Der Leverkusener Konzern will schnell viele Stellen abbauen. Dafür gibt es für die Angestellten lukrative Angebote und eine Sprinterprämie.
Bis zu 52,5 MonatsgehälterDiese Abfindungen zahlt der Bayer-Konzern
Der Leverkusener Bayer-Konzern steckt in einer schweren strukturellen Krise. Um das Dax-Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen, will Vorstandschef Bill Anderson Bayer drastisch umbauen. Eine neue Organisationsstruktur soll den Konzern wieder effizienter und dynamischer machen. Hierarchieebenen werden gestrichen, ersetzt werden sollen sie durch neue, flexiblere Teams, die eigenverantwortlich entscheiden können. „Dynamic Shared Ownership“ (DSO) heißt das Projekt. In der Folge werden wohl viele tausende Stellen abgebaut.
Das dürfte vor allem zahlreiche Führungspositionen des mittleren Managements am Konzernsitz in Leverkusen treffen. Wie viele Jobs genau es sein werden, dazu gibt es bislang noch keine konkrete Aussage. Bayer hat in Deutschland rund 22.000 Mitarbeiter, weltweit sind es 100.000.
Fest steht aber: Bayer zahlt seinen Beschäftigten hohe Abfindungen, damit sie das Unternehmen zügig verlassen. Darauf haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter geeinigt. Die Rede ist von „attraktiven Abfindung zu marktgerechten Konditionen“. Damit fallen die Programme wohl nicht mehr ganz so üppig aus, wie noch vor einigen Jahren. Dennoch sind sie im Vergleich immer noch sehr lukrativ. Im besten Fall können Beschäftigte von Bayer mit einer Abfindung von 52,5 Monatsgehältern rechnen. Zuerst hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet.
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Prämie für schnelles Ausscheiden
Zwei Programme gehen derzeit an den Start, wie ein Bayer-Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte. Das erste heißt „AHV 56-.“ Beschäftigte bis zum Alter von 56 Jahren erhalten das 1,2-Fache eines Bruttomonatsgehalts multipliziert mit den Dienstjahren. Wer seit zehn Jahren bei Bayer arbeitet und 7000 Euro verdient, kommt danach auf 84.000 Euro. Wer verheiratet ist und Kinder hat, bekommt zudem Sozialzuschläge.
Um den Anreiz für die Beschäftigten zu erhöhen, das Unternehmen möglichst zügig zu verlassen, gibt es eine sogenannte Sprinterprämie. Wer innerhalb von sechs Monaten das Angebot annimmt, erhält den Faktor 1,5. Wer also seit zehn Jahren bei Bayer arbeitet und 7000 Euro verdient, kommt danach auf 105.000 Euro. Wer Bedenkzeit braucht, für den verschlechtern sich die Konditionen mit zunehmender Zeit. Gilt innerhalb von sechs Monaten der Faktor 1,5 und im ersten Jahr 1,2, so sinkt er im zweiten Jahr auf 0,8, was mehrere Zehntausend Euro weniger bedeuten dürfte.
Abschlagsfrei in Rente für Ältere
Die gesamte Regelung gilt für alle, die mindestens acht, aber höchstens 35 Jahre dort arbeiteten. Wer länger als 35 Jahre angestellt ist, kann die 52,2 Monatsgehälter beanspruchen. Das Programm beinhaltet zudem ein zwölfmonatiges Umschulungsprogramm für Beschäftigte, die sich einen neuen Job außerhalb des Unternehmens suchen wollen.
Langjährige ältere Bayer-Angestellten können das Programm „Flexi-AHV 57+“ nutzen. Wer älter als 57 Jahre ist und mindestens 35 Dienstjahre bei Bayer war, kann sich eine Abfindung in monatlichen Raten bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente auszahlen lassen. Die Höhe ergibt sich aus dem bisherigen Gehalt. In vielen Fällen ermöglicht Bayer seiner Belegschaft damit einen abschlagsfreien Übergang in die Rente. Beide Programme starten jetzt und gelten rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres.
Ab 2027 betriebsbedingte Kündigungen möglich
Bayer ist bislang darauf angewiesen, dass die Mitarbeitenden freiwillig gehen, denn betriebsbedingte Kündigungen sind in Deutschland bis Ende 2026 ausgeschlossen. Ab 2027 kann der Konzern aber auch auf dieses Mittel zurückgreifen. In den USA hat der Konzern davon bereits Gebrach gemacht. In der Pharmasparte sind bereits 40 Prozent der Managementjobs gestrichen. Denn in den USA gibt es keinen Kündigungsschutz.
Der Konzern befindet sich in schwerem Fahrwasser und muss sparen. Die hohen Schulden sollen abgebaut und die Rendite wieder gesteigert werden. Erst am Dienstag hatte Bayer angekündigt, für 2023 nur das gesetzliche Minimum von elf Cent pro Aktie ausschütten zu wollen. Im Jahr davor waren es noch 2,40 Euro. Damit sollen insgesamt 2,2 Milliarden Euro eingespart werden. Die Kürzung soll auch für 2024 und 2025 gelten.
Die größten Baustellen des Konzerns derzeit: Binnen fünf Jahren hat Bayer fast die Hälfte seines Börsenwerts verloren. Das Erbe der milliardenschweren Übernahme von Monsanto wiegt zudem schwer. Hohe Schulden durch den Kauf des Glyphosat-Herstellers lasten auf dem Traditionsunternehmen. Zuletzt verlor Bayer zudem erneut Glyphosat-Gerichtsprozesse. Die Kosten für die Rechtsstreitigkeiten sind enorm. Zudem musste der Konzern jüngst das Ende für sein derzeit wichtigstes Pharma-Forschungsprojekt verkünden, das in der neuen Fabrik in Leverkusen produziert werden sollte. Der große Hoffnungsträger Asundexian sollte den Blutgerinnungshemmer und Milliarden-Blockbuster Xarelto ersetzen.