Der Innovation Hub Bergisches Land hat eine Fachkonferenz für Digitalisierung und Innovation in Gummersbach veranstaltet.
Online-StarthilfeUnternehmer mit Waldbröler Wurzeln eröffnet Digital Xchange in Gummersbach
Die Geschichte von dem Porno-Internetportal hat Hendrik Lennarz schon so oft erzählt, dass er sie selbst gar nicht mehr hören mag. Dennoch ist sie der erste „Growth Hack“, den er in Gummersbach vorträgt, denn er funktioniert.
Der Kölner Unternehmer mit Wurzeln in Waldbröl hat am Samstagmorgen den Eröffnungsvortrag für die Digital Xchange gehalten, eine Fachkonferenz für Digitalisierung und Innovation, die der Innovation Hub Bergisches Rheinland wieder auf dem Campus der Gummersbacher Hochschule veranstaltet hat. Im Vortragsprogramm finden sich sowohl sehr spezifische Technologiethemen, als auch allgemeinere Fragen des Marketings und der Unternehmenskultur. Hendrik Lennarz steht für beide Felder.
Unternehmer Hendrik Lennarz ist im Waldbröler Ort Seifen aufgewachsen
Der heute 42-jährige Vater zweier Kinder wächst in Waldbröl-Seifen auf, spielt im Südkreis viel Fußball und legt am Hollenberg-Gymnasium sein Abitur ab, bevor er in Siegen Wirtschaftsinformatik studiert. Von 2006 an ist er maßgeblich am Aufstieg des E-Commerce-Dienstleisters Trusted Brands beteiligt, am Ende als Chef eines 56-köpfigen Teams.
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Vor zehn Jahren stößt Lennarz dann auf das Konzept „Growth Hacking“. Dabei handelt es sich kurz gesagt um eine Marketing-Technik, mit der vor allem Start-ups versuchen, schnelles Wachstum zu erzeugen. Die Sozialen Medien von LinkedIn bis Tiktok helfen dabei, mit wenig Geld Aufmerksamkeit und Umsatz zu bekommen.
„Das isses“, habe er damals gedacht, sagt Hendrik Lennarz. In einem Aufsatz, den er online veröffentlicht, überträgt er das Konzept auf den deutschen Markt und bekommt prompt das Angebot, ein Buch zu schreiben. 2017 wagt er den Schritt in die Selbstständigkeit und gründet das Unternehmen „Unlock Growth“.
In der Anfangszeit habe er kämpfen müssen, um Kunden zu gewinnen, gibt Lennarz zu. Teils bietet er kostenlose Boot-Camps an, um seine Idee in die Unternehmen zu tragen. Nachdem das Geschäft gerade gut läuft, kommt Corona. Die Firma verliert an einem Tag 70.000 Euro Umsatz. Doch auch in seinem Fall ist die Pandemie ein Digitalisierungsschub. Heute kommen Lennarz und sein bald zehnköpfiges Team nur noch am Anfang mit den Kunden in Präsenz zusammen, bevor der Workshop online weitergeführt wird.
Beim Vortrag im TH-Hörsaal gibt Lennarz eine Kostprobe dessen, was er das „Growth Hacking Mindset“ nennt und verrät „Elf Hacks mit Umsetzungsgarantie“. Und das erste Beispiel ist der eingangs erwähnte „PornoHub Hack“.
Lennarz erzählt, wie das Team eines Antivirus-Software-Herstellers bei einem Workshop auf die Idee kam, für 1000 Euro eine Anzeige auf einem Porno-Portal zu schalten. Auch und gerade dort finde man ja Internetnutzer, die sich wegen Infektionsrisiken sorgen. Tatsächlich sah sich mehr als eine Million Leute die Anzeige an. Leider kam es nur zu einem einzigen Software-Verkauf. Aber die Anzeige ging später viral und brachte der Firma einen Haufen Stellenbewerbungen ein.
„Nicht nachmachen“, warnt Hendrik Lennarz seine Zuhörer. Aber eigene Ideen per Versuch und Irrtum auszuprobieren, das sei der richtige Weg. „Man kann Dinge an einem einzigen Tag umsetzen, wir haben es bloß verlernt.“
Neues Fördergeld für die Ideenschmiede in Gummersbach
Der Innovation Hub Bergisches Rheinland darf mit einer Verlängerung seiner Förderung durch die Europäische Union rechnen. Geschäftsführer Torsten Winterberg berichtete am Samstag, dass der Betrieb der Entwicklungseinrichtung auf dem Steinmüllergelände für weitere drei Jahre mit 7,5 Millionen Euro unterstützt wird. Er wertet diese Entscheidung als Bestätigung einer Erfolgsgeschichte: Obwohl schon mit 22 Mitgliedsunternehmen gestartet, sei es in den ersten drei Jahren seit der Gründung gelungen, sich um weitere 15 Partner zu verstärken. Und noch sei kein Ende absehbar.
Mit dem Branchentreffen Digital Xchange erreicht der Innovation Hub bei seiner siebten Auflage ein immer größeres Fachpublikum: Mehr als 1100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten am Samstag mehr als 80 Vorträge und Workshops, die von mehr als 100 Experten angeboten wurden. Zur Eröffnung sagte Prof. Dr. Stefan Herzig, Präsident der Technischen Hochschule Köln, dass es nicht selbstverständlich sei, dass das Format die Corona-Krise so gut bewältigt hat. Das X stehe für eine erfolgreiche Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft, von Technik und Mensch.
Technik und Mensch, also digitales Knowhow und Soft Skills, waren die beiden Themenbereiche der Veranstaltungen. Immer wieder ging es um das aktuelle Brennpunktthema Künstliche Intelligenz (KI). Als Gastgeber für den Großteil der Veranstaltungen griff der Gummersbacher TH-Dekan Prof. Dr. Christian Kohls, das Stichwort in seinem Grußwort auf. KI sei eine „disruptive Technologie“. Für die Hochschule sei sie Herausforderung und Chance. Er habe sich von ChatGPT testweise eine Bachelorarbeit schreiben lassen, die die Note „gut“ verdient hätte. Er glaube zugleich, dass der Chatbot den Studenten vieles besser erklären könnte als er selbst.
Kreisdirektor Klaus Grootens warb bei den Besuchern für den Standort Oberberg: „Eine Region ist nicht verschlafen, nur weil man bei wenig Verkehr an Fachwerk, Talsperren und grünen Wäldern vorbeifährt.“ Die Digitalisierung gehöre inzwischen zur DNA der Region.