Batteriespeicher und WärmepumpenWie die Rheinenergie mit Grundwasser Wohnungen heizen will

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Leitungen für Kalte Nahwärme in einem Keller.

Im Overrather Neubaugebiet Rappenhohn wird mit „Kalter Nahwärme“ geheizt und gekühlt.

Die Rhein-Energie setzt auf Nah- und Fernwärme, Photovoltaik und neuartige Batteriespeicher im großen Stil. Wie die Pläne für Köln konkret aussehen. 

Der städtische Versorger Rhein-Energie will die Energiewende vorantreiben und in dem Zusammenhang in den kommenden Jahren fast vier Milliarden Euro in Infrastruktur investieren. Ein Überblick über die einzelnen Pläne des größten regionalen Energieunternehmens.

Großbatterien zum Speichern von Strom

„Wenn die Energiewende mit einem Einsatz von 80 Prozent Erneuerbarer Energie bis 2030 in Deutschland gelingen soll, dann sind Batteriespeicher dafür erfolgskritisch“, sagt Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der Rhein-Energie, bei der Jahrespressekonferenz seines Unternehmens in Köln. „Das aktuelle Problem unserer Energiewelt ist, dass wir unentwegt neue Kapazitäten an Erneuerbaren Energien schaffen, die dann zu viel Energie zur falschen Zeit erzeugen. Deswegen brauchen wir die Möglichkeit einer Lastverschiebung, bei der wir Erzeugung und Verbrauch mittels Speichertechnik entzerren“, so Feicht.

Das gehe nur in Form einer Speicherstrategie für Deutschland, die sowohl Strom in Batterien als auch die Umwandlung von Strom in Moleküle, etwa Wasserstoff, umfasst. Erneuerbare Energien müssten immer zusammen mit Speichermöglichkeiten gesehen werden, so der Rhein-Energiechef.

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Im größeren Maßstab habe die jüngste und bislang größte Freiflächen-Photovoltaikanlage des Unternehmens in Mecklenburg-Vorpommern einen 7,5-Megawattstunden-Speicher erhalten, der die Spitzenleistung von 32 Megawatt für einen späteren Verbrauch puffern kann – etwa in der Nacht. Die Anlage befinden sich auf einem früheren Militärflugplatz in dem ostdeutschen Bundesland. Perspektivisch müsse die Rhein-Energie aber Speicher in der Größe von 20 bis 40 Megawatt bauen.

E-Autos als Speicher fürs Stromnetz nutzen

Beim Thema Energiespeicherung ging die Rhein-Energie erst kürzlich eine Kooperation mit dem Technologieanbieter „The Mobility House“ in München ein. Ziel ist es, gemeinsame Geschäftsmodelle für das Lade- und künftig auch das Entlademanagement von privaten E-Fahrzeugen zu entwickeln. „Die gesammelte Speicherkapazität von Elektrofahrzeugen lässt sich so für ein nachhaltiges Netzmanagement und eine Lastpufferung nutzen“, so Andreas Feicht.

In der Branche nennt man die Idee, die Speicher von E-Autos zur Stabilisierung der Stromnetze zu nutzen, auch Schwarmspeicher. Laut Feicht sind die Batterien vieler neuer E-Autos für den Alltagsgebrauch eher überdimensioniert. Mithilfe einer Rückeinspeisung und Steuerung über eine App könnte das für Kunden mit eigenem E-Auto auch finanziell attraktiv sein.

Die Rhein-Energie will noch dieses Jahr für den privaten Sektor einen Stromtarif anbieten, mit dem sich die Ladekosten um jährlich dreistellige Beträge senken lassen. The Mobility House liefert dabei die Technologiebausteine, die Rhein-Energie ist als bekannte Energielieferantin weiterhin direkter Vertragspartner. Noch gibt es rechtliche Hürden, eine Doppelbesteuerung des Stroms muss verhindert werden.

Warme Wohnung dank Grundwasser

Als Beispiel für die Transformation der Wärmebereitstellung in Wohngebäuden stellte die Rhein-Energie ihr Konzept der sogenannten „Kalte Nahwärme“ für ein neues Stadtviertel im Kölner Süden vor, konkret im Stadtteil Rondorf-Nordwest. Die Rhein-Energie verteilt über ein Quartiersnetz Grundwasser in die Häuser. Dort nehmen Wärmepumpen den Energieinhalt des Grundwassers auf, das anschließend, leicht abgekühlt, in den Untergrund zurückkehrt. Vier Grad Temperaturdifferenz reichen für die Wärmepumpen aus, um die Wohngebäude zu beheizen und Energie für die Warmwasserbereitung bereitzustellen.

Der Vorteil gegenüber einer herkömmlichen Wärmepumpe: Grundwasser hat in Köln Sommer wie Winter eine konstante Temperatur von zwölf Grad, während niedrige winterliche Außentemperaturen der Luft-Wärmepumpe Grenzen setzen.

Großwärmepumpe im Rhein

Andreas Feicht legte dar, wo und wie die Rhein-Energie ihre konventionellen Erzeugungsstandorte für Strom und Wärme Schritt für Schritt modernisiert und dekarbonisiert. Dabei spielen Großwärmepumpen eine Rolle, aber auch die Umstellung von Bestandsanlagen von Erdgas auf Wasserstoff. „Allein mit Europas größter Flusswasserwärmepumpe an unserem Standort Köln-Niehl werden wir 50.000 Haushalte klimaneutral mit Wärme beliefern können“, sagte Feicht.

Die größte Wärmepumpe Europas am Kraftwerksstandort Niehl wird immer mehr zur Realität: Die Rhein-Energie hat beim zuständigen Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (Bafa) einen entsprechenden Förderantrag für das Projekt eingereicht. Feicht geht davon aus, dass die Bewilligung noch in dieser Woche bei ihm eingeht. „Dann trinke ich zur Feier des Tages ein Kölsch“, sagte Feicht.

Die Rhein-Energie plant mit Kosten von rund 200 Millionen Euro. Vor etwa einem halben Jahr startete die Ausschreibung für den Bau der Wärmepumpe. Eine weitere 50-Megawatt-Wärmepumpe ist am Standort Merkenich im Kölner Norden geplant. Die Rhein-Energie besitzt bereits ein Grundstück im Niehler Hafen, wo die Großwärmepumpe gebaut werden soll. Aufgrund der Größe des Beckens soll die Pumpe auch bei extremem Niedrigwasser laufen können. Die Wärmepumpe im Niehl hat vor allem Standortvorteile. „Möglich ist das Projekt nur, weil wir das Gerät mit dem nur sieben Kilometer entfernten Höchstspannungsnetz verbinden können“, so Feicht weiter. 2025 will die Rhein-Energie anfangen, zu bauen.

Feicht kritisiert Bundesregierung wegen Kraft-Wärme-Kopplung

Aus Sicht der Rhein-Energie droht ein Investitionsstillstand, wenn die Bundesregierung nicht umgehend das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz verlängert, das in Kürze ausläuft. Hocheffiziente Anlagen, die aus demselben Einsatzbrennstoff ressourcensparend gleichzeitig Strom und Wärme produzieren, sind der wichtigste Baustein in der aktuellen Phase der Energietransformation.

„Das Gesetz zu verlängern, schafft Sicherheit für Investitionen, ohne die Staatskasse zu belasten, denn es ist umlagefinanziert“, sagte Feicht. Er forderte, bei der anstehenden Novelle des Gesetzes verstärkt auch die Ertüchtigung von Bestandsanlagen zur Erzeugung und deren Umrüstung auf Wasserstoff zu berücksichtigen. Auch der Ausbau bestehender Netze sollte bedacht werden, dies sei volkswirtschaftlich sinnvoll. Derzeit läge der Schwerpunkt zu stark auf Neubau. Als regelrecht fernwärmefeindlich und als „großen Hemmschuh für dekarbonisierte Wärmestrukturen“ kritisierte der Vorstandsvorsitzende die aktuelle Wärmelieferverordnung, die rückwärtsgewandte Kostenvergleiche ansetze statt künftige Kostenentwicklungen zu berücksichtigen.

Gewinn in 2023 verdoppelt

Die Rhein-Energie hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 ihren Gewinn sprunghaft steigern können. So hat sich das Ergebnis nach Steuern nahezu verdoppelt, von 168 Millionen Euro im Jahr 2023 auf nun 316 Millionen Euro. Das Ergebnis wird im Wesentlichen getragen vom Kraftwerksbereich.

„Wir haben über die Langfristvermarktung unserer Erzeugungskapazitäten zu hohen Preisen auch hohe Einnahmen erzielt“, sagte Birgit Lichtenstein, im Vorstand der Rhein-Energie verantwortlich für den Bereich Finanzen, am Montag bei der Bilanzpressekonferenz in der Kölner Zentrale des Unternehmens am Parkgürtel. „Da unser Energiehandel und unser Geschäftskundenvertrieb teils auf dieselben Marktmechanismen setzen, haben wir auch dort ein ungewöhnlich hohes Spartenergebnis zu verzeichnen, was sich natürlich auf das Gesamtergebnis auswirkt.“

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