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Aus für Werk in SaarlouisFord muss für Abfindungen tief in die Tasche greifen

Lesezeit 4 Minuten
Das große Logo von Ford, das auf dem Parkplatz des Werks Saarlouis steht, mit einem Durchfahrt Verboten Schild davor. Der zweitgrößte US-Autobauer Ford muss zahlreiche Fahrzeuge wegen Brandrisiken reparieren.

Das große Logo von Ford, das auf dem Parkplatz des Werks Saarlouis steht.

Mit großer Zustimmung haben sich die IG-Metall-Mitglieder für den ausgehandelten Vertrag ausgesprochen. Die Abfindungen gelten als lukrativ.

Die Entscheidung bei Ford in Saarlouis ist eindeutig ausgefallen: Mit einer Zustimmung von 93,28 Prozent haben sich die IG-Metall-Mitglieder des zweiten deutschen Ford-Werkes für den ausgehandelten Sozialtarifvertrag ausgesprochen. Zu der Abstimmung waren rund 3600 Mitglieder der IG Metall - und damit etwa 98 Prozent der Belegschaft aufgerufen. Der Sozialtarifvertrag tritt nun am 29. Februar in Kraft.

1000 Jobs bleiben vorerst erhalten

Die Vereinbarungen beinhalten unter anderem die Weiterbeschäftigung von 1000 Ford-Mitarbeitern bis Ende 2032, hohe Abfindungen und Prämien, die Bildung einer Transfergesellschaft und Qualifizierungsprogramme. Außerdem soll das ursprünglich für Mai 2025 geplante Ende der Produktion des Ford Focus um ein halbes Jahr verschoben werden.

Hintergrund ist, dass Ford im Sommer 2022 entschieden hatte, das Werk in Saarlouis zu schießen. Der Entscheidung vorausgegangen war ein monatelanger, hart geführter Konkurrenzkampf zwischen den Fordwerken Saarlouis und Valencia in Spanien, an welchem der beiden Standorte Elektroautos der nächsten Generation von Ford gebaut werden. Valencia bekam den Zuschlag - auch wenn im Nachgang noch gar nicht final entschieden ist, ob dort wirklich ein fordeigenes E-Auto gebaut wird. Damit war damals aber zugleich das Ende des Werkes sowie der Produktion des Modells Focus 2025 besiegelt.

Investor überraschend abgesprungen

Der Plan von Ford, mit Unterstützung der saarländischen Landesregierung einen Investor zu finden, der das Werk als Ganzes übernimmt, scheiterten schließlich. Zuvor schienen die Verhandlungen mit einem Interessenten auf einem guten Weg, als dieser Anfang Oktober 2023 überraschend absprang. Ende 2025 ist nun Schluss in Saarlouis.

Nach monatelangen intensiven Verhandlungen wurde schließlich zwischen Ford, der Gewerkschaft IG Metall und dem Betriebsrat eine Einigung auf einen Sozialtarifvertrag erzielt, der jetzt von der Belegschaft angenommen wurde. „Die gigantische Zustimmung von 93,28 Prozent unserer IG-Metall-Mitglieder zum Sozialtarifvertrag zeigt, dass sich unser Kampf der letzten Monate und Jahre gelohnt hat“, sagte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Völklingen, Lars Desgranges, nach der Abstimmung am Donnerstagabend. Der Sozialtarifvertrag sei „in seiner Gesamtheit an Regelungstatbeständen sicher einzigartig im Saarland und in ganz Deutschland“.

Nur die „zweitbeste Lösung“

„In keinem Betrieb in Deutschland gibt es ein vergleichbares Gesamtpaket“, sagte Markus Thal, Betriebsratsvorsitzender in Saarlouis. Man habe es für Ford so teuer wie möglich gemacht. Dennoch nannte er das Paket nur die „zweitbeste Lösung“. Lieber hätte er das Werk gerettet.

Auch die Ford-Führung zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. „Wir begrüßen die Zustimmung unserer in der IG Metall organisierten Beschäftigten zu den vor wenigen Wochen mit dem Betriebsrat und der IG Metall vereinbarten Eckpunkten des Sozialtarifvertrags für Saarlouis“, sagte Ford-Deutschlandchef Martin Sander. Damit sei ein wichtiger Meilenstein erreicht, der sowohl den Mitarbeitenden als auch dem Unternehmen als eine sichere Grundlage für die Zukunft am Standort Saarlouis diene. „Gemeinsam mit der Landesregierung arbeiten wir nun an der Maximierung der darüber hinaus zur Verfügung stehenden Anzahl an Arbeitsplätzen auf unserem Gelände“, so Sander.

Industriepark auf dem Gelände geplant

Das Areal soll nach jetzigen Plänen zu einem Industriepark umgebaut werden, wo sich andere Betriebe ansiedeln sollen. „Indem wir anbieten, einen Teil unserer Werksflächen schon frühzeitig zur Verfügung zu stellen, hoffen wir, möglichst schnell den Weg für Investitionen Dritter in einen Technologiepark zu ebnen“, sagt Fordchef Sander.

Ursprünglich waren bei Ford im Saarland knapp 4500 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen weitere 1300 in Zuliefererbetrieben. Rund 600 Fordler haben das Werk im vergangenen Jahr bereits verlassen. Aktuell sind es noch etwas weniger als 3850 Beschäftigte. Ford hat im vergangenen Jahr bereits zugesichert, dass 1000 Arbeitsplätze auch nach dem Ende der Focus-Produktion erhalten bleiben sollen. Für sie wird es bis Ende 2032 keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Sie sollen weiter an „ford-eigenen Themen“ arbeiten. Was das genau heißt, ist derzeit noch nicht bekannt. Denkbar ist, dass einige Mitarbeiter im Presswerk arbeiten könnten. Ebenso vorstellbar ist, dass an der Saar Zulieferteile für andere Werke gefertigt werden. Wer dafür infrage kommt, wird voraussichtlich ein Auswahlprozess entscheiden.

Für den Rest der Fordler dagegen wird es Abfindungen geben. Der große Teil der Belegschaft werde wohl eine Abfindung von knapp über 200.000 Euro erhalten, sagte Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka.