Zu Beginn der abgelaufenen Saison spielten die Höhenberger noch oben mit. In der kommenden Spielzeit wird es wohl nur um den Klassenerhalt gehen.
Dritte LigaDie „fetten Jahre“ sind vorbei – Viktoria Köln steht vor großem Umbruch
Natürlich war es lediglich eine Momentaufnahme und irgendwie konnte es nach drei absolvierten Spieltagen nicht darum gehen, den Tabellenstand in der Dritten Liga seriös einzuordnen. Dennoch war es an der Zeit, im vergangenen Spätsommer mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken: Die Viktoria war herausragend aus den Startlöchern gekommen, hatte den SC Verl zum Auftakt souverän 3:1 besiegt und am zweiten Spieltag beim späteren DFB-Pokal-Halbfinalisten 1. FC Saarbrücken mit 2:1 gewonnen.
Nach einem vor über 6000 Zuschauern erreichten torlosen Remis im West-Schlager gegen Rot-Weiss Essen, den die Kölner zwingend hätten gewinnen müssen, mit ihren Möglichkeiten aber zu sorglos umgegangen waren, stand das Tram von Trainer-Fuchs Olaf Janßen plötzlich auf Rang eins.
DFB-Pokal-Coup gegen den SV Werder Bremen
Was in jenen Tagen aber bundesweit für weitaus mehr Aufsehen gesorgt hatte, war der Pokalcoup des FC Viktoria in der ersten Hauptrunde: Völlig unerwartet beförderte der Underdog den Bundesligisten Werder Bremen aus dem DFB-Pokal, am Abend war der zweifache Torschütze und Ex-Werderaner David Philipp zu Gast im „Aktuellen Sportstudio“.
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Bis zum Herbst mischten die Höhenberger mit im Kreis der großen Titelkandidaten, wie etwa Dynamo Dresden und dem SSV Jahn Regensburg, dann brach die sportlich heile Welt über dem Kölner Osten plötzlich zusammen: Eine Verletzung reihte sich an die andere und die zuvor herausragend funktionierende Mittelfeldachse um die drei Neuzugänge Stefano Russo, Bryan Henning und den technisch beschlagenen Deutsch-Kroaten Donny Bogicevic wurde auseinandergerupft.
Viktoria Köln und das große Verletzungspech
Henning, der von Eintracht Braunschweig verpflichtete Mittelfeldstratege, riss sich im Mittelrheinpokal beim Landesligisten TuS Mondorf Ende Oktober das Kreuzband und hinterließ ein kaum zu stopfendes Vakuum in der Zentrale. Bogicevic, bereits damals umschwärmt vom ein oder anderen Bundesligisten, fiel immer wieder aufgrund anhaltender Knieprobleme aus, riss sich Anfang Februar schließlich das Syndesmoseband und musste die Saison vorzeitig abhaken.
Offenbar nahmen sich auch die konsternierten Mannschaftskameraden ein Beispiel an ihren Mitspielern und verletzten sich daraufhin gleich reihenweise: Mit Lars Dietz, Niklas May, Kapitän Moritz Fritz, Vizekapitän Christoph Greger und Bremen-Pokalschreck Philipp fielen zahlreiche Leistungsträger langfristig aus, es schien ein Fluch über Höhenberg zu liegen.
Mittelrheinpokal-Aus gegen Alemannia Aachen
Trotz der Verletzten-Misere rettete sich die Viktoria auf Platz zwölf solide in den Winter, dennoch war von der anfänglichen Euphorie rund um die spielstarke Mannschaft zu Beginn des neuen Jahres kaum noch etwas zu spüren. Olaf Janßen, seit Februar 2021 verantwortlicher Drittliga-Coach im Rechtsrheinischen, blickt auf eine in personeller Hinsicht komplizierte Spielzeit zurück: „Wir sind mit großen Ambitionen gestartet, mussten dann aber auf bittere Weise akzeptieren, dass uns viele Stammspieler weggebrochen sind. Das war ein sehr schwieriger Prozess für die Jungs.“
Spätestens nach dem Ausscheiden im Viertelfinale des Mittelrheinpokals an Aschermittwoch bei Alemannia Aachen war Trübsal angesagt beim FC Viktoria. Auch wirtschaftlich kam das Pokalaus einem Desaster gleich. Aufgrund der Niederlage beim späteren Drittliga-Aufsteiger konnte sich der Verein erstmalig nach vielen Jahren nicht für den lukrativen DFB-Pokal qualifizieren.
Führungsspieler und Nachwuchskräfte führen Viktoria Köln auf Platz 13
In den Wirren des Winters war die Qualität der Führungsspieler unentbehrlich. Sie gingen voran und nahmen die jungen Wilden unter ihre Fittiche: Gerade Leitwölfe wie Michael Schultz, der junge, dafür aber umso talentiertere Torwart Ben Voll, Jeremias Lorch, André Becker und der scheidende Topscorer Luca Marseiler übernahmen fortan das Kommando und führten die Viktoria schließlich zu einem souveränen Klassenerhalt und Platz 13 im Endklassement. „Wie unsere Führungsspieler unsere Krabbelgruppe mitgenommen haben, war schon überragend“, bemerkt Janßen in der Nachlese.
Wie es nun weitergeht in Höhenberg? Franz Wunderlich, Kölns mächtiger Sportvorstand, gibt einen kleinen Einblick und artikuliert bereits Ziele für die kommende Spielzeit, der sechsten in Liga drei: „Wenn man berücksichtigt, wie viele Leistungsträger uns verlassen, sollten wir schnellstmöglich die nötigen Punkte einsammeln“, fordert der 60-Jährige. „Alles andere als der Liga-Verbleib ist mit Sicherheit utopisch.“
Olaf Janßen will den beschwerlichen Weg mitgehen
Janßen weiß, was angesichts notwendiger finanzieller Einsparungen auf ihn und sein Team in der kommenden Spielzeit zukommen wird: „Seit Monaten ist uns bewusst, dass uns ein Umbruch bevorsteht und es bei uns um wirtschaftliche Vernunft geht.“ Dass der 57-jährige Coach den beschwerlichen Weg mitgehen wird, ist für ihn selbstverständlich: „Dazu habe ich mich entschieden und darauf freue ich mich auch“, gibt Janßen einen Einblick in sein Inneres. „Das Ziel, auch in der übernächsten Saison in der Dritten Liga vertreten zu sein, ist nicht utopisch. Wir werden mutig und angriffslustig sein.“
Dass die fetten Jahre bei Viktoria Köln vorbei sind und personell für die Anfang August beginnende Spielzeit noch dringend nachjustiert werden muss, wird den Kölner Verantwortlichen trotz aller Sparzwänge aber ebenso klar sein.