Nach dem fünften gescheiterten Versuch des Wiederaufstiegs sehen die HSV-Macher ein Fundament - und irren sich gewaltig.
Kommentar:Die Zweitliga-Uhr des großen Hamburger SV wird noch lange ticken
Es war einmal ein großer Fußball-Verein namens Hamburger SV, der die Bundesliga in aller Welt stolz und hanseatisch repräsentierte. Seine Wurzeln reichen zurück ins 19. Jahrhundert, und sein Idol Uwe Seeler wurde zum größten Idol des deutschen Fußballs. Wenn auch nicht alle den Klub der Pfeffersäcke mochte, der es sich leisten konnte, einem kaum mehr spielfähigen Franz Beckenbauer 1982 seine letzte deutsche Meisterschaft zu schenken, so hatten doch alle Respekt und Hochachtung vor ihm. Und als er 1983 unter dem legendären Trainer Ernst Happel durch ein 1:0 über Juventus Turin – Tor: Magath - den Europapokal der Landesmeister gewann, den Vorläufer der Champions League, fand das niemand ungewöhnlich. Denn der HSV war so beeindruckend wie die Stadt, aus der er kam.
Dieser HSV war 55 Jahre lang ununterbrochen in der Bundesliga, war er sich 17 Jahre lang auch durch eine vermeintliche Ewigkeitsuhr dokumentieren ließ, die jede Sekunde des Aufenthalts in der Erstklassigkeit anzeigte. Bis sie 2018 nach vielen Jahren der Misswirtschaft einfach stehen blieb, abgebaut wurde und in einer Lagerhalle vor sich hindämmert.
Vermutlich setzte sich in dieser Uhr ein geheimes Laufwerk in Bewegung, das jetzt die Stunden in der Zweiten Liga zählt und nicht mehr damit aufhören will. Zum fünften Mal in Folge ist der Riese der Zweiten Liga, ausgestattet mit dem größten Anhang und dem größten Etat, beim Versuch gescheitert, ins Oberhaus zurückzukehren. Wie jedes Mal auf dramatische Weise durch eine unselige Verkettung innerer Machtkämpfe, falscher Personalentscheidungen, sportlicher Irrtümer und höherer Gewalt. Niemand konnte ahnen, dass ein Schiedsrichter am 34. Spieltag dem Konkurrenten Heidenheim in Regensburg elf Minuten Nachspielzeit schenken würde, in denen er den Aufstieg klarmachte.
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Der trügerische Glaube des Duos Jonas Boldt/Tim Walter
Die Folge war, dass der große HSV gegen den großen VfB Stuttgart darum kämpfen musste, an wem der Giftbecher des Abstiegs vorbeiging, während Klubs wie Heidenheim und Darmstadt schon die erste Liga planten, in der kommende Saison ein Großteil der Spiele zwischen Kunstklubs und ehemaligen Provinzvereinen ausgetragen wird. Und es bleibt das Geheimnis der DFL, wie sie mit Paarungen wie Darmstadt – Augsburg, Heidenheim – Hoffenheim, Heidenheim – Darmstadt, Mainz – Leipzig etc. etc. zahlende Kundschaft außerhalb des Stadions anlocken will.
HSV-Klubchef Jonas Boldt und Trainer Tim Walter eint in derweil der Glaube, mit ihrem abermaligen Scheitern im Volksparkstadion ein Fundament geschaffen zu haben, auf dem die Rückkehr zu alter Größe möglich ist. Und die unsichtbare Zweitliga-Uhr freut sich schon, denn sie wird vermutlich noch sehr lange ticken.