Berlin – Im hart geführten Tarifstreit zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn ist weiterhin keine Annäherung in Sicht. Die GDL drohte am Freitag mit weiteren Arbeitskampfmaßnahmen, sollte die Bahn nicht „schnellstens ein verhandelbares Angebot“ vorlegen. Bis Anfang kommender Woche bleiben Fahrgäste aber von neuen Streiks verschont.
Die Ausstände am Mittwoch und Donnerstag betrafen laut Bahn Millionen Menschen - am Freitag lief der Zugbetrieb wieder „weitgehend“ normal. „Am Wochenende wird die GDL zu keinem Streik aufrufen“, erklärte die Lokführergewerkschaft. Stattdessen werde es am Dienstag eine Protestveranstaltung vor dem Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin geben, um „dem Management die rote Karte zu zeigen“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky.
Er stellte zugleich klar, dass neue Streiks drohten, sollte kein verbessertes Angebot der Bahn kommen. „Die Wut der Eisenbahner ist groß“, sagte Weselsky. Er wolle darauf hinweisen, „dass wir nach unseren Protestmaßnahmen nur noch eine kurze Zeit verstreichen lassen werden, um erneut in Arbeitskampfmaßnahmen einzutreten.“
Bahn zu sofortigen Verhandlungen mit der GDL bereit
Die Deutsche Bahn hingegen biete der GDL an, die Verhandlungen sofort wieder aufzunehmen, auch am Wochenende, teilte das Unternehmen am Freitag in Berlin mit. „Die DB ist davon überzeugt, dass wir am Verhandlungstisch kurzfristig Lösungen finden. Wir sind dazu bereit“, so Personalvorstand Martin Seiler.
Für neue Streikdrohungen zeigte das Bahnunternehmen kein Verständnis: „Unsere Reisenden und den Bahnverkehr in der jetzigen Lage weiter mit Streiks zu bedrohen, bringt inhaltlich kein Stück weiter, ist völlig unnötig und überzogen“, sagte Seiler. Um weiterzukommen, müssten sich die Tarifparteien zusammensetzen. Es sei an der Zeit, dass die GDL den Mut habe, sich am Verhandlungstisch den Inhalten in der schwersten wirtschaftlichen Krise des Unternehmens zu stellen.
Mehr Geld erst ab 2022
Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung bereits 2021 sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro. Beides lehnt die Bahn bislang ab; sie will erst ab 2022 mehr Geld zahlen. Das Unternehmen rief die GDL erneut zurück an den Verhandlungstisch. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer hatte zum Streik im Güterverkehr ab Dienstagabend sowie im Personenverkehr ab Mittwochmorgen aufgerufen, dieser endete in der Nacht zum Freitag um 02.00 Uhr. Betroffen waren mehrere Millionen Menschen, wie die Bahn ausführte, Berufspendler ebenso wie Urlaubsreisende. An normalen Tagen nutzen demnach rund 4,6 Millionen Fahrgäste die Züge des Nah- und Fernverkehrs der DB.
Unterschiedliche Auffassungen von Bahn und GDL
Die Bahn fuhr mit einem Ersatzfahrplan - laut Sprecher Achim Stauß brachte dieser „stabil und verlässlich“ trotz des Streiks viele Reisende ans Ziel. Im Fernverkehr sei es gelungen, 25 Prozent der Züge anzubieten, im Regionalverkehr rund 40 Prozent des normalen Fahrplans. Hier gab es jedoch große regionale Unterschiede. Die Gewerkschaft habe ihr Streikziel dennoch verfehlt: „Abgesehen von Lokführern und einem geringeren Anteil Bordpersonal hat in der Infrastruktur so gut wie niemand gestreikt“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Von Mittwochmorgen bis Freitagmorgen legten demnach rund 5400 Lokführer von insgesamt rund 19.700 DB-Triebfahrzeugführern die Arbeit nieder.
GDL-Chef Weselsky hielt dagegen: Zahlreiche Beschäftigte seien „in Ruhezeit oder im Urlaub“ gewesen und hätten daher gar nicht streiken können. Vielmehr habe die Bahn ihr Versprechen der Ersatzfahrpläne nicht halten können. „Keinesfalls“ sei im Fernverkehr jeder vierte Zug gefahren. Den Streik nannte Weselsky auf einer Pressekonferenz in Berlin „sehr erfolgreich“ und sprach von einer großen Solidarität der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner „über alle Berufsgruppen hinweg“.
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Nicht nur GDL-Mitglieder, sondern auch Nichtmitglieder hätten „Flagge gezeigt“. Aus Rücksicht auf die Fahrgäste sei der Streik nicht auf das Wochenende gelegt worden - wenn sich damit auch eine kurzfristige Ankündigung verband. Bei möglichen künftigen Streiks würden diese „länger“ im Voraus angekündigt. Die Bahn rechnet an diesem Wochenende mit den reisestärksten Tagen des Jahres, wie Sprecher Stauß ausführte. Die Züge seien „voller als üblich“ - was nicht nur am Wochenende liege, sondern auch daran, dass Betroffene ihr Ticket aus Streiktagen flexibel auch danach einsetzen können.
Für den Güterverkehr erklärte die Bahn, der Streik habe zu einem Rückstau von 300 Zügen geführt und das habe die „Lieferketten aus dem Gleichgewicht gebracht“. Jedoch sei „zu jeder Zeit der Betrieb der versorgungsrelevanten Züge gewährleistet“ gewesen, die Bahn habe Kraftwerke und große Industriebetriebe zuverlässig beliefern können. (AFP,dpa)