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Bescheid für Wahlkampf genutzt?Swisttal erhält 74 Millionen Euro für Wiederaufbau

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Die konkrete Fördersumme ist im Bewilligungsschein sogar in Worten angegeben.

Swisttal – Mehr als 74 Millionen Euro hat das Land für den Wiederaufbau kommunaler Projekte in der Gemeinde Swisttal reserviert. Als Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) am Dienstag an der Seite von Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) im Rathaus in Ludendorf das „Empfangsbekenntnis“ zum Förderbescheid unterzeichnete, trug sie ein leuchtend gelbes Stoffjacket.

Es erinnerte an die gelbe Warnweste, die die Bürgermeisterin in den Tagen nach der Flut bei zahlreichen Besichtigungen der Schäden anhatte. Und es war an diesem Dienstag nicht das einzige Symbol: Mit am Tisch saßen die beiden Landtagsabgeordneten Oliver Krauß (CDU) und Jörn Freynick (FDP) – ein Fakt, der besonders SPD und Grünen aus dem Swisttaler Gemeinderat aufstieß, der nicht eingeladen war.

„Es ist ein ungeheuerlicher Vorgang, dass der Gemeinderat von diesem freudigen Ereignis aus der Presse erfahren muss“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Gisela Hein, stellvertretende Vorsitzende der SPD Swisttal, und Sven Kraatz, Ortsvereinssprecher der Grünen Swisttal. Sie kreiden der Bürgermeisterin an, sie hätte den Bescheid in der Ratssitzung am Abend annehmen können, und beklagen: „So lassen Bürgermeisterin und Ministerin den Wiederaufbau-Start der Gemeinde zum Wahlkampf verkommen.“

Landtagskandidaten verweisen auf Herkunft des Geldes aus Bundeskasse

Wohlweißlich betonten Krauß und Freynick beide am Dienstagmorgen im Rathaus, dass die Flutkatastrophe nicht zum Wahlkampf tauge. Kraatz befürchtet, es könne der Eindruck entstehen, das Fördergeld sei großzügig von der CDU bewilligt, dabei sei es Steuergeld aus der Bundeskasse, das hier verteilt werde.

Daran ließ allerdings auch Scharrenbach keine Zweifel: Sie berichtete detailliert, wie die von einem Fachbüro im Einzelnen aufgelisteten Schäden mit den – inklusive einer Preissteigerung – kalkulierten Behebungskosten nach getaner Arbeit mit den Belegen dazu später beim Bund eingereicht werden sollen.

Scharrenbach zeigte sich auch umfassend im Bilde, was sicher daran lag, dass Kalkbrenner sie vom ersten Tag an – damals noch von Alfter aus, weil es in Swisttal keinen Strom und Empfang gab – informierte, und die Ministerin auch mehrfach in Swisttal war. Sie kümmerte sich selbst um Details wie die Beschaffung von Bautrocknern.

„Am 20 Juli war ich hier und habe das ganze Drama gesehen. Und mit ihren Eindrücken von damals fragte sie konkret nach, wie es um den Abriss des Feuerwehrhauses in Heimerzheim stehe, das Grundstück in Hanglage, das sie zu sehen bekam, ob die Container an der Schule stünden und auch die Spielgeräte. „Oft habe ich mit Oliver und Kai im Zelt gesessen“, sagt sie und meint damit den Abgeordneten Krauß aus Alfter und den Odendorfer Helfer Kai Imsande.

Scharrenbach betonte, alles verlaufe „planmäßig“ und nannte dann Zahlen aus den acht kleinbedruckten Seiten des Förderbescheids. 16 Millionen Euro enthält er für Kitas und Schulen, davon allein zehn Millionen für die Swistbachschule, die Grundschule in Heimerzheim. Acht Millionen für das Feuerwehrhaus in Heimerzheim und 14 Millionen Euro für Sportstätten, nannte Scharrenbach ausdrücklich.

Alles in allem sind Projekte für 74.031.774 Euro aufgelistet. „Obendrauf kommen die 6,8 Millionen, die Swisttal zur Deckung der Entsorgungskosten erhalten hat, und auch die Projektsteuerer werden bezahlt“, so Scharrenbach.

Kalkbrenner: „Wir sind dankbar so schnell diese Riesensumme zu erhalten. Ich habe immer gesagt, wir brauchen Geld, Geld, Geld. Ich freue mich auch, dass Sie es persönlich überbringen. Unser Haushalt ist wirklich am Ende.“

Swisttal erhält als dritte NRW-Kommune Bewilligungsbescheid

Scharrenbach kündigte weitere, praktische Hilfe an: „Die Handwerkskammer zu Köln wird sich noch melden, welche Gewerke in welcher Masse und Reihenfolge noch anstehen, da ja auch ein Engpass beim Material zu erwarten ist.“ Swisttal ist nach Altena und Eschweiler die dritte Kommune, die in NRW Geld zum Wiederaufbau vom Land bewilligt bekam. Swisttal hatte auch sehr zeitig den Antrag gestellt.

Oliver Krauß betonte das Engagement von Vereinen, Freynick fragte wegen der Auszahlung nach und erfuhr: Es handele sich um eine Rahmenbewilligung, so dass die Gemeinde nach eigener Priorisierung nach und nach das Geld für die bewilligten Projekte abrufen könne. Kalkbrenner schätzt, dass allein die Projekte mit Priorität noch drei bis vier Jahre in Anspruch nehmen werden, der weitere Wiederaufbau die kommenden zehn Jahre.

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Kalkbrenner: „Wir können nicht alles auf einmal angehen. Es wird einen Modernisierungsschub geben, der sonst 30 oder 40 Jahre gedauert hätte. Der Beigeordnete Tobias Weingartz sprach von einem „Motivationsschub“. Die Bürgermeisterin erinnerte auch an die „vielen Spontanhelfer“: „Ohne die, wäre das nicht zu schaffen gewesen.“ Die Ministerin wirbt um Verständnis, was die Aufgabe des Katastrophenschutzes sei: „Das Ziel ist der Erhalt öffentlicher Ordnung und nicht das Aufräumen.“

Am Tisch saßen am Dienstagvormittag auch zwei Vertreter des Unternehmens, das die Swisttaler Schäden katalogisiert und bewertet hat. „Wir haben in Chemnitz seit 20 Jahren Erfahrung mit Hochwasser“, erklärte Projektmanager Olaf Schwarz, und Jörg Timmermann vom Tochterunternehmen in Wiehl berichte von der praktischen Arbeit, wie schon bei der Katalogisierung der Schäden für Firmen lukrative Auftragslose gebildet worden seien, damit die Schadensbehebung schnell vonstatten gehen könne.