Der 59-Jährige spricht über die Chancen des Frauenfußball-Teams in der neuen Bundesliga-Saison, die personellen Planungen und die Jugendarbeit.
Frauen-Sportleiter Achim Feifel„Bei Bayer 04 Leverkusen wird es nur über eine starke Teamleistung gehen“
Herr Feifel, Teil eins der Sommervorbereitung ist vollbracht. Die Spielerinnen können jetzt ein paar Tage durchpusten. Stehen Ihnen als Sportlicher Leiter auch ruhigere Tage bevor?
Achim Feifel: Es wird vielleicht etwas ruhiger, aber Langeweile kommt bestimmt nicht auf. Auch wenn ich hoffe, dass der Kader schon etwas früher steht, endet die Transferperiode schließlich erst am 31. August. Bis dahin ist noch einiges zu tun. Auf zwei Positionen wollen wir uns bis dahin noch verstärken. Zudem erfordert nicht nur die Bundesliga-Mannschaft Aufmerksamkeit, sondern auch die übrigen Teams.
Große Veränderungen am Kader wird es demnach aber nicht mehr geben. Gekommen sind großenteils Talente. Fehlt es denn nicht an gestandenen Spielerinnen wie der in der vergangenen Serie von Tottenham Hotspur ausgeliehenen Nikola Karczewska oder der zu Eintracht Frankfurt gewechselten deutschen Nationalspielerin Elisa Senß?
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Sicherlich haben wir erfahrene Spielerinnen abgegeben. Dazu gehören auch Verena Wieder oder Caroline Siems. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir einen guten Mix gefunden haben. Mit Juliette Vidal und Caroline Kehrer sind routinierte Spielerinnen gekommen. Auch Katharina Piljic ist trotz ihres jüngeren Alters schon erfahren. Das ist wichtig und wird dem Team guttun.
Verabschiedet hat sich auch Sylwia Matysik. Die polnische Nationalspielerin gehörte seit 2020 zum Team und läuft künftig für den 1. FC Köln auf. Konnte man mit der Offerte von der anderen Rheinseite nicht mithalten?
Es gab keinen längeren Verhandlungsprozess. Sie hat uns mit ihrem Anliegen überrascht und auf eine Ausstiegsregelung zurückgegriffen. Ihre genauen Beweggründe kenne ich nicht. Sie hat sich so entschieden, das respektieren wir.
Bei Ihrem Wechsel von der Trainerbank auf den Posten des Sportlichen Leiters wollten Sie auch die Nachwuchsarbeit voranbringen. Im Verbandspokal gab es zuletzt einen Dreifach-Triumph der Leverkusener Talente, im deutschen Kader bei der U-19-EM stehen gleich fünf Bayer-Spielerinnen. Sind das bereits die Früchte dieser Arbeit?
Nein, das hat mit unseren Veränderungen noch nichts zu tun. Wir bemühen uns um eine personelle und strukturelle Weiterentwicklung, die langfristig angelegt ist. Wir haben etwa die U-23-Mannschaft stringent zu einem Team mit U-20-Spielerinnen gemacht. Dort spielen nur noch junge Spielerinnen, die die Motivation mitbringen, den Sprung nach oben zu schaffen. Wir wollen zudem für eine größere Durchlässigkeit sorgen. Spielerinnen nehmen deshalb sporadisch am Training der nächstälteren Mannschaft oder des Bundesliga-Teams teil. Die talentiertesten Mädchen bestreiten außerdem Einheiten mit Jungs. Auch haben wir die Trainerteams im U-20- und U-17-Bereich auf jeweils drei Personen aufgestockt. Das haben wir vor dem Hintergrund der neuen U-19-Liga auf westdeutscher Ebene getan. Für uns wird dort ein Mixteam aus U-17- und U-20-Spielerinnen auflaufen. Für die Betreuung werden Co-Trainer in die Rolle des Chef-Coaches rücken. Letzteres ist auch für die Entwicklung des Trainerteams eine reizvolle Sache. Die Früchte dieser Maßnahmen werden wir jedoch erst in paar Jahren ernten können.
Welche Rolle spielt dabei der neue Bundesliga-Coach Roberto Pätzold?
Eine ganz wichtige. Und für diese Verzahnung mit dem Nachwuchs ist er auch der richtige Mann. Er kennt schließlich die Arbeit in Nachwuchsleistungszentren, weiß, wie talentierte Akteure gefördert und in höhere Mannschaften durchgeschoben werden. Er hat bereits gezeigt, dass er die anderen Teams im Klub gut im Blick hat. Als wir zuletzt Spielerinnen aus dem Erstliga-Kader an Nationalteams abstellen mussten, hat er die Gelegenheit genutzt, um jungen Spielerinnen eine Chance zu geben. Das ist gut für die Motivation der Mädels und sie sehen dadurch, wo sie stehen. Im Coaching ist Pätzold sehr fordernd und auffordernd, klar in der Ansprache. Er zeigt klar auf, was er auf einzelnen Positionen sehen möchte. Und er vermittelt in aller Klarheit, welches Auftreten und welchen Spielstil er erwartet.
Was ist in der kommenden Spielzeit möglich?
Für so eine Einschätzung ist es noch zu früh. In der letzten Woche der Vorbereitung werden wir sehen, wo wir im Vergleich zur Vorsaison stehen. Klar ist, dass die Bundesliga immer enger zusammenrückt. Wir müssen hart an uns arbeiten, um einen weiteren Schritt nach vorne zu machen. Hinter den Topteams aus München, Wolfsburg und Frankfurt wird es heiß hergehen. Hoffenheim wird bestimmt ein hohes Niveau spielen können. Essen war zuletzt eine Überraschungsteam und ist weitgehend zusammengeblieben. Köln, Freiburg, Leipzig und Bremen haben ebenfalls viel getan. Bei uns wird es nur über Geschlossenheit und eine starke Teamleistung gehen. Wenn diese Faktoren stimmen, können wir erfolgreich sein.
Zur Person
Achim Feifel (59) begann seine Laufbahn 1990 als Jugendtrainer. Der Fußball-Lehrer und Diplom-Sportpädagoge aus Schwäbisch Gmünd übernahm 2005 die Bundesliga-Frauen des Hamburger SV, 2012 für ein Jahr den russischen Champions-League-Teilnehmer FC Rossiyanka. Nach einer Saison als Co-Trainer beim 1. FFC Turbine Potsdam kehrte Feifel zum HSV zurück. 2019 übernahm er den Trainerposten bei Bayer 04, wo er drei Jahre später auf den Posten des Sportlichen Leiters rückte. (wok)