noch mal. Entweder alleine oder im Zoom-Meeting zusammen mit den Nationalmannschaftskollegen. Lernen, trainieren, schlafen und essen – mehr kann ich aktuell nicht tun.

"Ich bin sehr froh über den Studienplatz"

Mir geht es aber gut damit. Ich bin sehr, sehr froh über den Studienplatz und darüber, dass ich jetzt etwas zu tun habe. Andernfalls würde mir die hockeyfreie Zeit wohl sehr aufs Gemüt schlagen. Dass es bis zum Physikum hart werden würde, war mir vor dem Studienstart klar. Jetzt geht es darum, die Grundlagen zu legen. Da muss ich durch. Das Ziel Arzt zu werden, steht über allem. So ist das ja häufig auch im Sport. Das Ziel ist weit entfernt und nicht jedes Training macht Spaß. Trotzdem zieht man es durch.

Ob und wie es im Hockey in diesem Jahr weitergeht, ist noch immer unklar. Fest steht, dass wir bis August keine Bundesligaspiele bestreiten werden. Ob die Rückrunde damit komplett ausfällt und die Saison annulliert wird oder ob die aktuelle Spielzeit noch beendet wird, ist derzeit offen.